17. April 2015 | M.Sc.-Met. Anna Wieczorek
Ist das aber eine steife Brise
So hört man die Bewohner an der Küste oder alte Seebären oft sprechen. Viele haben das auch schon einmal selbst erlebt: Man fährt von zu Hause los, Richtung Ost- oder Nordsee, und nur ein angenehmes laues Lüftchen wehte.
Doch dann, an der schönen Küste angekommen, ist es spürbar windiger, speziell, wenn der Wind von der See her weht. Aber wieso ist der Wind an der Küste oder über See stärker als im Binnenland?
Von irgendwo bringt dieser neue Wind,
schwankend vom Tragen namenloser Dinge,
über das Meer her was wir sind.
Rilke pic.twitter.com/UOZmyuNS7j
— eva vonderau (@EvaVonderau) 1. März 2015
Zunächst muss man wissen, was Wind überhaupt ist. Der Wind stellt
eine Ausgleichsbewegung zwischen Gebieten mit unterschiedlichem
Luftdruck dar. Er ist also bestrebt, den hohen und den tiefen Druck
auszugleichen, indem er vom hohen zum niedrigen Druck zu wehen
versucht. Aber so einfach ist das leider nicht, denn die Erde dreht
sich. Somit kommt nicht nur der Druckunterschied zum Tragen
(Druckgradientkraft), sondern auch die sogenannte Corioliskraft, die
bewegte Luftmassen ablenkt (auf der Nordhalbkugel nach rechts).
In der höheren Atmosphäre stellt sich ein Gleichgewicht dieser Kräfte
ein, in der kein Druckausgleich stattfindet. Man sagt, der Wind weht
isobarenparallel. Am Boden gilt dies allerdings nicht, wie die
Abbildung zeigt.
Zu sehen sind dort der vom Modell berechnete Bodendruck in hPa
(Isobaren = Linien gleichen Drucks) und Wind in km/h (eingefärbte
Fiedern). Man erkennt, dass die Windfiedern am Boden nicht parallel
zu den Isobaren liegen. Warum?
Nun, ein wichtiger Faktor fehlt uns noch in der Betrachtung. Dieser
Faktor ist die Beschaffenheit der Oberfläche, genauer gesagt, die von
ihr erzeugte Reibung. Je nach Oberflächenbeschaffenheit wird der Wind
mehr oder weniger abgebremst. So spürt der Wind beispielsweise mehr
Widerstand, wenn er durch ein Waldgebiet weht als über einen Acker.
Man kann sich das auch so vorstellen: Fährt man mit Inlinern erst
über eine asphaltierte Strecke und dann über Schotter, so übt der
Schotter aufgrund seiner anderen Oberflächenbeschaffenheit mehr
Widerstand aus und man wird abgebremst.
So ähnlich ist es auch beim Unterschied zwischen Meeres- und
Landoberfläche. Auf der Landoberfläche wird der Wind stärker
abgebremst als über dem Meer. Deswegen herrscht an der See häufig
auch dann eine frische Brise, wenn im Landesinneren nur ein laues
Lüftchen weht. Eine weitere Folge dieser beschriebenen
Reibungsprozesse ist Ihnen in der Karte vielleicht auch schon
aufgefallen: Die Änderung der Windrichtung gegenüber den Isobaren ist
über dem Meer geringer als über Land (oranger Kreis). Der Wind weht
zwar in beiden Fällen sozusagen etwas schräg zu den Isobaren in
Richtung des Tiefs. Während man aber über Land häufig einen
Ablenkungswinkel von ca. 30° annehmen kann, beträgt die Ablenkung
über dem Meer nur 10-20°.
Bei aller Bedeutung der Reibung auf die Windgeschwindigkeit sollte
man nicht vergessen: Der wichtigste Faktor für die
Windgeschwindigkeit ist der Druckunterschied bzw. der
Isobarenabstand, wie man in der Abbildung unschwer in der Nähe von
Gotland erkennt (violetter Kreis). Denn je stärker der
Druckunterschied ausgeprägt ist, also je enger die Isobaren bei
einander stehen, desto stärker ist der Wind.
© Deutscher Wetterdienst
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