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23. Juni 2021 | Dipl.-Met. Robert Hausen

MOSAIC - erstes Zwischenfazit

MOSAIC - erstes Zwischenfazit

Datum 23.06.2021

Das heutige Thema des Tages fasst die kürzlich vorgestellten Zwischenergebnisse der aufwendigsten Arktisexpedition aller Zeiten kurz zusammen.

Nach der Hitze und den zahlreichen Gewittern der vergangenen Tage, die vor allem den Süden des Landes auch am heutigen Mittwoch und in den nächsten Tagen noch in Atem halten werden, suchen wir in unserer Tagesrubrik nach etwas Abwechslung und Abkühlung. Vor ziemlich genau einem Jahr kehrte der Autor mit einer zweieinhalb-monatigen Verspätung vom dritten Abschnitt der MOSAIC Expedition zurück, über die auch an dieser Stelle im Thema des Tages (beispielsweise am 17. und 29. Dezember 2019) ausführlich berichtet wurde. Passend dazu wurden am vergangenen Dienstag, dem 15. Juni 2021, auf einer Pressekonferenz vom Expeditionsleiter Markus Rex sowie der Meereisphysikerin Stefanie Arndt (beide vom Alfred-Wegener-Institut) zusammen mit der Bundesforschungsministerin Anja Karliczek erste Forschungsergebnisse vorgestellt und ein erstes Zwischenfazit gezogen.


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Eis Das Meereis zieht sich dramatisch zurück. Es schmilzt früher und bildet sich später und bedeckt somit im Durchschnitt nur noch etwa die Hälfte der Fläche im Vergleich zum Zeitraum vor wenigen Jahrzehnten. Zudem ist das Eis nur noch halb so dick im Vergleich zur Nordpolarexpedition (1893-1896) von Fridtjof Nansen. Auf unserem Transit mit der Kapitan Dranitsyn zur Polarstern lagen die Eisdicken selbst zur Hochzeit Ausgang des Winters / Beginn des Frühjahrs selbst nördlich von 85 Grad Nord meist zwischen 1 und 2 Meter. Dabei handelte es sich mehrheitlich um ein- oder zweijähriges Eis. Diese Entwicklung fasst sehr eindrücklich das angehängte Bild zusammen, dass dem Hamburger Bildungsserver (Hamburg.de) entnommen ist. Es zeigt, wie sich die Ausbreitung des arktischen Meereises seit 1985 verringert bei gleichzeitig abnehmendem Anteil mehrjährigen Eises. Eine eisfreie Arktis im Sommer stellt einen sogenannten Kipppunkt des Klimawandels dar. Dazu Expeditionsleiter Markus Rex: "Das Verschwinden des Meereises im Sommer ist ein erster Schritt in diesem Minenfeld", sagte Rex. "Wir wissen nicht, ob wir schon draufgetreten sind und gerade den Beginn der Explosion sehen." Ob zumindest das ganzjährige arktische Meereis noch zu retten sei, das werde laut Rex die Auswertung der nächsten Jahre zeigen.

Temperatur Während MOSAIC lagen die Temperaturen im Winter fast durchweg rund 10 Grad höher im Vergleich zu Nansens Expedition vor über 100 Jahren. Im Sommer unterscheiden sich die Temperaturen dagegen weniger. Sie liegen meist um oder etwas über dem Gefrierpunkt, da die Wärme an eisfreien Stellen vom Ozean gespeichert wird beziehungsweise für die Eisschmelze aufgewendet wird (Stichwort Schmelzwärme, die der Luft entzogen wird). Interessanterweise erklärte Rex auch, dass die Hitzewellen 2020 in Mitteleuropa durch die Veränderungen in der Arktis verstärkt worden sind.

Ozon Ein altes Problem scheint zurückzukehren. Die Ozonkonzentration war ungewöhnlich gering. Die Ozonschicht in der Atmosphäre hat die nützliche Eigenschaft gefährliche UV-Strahlung zu filtern. Dabei schien mit Inkrafttreten des Montreal Protokolls 1989 mit dem weltweiten Verbot der Fluorchlorkohlenwasserstoffe (kurz: FCKW) das Thema "ad acta" gelegt und man beobachtete, wie sich die Ozonschichten langsam wieder erholten. Nun muss man allerdings festhalten, dass die Verweildauer von FCKW's von bis zu 100 Jahren sehr lang ist und die Ozonkonzentration großen Schwankungen unterliegt - sowohl innerhalb eines Jahres als auch von Jahr zu Jahr. Zudem kommt es in jedem Spätwinter und Frühjahr in der Arktis in der unteren Stratosphäre zu starken Ozonverlusten durch die chemische Reaktion mit Chlor- und Bromradikalen. Von daher werden erst nachfolgende Untersuchungen zeigen, ob es sich dabei wirklich um einen besorgniserregenden Trend handelt.

Bis die mehrere 10000 umfassenden Proben aus Eis, Wasser und Luft in den mehr als 150 Terabyte umfassenden Datensätzen vollständig ausgewertet sind, werden allerdings noch Jahre vergehen. Wenn sie vollends verstanden und die komplexen Prozesse im Klimasystem in den Modellen weiter verbessert wurden, fördern diese möglicherweise zutage, dass es längst zu spät ist. So mutmaßt auch Expeditionsteilnehmerin Stefanie Arndt: "Wir werden womöglich die letzte Generation sein, die eine eisbedeckte Arktis im Sommer erlebt hat." Sicher keine Einzelmeinung.



© Deutscher Wetterdienst

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