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04. Juni 2020 | Dipl.-Met. Simon Trippler

Die Schafe müssen zittern

Die Schafe müssen zittern

Datum 04.06.2020

Nach den vergangenen warmen Tagen mit dem ersten heißen Tag des Jahres in Deutschland stellt sich das Wetter nun wieder um. Uns erwarten Niederschläge und deutlich niedrigere Temperaturen. Frisch geschorenen Schafen könnte es nun kalt werden.

* In den vergangenen Tagen wurden außer an den Küsten und in den Bergen Tageshöchsttemperaturen von 25 bis 30 Grad gemessen. Örtlich gab es die ersten heißen Tage mit Temperaturen von 30 Grad oder mehr. Zu verdanken hatten wir dies Hoch "Steffen" und Tief "Juliane", die von Süden zunehmend warme Luft einströmen ließen. Allerdings ist Tief "Juliane" auch an der nun bereits eingeleiteten Wetterumstellung beteiligt. Mit Durchzug der Fronten des Tiefs dreht die Strömung auf Nord bis Nordwest und deutlich kühlere Meeresluft polaren Ursprungs kann sich bei uns breitmachen.


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Ein Kälterückfall Anfang oder Mitte Juni ist nichts Ungewöhnliches, sondern kommt im Rahmen einer sogenannten "Wettersingularität" in vielen Jahren vor. Bezogen auf einen Zeitraum zwischen dem 1. und 25. Juni tritt dies in etwa 8 von 10 Jahren auf, also mit 80 % Wahrscheinlichkeit. Im Volksmund ist die aktuelle Wettersingularität als "Schafskälte" (bzw. auch als "Schafkälte") bekannt. Weitere Wettersingularitäten sind beispielsweise die Hundstage (Ende Juli/Anfang August), der Altweibersommer (Ende September) oder das Weihnachtstauwetter (Dezember).

Warum aber heißt es "Schafskälte"? Hirten scheren traditionell zum Ende des kalendarischen Frühjahrs (um den 21. Juni herum) ihre Schafe, den frisch rasierten Schafen kann es bei einem Kälterückfall also ziemlich frisch werden. Bei besonders niedrigen Temperaturen wird die Situation für die Tiere sogar gefährlich. In manchen Jahren tritt nachts sogar Frost in Bodennähe auf, während Luftfrost nur gering wahrscheinlich ist.

Ursache der Schafskälte in Mitteleuropa ist normalerweise ein Kaltluftvorstoß aus dem Norden, wie er nun auch in den nächsten Tagen zustande kommt. Dabei verteilen sich Hoch- und Tiefdruckgebiete so, dass durch deren Konstellation die Strömung auf Nord oder Nordwest dreht. Idealerweise befindet sich Mitteleuropa dabei am westlichen oder südwestlichen Rand eines Tiefdruckgebietes. Weil der Wind auf der Nordhalbkugel entgegen dem Uhrzeigersinn um ein Tiefdruckgebiet weht, können sich so mit einem Nordwind kalte Luftmassen auf den Weg zu uns machen. In diesem Jahr sorgt Tief "Juliane" für die passende Konfiguration.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich Land- und Wassermassen im Frühjahr unterschiedlich stark erwärmen. Die Nordsee hat sich zu diesem Zeitpunkt im Vergleich zum europäische Kontinent noch nicht so stark aufgeheizt. Entsprechend können Kaltluftvorstöße markant ausfallen, weil die kalten Luftmassen aus dem Norden über dem Meer nur wenig erwärmt werden. Im Sommer gleichen sich Land- und Wassertemperaturen dann aber immer weiter an, womit die Kaltlufteinbrüche immer geringere Ausmaße annehmen.

Bei einer gut ausgeprägten Schafskälte liegen die Temperaturen im Vergleich zum langjährigen Mittel etwa 4 Grad niedriger. Mit den zu erwartenden Tageshöchsttemperaturen von nur noch 11 bis 18 Grad am morgigen Freitag liegt das Temperaturniveau etwa 3 bis 3,5 Grad unter dem Mittel, sodass die Schafskälte ordentlich ausgeprägt sein wird, auch wenn es wohl keinen Frost in Bodennähe gibt. In den Folgetagen erholen sich die Temperaturen nur zögerlich, peu à peu werden aber auch wieder die 20 Grad überschritten (siehe Animation der Tageshöchsttemperaturen unter https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/6/4.html). Im Laufe der kommenden Woche ist ein weiterer Aufwärtstrend zu verzeichnen, Ende der Woche könnten die Schafe (und natürlich auch die Menschen) bei Höchsttemperaturen von zum Teil über 25 Grad dann sogar wieder ins Schwitzen kommen.



© Deutscher Wetterdienst

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