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05. Oktober 2025 | MSc Sonja Stöckle

Orkan DETLEF – Phönix aus der Asche

Orkan DETLEF – Phönix aus der Asche

Datum 05.10.2025

Am ersten Oktoberwochenende hat der Orkan AMY, in Deutschland als Sturmtief DETLEF benannt, auf den Britischen Inseln sein Unwesen getrieben. Aber auch in Deutschland war und ist der Sturm deutlich zu spüren. Der Orkan hat dabei nicht nur in Großbritannien einige Rekorde gebrochen, auch die Entstehungsgeschichte und der weitere Verlauf sind durchaus interessant.

Jede gute Geschichte beginnt am Anfang, und der Anfang dieser Entstehungsgeschichte liegt bereits 10 Tage zurück. Zunächst muss nämlich der Verlauf eines ganz anderen Wetterphänomens betrachtet werden – die Entwicklung des Hurrikans HUMBERTO. HUMBERTO wurde am 25. September zum Tropensturm ernannt und erreichte vom 27. auf den 28. September seinen Höhepunkt als Hurrikan der höchsten Kategorie 5 mit Spitzenwindgeschwindigkeiten von bis zu 260 Kilometer pro Stunde. Danach schwächte sich der Hurrikan ab und verlor sein charakteristisches Auge. Am 01. Oktober verlor er dann auch seinen Status als Hurrikan. Es war keinerlei Zirkulation mehr vorhanden. Der Hurrikan war quasi tot und nur noch die feuchtwarmen Überreste des „Kopfes“, sichtbar als großer Wolkencluster, zog mit der Höhenströmung entlang der Frontallinie nach Nordosten.


Satellitenbild vom 01. Oktober 2025 über dem Nordatlantik mit eingezeichneter Zugbahn des Hurrikans HUMBERTO.
Satellitenbild vom 01. Oktober 2025 über dem Nordatlantik mit eingezeichneter Zugbahn des Hurrikans HUMBERTO.




Vertikalschnitt durch die „Überreste“ des Hurrikans HUMBERTO am 01. Oktober 2025 um 18 UTC.
Vertikalschnitt durch die „Überreste“ des Hurrikans HUMBERTO am 01. Oktober 2025 um 18 UTC.




Vertikalschnitt durch die „Überreste“ des Hurrikans HUMBERTO am 02. Oktober 2025 um 12 UTC.
Vertikalschnitt durch die „Überreste“ des Hurrikans HUMBERTO am 02. Oktober 2025 um 12 UTC.



Doch wie heißt es so schön: „Die Totgeglaubten leben am längsten.“ Am Tag der Deutschen Einheit stieg er wie ein Phönix aus der Asche. Ein neues Tief entwickelte sich im Bodendruckfeld und nahm die übrig gebliebene Energie des ehemaligen Hurrikans dankbar auf. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit zog das Tief angetrieben vom Jetstream in der Höhe über den Nordatlantik ostwärts und nahm Kurs auf Irland. Dabei vertiefte sich der Sturm an der Vorderseite eines Höhentroges und mit der zusätzlichen Feuchte des ehemaligen Tropensturms. Der Kerndruck lag am 03. Oktober 2025 um 00 UTC bei etwa 995 hPa. Innerhalb von 12 Stunden fiel der Kerndruck des Sturms bereits um mehr als 20 hPa. Als Orkan traf das Tief dann den Nordwesten Irlands. Seinen tiefsten Druck über Großbritannien erreichte der Orkan in der Nacht zum Samstag. Bei den Shetland-Inseln wurden 947,9 hPa gemessen - ein neuer Oktoberrekord für Großbritannien. Den Berechnungen zufolge fiel der Druck des Orkans im weiteren Verlauf mit Verlagerung des Kerns nach Nordosten noch weiter unter 945 hPa. Messungen über See gab es aber nicht.

Nicht nur beim Luftdruck wurden in Großbritannien Rekorde gebrochen, auch die Windgeschwindigkeiten hatten es in sich. In Magilligan in Nordirland wurden 92 Knoten, also knapp 150 Kilometer pro Stunde gemessen, auch ein Oktoberrekord. In Tiree, einem Ort in Schottland, lag die gemessene Spitzenböe sogar mit 96 Knoten etwas über 150 Kilometer pro Stunde. Im Vergleich dazu lagen die Windgeschwindigkeiten in Deutschland am gestrigen Samstag deutlich darunter. Aber auch hier war es stürmisch. Verbreitet blies der Wind in Böen zwischen 60 und 80 Kilometer pro Stunde. An der Nordseeküste und in Gipfellagen traten schwere Sturmböen um 100 Kilometer pro Stunde auf.


Satellitenfilm der Entwicklung des internationalen Sturms AMY (in Deutschland DETLEF) über Irland bis zu den Shetlandinseln.
Satellitenfilm der Entwicklung des internationalen Sturms AMY (in Deutschland DETLEF) über Irland bis zu den Shetlandinseln.



Aktuell befindet sich das Tief über Südnorwegen und ist dabei sich wieder abzuschwächen. Im Tagesverlauf des heutigen Sonntags zieht das Tief über Dänemark hinweg bis zur südlichen Ostsee. Die Annäherung des Tiefs führt trotz Abschwächung noch dazu, dass die Winde auch heute vor allem an der Nordseeküste bis in den Sturmbereich auffrischen. Zusätzlich gilt für die Nordsee und auch für die Elbmündung und Hamburg eine Sturmflutwarnung des BSH (Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrologie).

Dass das Tief diese Zugbahn nimmt war lange unklar. Die Modellprognosen konnten bereits einige Tage im Voraus die Entwicklung des Tiefs bis zu den Shetland-Inseln recht gut simulieren. Doch dann schieden sich die Geister. Selbst am Freitag gab es noch sehr große Unterschiede zwischen den verschiedenen Modellen. Während ein Teil der Modelle das Tief über die Norwegische See abziehen ließ, entschied sich ein anderer Teil für die nun tatsächlich zutreffende Zugbahn zur Ostsee. Es gab sogar Modellläufe, die waren sich so uneins, dass das Tief in den Prognosen gar nicht verlagert wurde. Dort verhungerte das Tief einfach vor der norwegischen Küste.

Am morgigen Montag liegt das bereits stark abgeschwächte Sturmtief über der südlichen Ostsee. Im Nordosten Deutschlands werden dadurch erneut auffrischende Winde erwartet, die im Laufe des Nachmittags jedoch wieder rasch abflauen. Von Westen bäumt sich ein großräumiger und mit warmer Luft gefüllter Hochdruckkeil von Spanien bis nach Skandinavien hin auf. Auf der Vorderseite des Keils zieht das Tief weiter nach Süden und beginnt sich dabei aufzufüllen. Über dem Bergland Polens wird noch die letzte Feuchtigkeit herausgepresst. Aber von antizyklonaler Höhenströmung überlaufen, hat der ehemalige Orkan, der aus der Energie eines ehemaligen Hurrikans profitiert hat, nun keine Chance mehr. Am Dienstag wird er über Südpolen nun endgültig austrocknen und damit sein Ende finden.



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