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26. Juli 2015 | MSc.-Met. Sebastian Schappert

Warum kann es im Sommer eigentlich hageln?

Schon Kindern ist klar, im Winter schneit es und im Sommer gibt es Regen. Aber auch bei Hitzewellen mit örtlichen Tageshöchstwerten bis knapp über 40 Grad haben wir diesen Sommer mal wieder zu sehen und zu spüren bekommen, dass der Niederschlag auch in dieser Jahreszeit nicht ausschließlich in flüssiger Form zu Boden fällt.

Gewitter treten neben Begleiterscheinungen wie Sturm- oder sogar Orkanböen und heftigen Niederschlägen teilweise auch mit Hagelschlag auf. Dabei kommt es nicht nur in dicht besiedelten Regionen zu extremen Schäden. Auch die Bauern sind nicht gerade erfreut, wenn diese feste Niederschlagsform über ihren Feldern niedergeht, da hierbei ganze Ernten zerstört werden können. Aber woher stammen diese Körner aus Eis mitten im Sommer?


Bei der Entstehung von Gewittern mit Hagelschlag spielen prinzipiell
mehrere Faktoren eine Rolle, was den Entstehungsmechanismus sehr
kompliziert gestaltet. Grundsätzlich muss die Atmosphäre sehr feucht
und energiegeladen sein. Kommt es nun zu Hebungsvorgängen, die die
energiereiche Luftmasse in die Höhe befördert, beispielsweise
dynamisch an einer Luftmassengrenze oder durch das erzwungene
Aufsteigen an Gebirgen, wird diese abgekühlt, sodass es zur
Kondensation des Wasserdampfes in der Luft und entsprechend zur
Quellwolkenbildung kommt. Liegt ausreichend Energie vor, können sich
die Quellwolken immer weiter auftürmen und zu einer hochreichenden
Gewitterwolke, einem sogenannten Cumulonimbus, heranwachsen. Bei
vorherrschender "Windscherung", das heißt einer Zunahme der
Windgeschwindigkeit und einer Änderung der Windrichtung mit der Höhe,
wird zudem die Lebensdauer der Gewitterzellen verlängert.

So entsteht Hagel
So entsteht Hagel


Innerhalb einer solchen mächtigen Cumulonimbuswolke, die in unseren
Breiten bis in Höhen von etwa 11 Kilometern heranwachsen kann, liegt
ein großer Flüssigwassergehalt vor und es herrschen starke Auf- und
Abwinde. Mit den Aufwinden werden sehr viele Wassertröpfchen mit
Geschwindigkeiten von teils über 100 Kilometern pro Stunde in eisige
Höhen katapultiert. Aber selbst dort ist es möglich, dass die Tropfen
flüssig vorliegen, bei Temperaturen weit unter 0 Grad Celsius. Man
bezeichnet sie dann als unterkühlt. Wer schon einmal eine
Wasserflasche längere Zeit im Eisfach vergessen hat, wird dieses
Phänomen vielleicht kennen. Nimmt man die Flasche aus dem Eisfach und
schüttelt diese kräftig oder öffnet ihren Verschluss, kann man dem
Wasser beim sofortigen Gefrieren zusehen.

Selbstverständlich gibt es aber auch Eispartikel in diesen Höhen, die
zunächst noch recht klein sind. Nach den Gesetzen der Physik können
aber gerade diese kleinen Eispartikel auf Kosten der unterkühlten
Tröpfchen rasch anwachsen. Sind die Aufwinde nicht mehr imstande, die
angewachsenen Partikel aufgrund ihres Gewichts in die Höhe zu
transportieren oder verlassen diese den Bereich der stärksten
Aufwinde, beginnen die Eispartikel zu fallen. Dabei können sie beim
Kontakt mit anderen Tropfen im Fallen weiterhin an Größe und Gewicht
zunehmen.

Weiter unten in der Gewitterwolke fallen die Hydrometeore
(Oberbegriff aller Ausscheidungen atmosphärischen Wasserdampfs in
flüssiger und fester Form zu denen auch der Hagel zählt) erneut in
starke Aufwinde, die neue Luftmassen ansaugen und in die Höhe
transportieren. Diese sind in der Lage, auch zentimetergroßen Hagel
wieder aufwärts in extreme kalte Regionen von meist unter - 40 Grad
Celsius zu befördern. Diesen Prozess durchlaufen die Eispartikel
mehrmals, immer wieder auf und ab und können dabei unter bestimmten
Bedingungen zu mehr als tennisballgroßen Hagelkörnern anwachsen.
Erreichen sie ein kritisches Gewicht und überwinden die starken
Aufwinde, fallen sie zu Boden. Zwar schmelzen die Hagelgeschosse auf
ihrem Weg zum Erdboden etwas ab, trotzdem können sie Durchmesser von
mehreren Zentimetern erreichen. Hydrometeore, die einen Durchmesser
unter 5 Millimeter aufweisen, fallen übrigens nicht in die Kategorie
Hagel, sondern werden als Graupel bezeichnet.


Am 23.07.2013 wurde in Vivian (South Dakota, USA) ein Hagelkorn mit
einem Durchmesser von 20,32 cm registriert und hält den weltweiten
Rekord im Bezug auf den Durchmesser eines Hagelkorns. Wie gefährlich
Hagel auch in Deutschland sein kann (ohne die diesjährigen
Hagelereignisse verharmlosen zu wollen), zeigt sich am Beispiel eines
Hagelunwetters auf der Schwäbischen Alb im Kreis Reutlingen in
Baden-Württemberg am 6. August 2013. Dort gingen Hagelsteine mit
einem Durchmesser zwischen 8 und 10 cm nieder, einzelne Körner wiesen
sogar über 14 cm auf. Damit man sich diese Größen besser vorstellen
kann, sei an dieser Stelle erwähnt, dass ein Fußball der
Standard-Ballgröße 5 wie er im Profisport verwendet wird, einen
Durchmesser von 21 cm besitzt, der Tennisball bringt es auf knapp 7
cm. Befinden Sie sich bei Aufzug eines Gewitters im Freien, sollten
Sie also nicht nur aufgrund der Gefahr von Blitzeinschlag
schnellstmöglich einen geschützten Unterschlupf aufsuchen.


© Deutscher Wetterdienst

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