29. Juli 2014 | M.Sc.-Met. Andreas Würtz
"Wie viel Regen ist eigentlich während des letzten Gewitters vom Himmel gefallen?"
Diese oder eine ähnliche Frage werden sich viele von uns in den letzten Tagen gestellt haben. Durch die in den letzten Wochen vielerorts aufgetretenen kräftigen Gewitter kam es in Verbindung mit Starkregen zu lokalen Überschwemmungen oder vollgelaufenen Kellern.
Anschließend wird z. B. in den Medien von großen Niederschlagsmengen
berichtet, die innerhalb kurzer Zeit zu Boden fielen. Um diese
Mengenangaben zu erhalten, müssen die Regenmengen möglichst genau
sowie zeitnah erfasst werden. Dabei gibt es verschiedenste
Vorgehensweisen bzw. Messmethoden, die nun im Folgenden kurz
vorgestellt werden.
Eines der ersten in der Meteorologie verwendeten Messgeräte ist der
vom Meteorologen Gustav Hellmann im Jahr 1886 entwickelte und nach
ihm benannte Hellmann-Regenmesser. Dieser besteht aus einer
kreisrunden und horizontal ausgerichteten Auffangfläche mit einer
Größe von 200 Quadratzentimeter. Anschließend gelangen die
aufgefangenen Regentropfen durch einen Trichter in einen darunter
liegenden Auffangbehälter. Mit Hilfe eines geeichten Messglases kann
dann die gefallene Regenmenge in "Liter pro Quadratmeter" oder in
"Millimeter Wassersäule" angegeben werden.
Die Nachteile dieser Methode sind einerseits das tägliche manuelle
Entleeren des Auffangbehälters sowie eine begrenzte Messgenauigkeit.
Eine Weiterentwicklung dieser Methode stellt die Kippwaage dar. Dabei
ist der Aufbau des Messgerätes analog zum Regenmesser nach Hellmann.
Der einzige Unterschied besteht in der Messmethode. Unterhalb des
Trichters befinden sich in diesem Fall zwei gegenüberliegende
Kammern, die durch eine senkrechte Wand getrennt sind und nach außen
hin flach zulaufen.
Dieses Gebilde ist so befestigt, dass es nach rechts und nach links
kippen kann (ähnlich einer normalen Wippe). Dadurch gelangen die
aufgefangenen Tropfen solange in eine Kammer bis diese kurz vor dem
Überlaufen zu schwer wird und zur Seite umkippt. Dadurch entleert
sich die Kammer und die gegenüber liegende Kammer kann sich füllen.
Dabei wird die Anzahl der einzelnen Wippenschläge automatisch
registriert, wodurch bei bekannter Kammergröße auf die gefallene
Niederschlagsmenge geschlossen werden kann.
Um bei dieser als auch bei der Hellmann Variante festen Niederschlag
messen zu können, muss eine Heizung eingebaut werden, damit der
aufgefangene Hagel, Graupel oder Schnee zuvor in die flüssige Phase
übergeht.
Ein weiteres Messverfahren stellt das Wägeprinzip dar. Hier gelangt
der aufgefangene Niederschlag über den Trichter ebenfalls in einen
Behälter. Bei dieser Methode wird jedoch nicht das Volumen gemessen,
sondern mittels einer empfindlichen elektronischen Waage das Gewicht
des Wassers. Da ein Kubikzentimeter Wasser genau ein Gramm wiegt,
kann daraus direkt die Niederschlagsmenge ermittelt werden. Bei einer
hohen zeitlichen Auflösung ermöglicht dieses Verfahren zudem die
Bestimmung der Niederschlagsintensität. Darüber hinaus kann mit Hilfe
des Wägeprinzips fester Niederschlag direkt erfasst werden.
Alle diese Messmethoden zeigen allerdings Schwächen bei starken oder
böigen Winden. Dies führt dazu, dass die Regentropfen nicht senkrecht
auf die Auffangfläche fallen, sondern unter einem bestimmten Winkel
oder darüber hinweg geweht werden. Infolgedessen wird eine zu geringe
Menge registriert.
Eine der modernsten und zukunftsträchtigsten Techniken zur
flächendeckenden Niederschlagsmessung stellt das Regenradar dar, was
an dieser Stelle aber nicht näher erläutert werden soll.
Nun heißt es beim nächsten Niederschlagsereignis Daumen drücken, dass
bei der deutschlandweit begrenzten Anzahl an Messstationen auch das
nächste kleinräumige Gewitter über eine Messstation hinwegzieht.
© Deutscher Wetterdienst
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