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16. Juni 2021 | M.Sc.-Met. Sebastian Altnau

Leuchtende Nachtwolken: seltenes Himmelsphänomen aktuell wieder zu beobachten

Leuchtende Nachtwolken: seltenes Himmelsphänomen aktuell wieder zu beobachten

Datum 16.06.2021

Nun ist erneutr die Zeit angebrochen, in der man geheimnisvolle silbrig bis weiß-blau leuchtende Wolken am Nordhorizont klarer Sommernächte beobachten kann. Doch wie lässt sich das eher seltene Phänomen Leuchtender Nachtwolken erklären? Wir bringen im heutigen Thema des Tages Licht ins Dunkel.

Leuchtende Nachtwolken (engl. noctilucent clouds - NLC) sind zarte silbrig-weiße Wolken in der oberen Atmosphäre der Erde, die in manchen Sommernächten meist in Nordrichtung am Horizont gesehen werden können. In unseren mitteleuropäischen Breiten erreichen sie eine Höhe von etwa 20 Grad über dem nordwestlichen bis nordöstlichen Horizont. Die Leuchtenden Nachtwolken können als "eigenschaftslose" Bänder erscheinen, zeigen aber häufig ausgeprägte Muster wie Streifen, wellenartige Strukturen und Wirbel. Sie bestehen aus Eiskristallen und sind nur während der nautischen und astronomischen Dämmerung sichtbar (also wenn der Sonnenmittelpunkt unter 6 Grad unter dem wahren Horizont liegt). In Mitteleuropa werden sie am häufigsten zwischen Anfang Juni und Ende Juli, sprich Monaten um die Sommersonnenwende zwischen 45 und 65 Grad nördlicher Breite beobachtet.


Zum Vergrößern bitte klicken
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Von den uns bekannten Wolkenarten unterscheiden sich die Leuchtenden Nachtwolken durch die große Höhe, in der sie auftreten. Während "normale" Wolken in unseren mittleren Breiten bis in Höhen von bis zu 15 km zu finden sind, erscheinen Leuchtende Nachtwolken in einer Höhe von 80 bis 85 km. In dieser Höhe befindet sich die kälteste Zone der Atmosphäre, die sogenannte Mesopause. Nirgendwo sonst auf unserem Planeten lassen sich in natürlicher Umgebung so tiefe Temperaturen messen. Dort werden in aller Regel zwischen Mitte Mai und Mitte August Werte von unter -140 °C erreicht. Diese niedrigen Temperaturen werden benötigt, damit bei der in diesen Höhen sehr geringen Wasserdampfkonzentration kleine Eiskristalle an Staubpartikeln kristallisieren, wodurch die Leuchtenden Nachtwolken entstehen.

Der Ursprung dieser für die Entstehung notwendigen Kristallisationskerne ist noch nicht vollständig geklärt und Gegenstand von wissenschaftlichen Untersuchungen. Zuerst beobachtete man die Nachtwolken in den entsprechenden mittleren bis nördlichen Breiten zwei Jahre nach dem Ausbruch des Krakatau im Jahre 1885 und interpretiere diese als Folgeerscheinung des Vulkanausbruchs, der diese Partikel bis in jene Höhen transportierte. Allerdings wurden Leuchtende Nachtwolken auch in den folgenden Jahrzehnten gesichtet. Deshalb geht man heute davon aus, dass der Staub von Meteoren stammt, die in diesen Höhen verglühen. Erforscht werden diese Wolken unter anderem am Leibniz-Institut für Atmosphärenforschung (IAP) in Kühlungsborn. Mithilfe des OSWIN-VHF-Radars (https://www.iap-kborn.de/forschung/abteilung-radarsondierungen/aktuelle-radarmessungen/oswin-mesosphaere) ist man in der Lage, die Rückstreuung an Partikeln und Wolken in der Region um die Mesopause zu detektieren. Bei hohen gemessenen Reflektivitäten besteht nach Sonnenuntergang oder vor Sonnenaufgang eine erhöhte Chance auf Leuchtende Nachtwolken. Die besten Beobachtungszeiten bestehen in unseren Breiten in der aktuellen Jahreszeit daher zwischen 22 bis 23 Uhr MESZ oder morgens in der ersten Dämmerung von etwa 3 bis 4 Uhr MESZ.

Das scheinbare Leuchten der Wolken entsteht durch gestreutes Sonnenlicht. Wenn die Sonne etwa 6 bis 16 Grad unter dem Horizont nach dem Sonnenuntergang oder vor dem Sonnenaufgang steht, erscheint der Himmelshintergrund bereits dunkel. Doch die Wolken werden aufgrund ihrer enormen Höhe von der schräg unter dem Horizont stehenden Sonne angestrahlt und erscheinen als Leuchtende Nachtwolken. Die Eispartikel streuen vor allem den grünen, blauen und violetten Anteil des sichtbaren Lichtes, wobei der blaue Anteil bevorzugt wird und den Nachtwolken so ihre blaue Charakteristik verleiht. Derweil wurden die roten und orangenen Farbanteile bereits beim Durchqueren der Stratosphäre mithilfe des Ozons absorbiert.

In Flensburg konnten in der vergangenen Nacht zarte, nur gering leuchtende Nachtwolken beobachtet werden (siehe markierten Bereich in Abbildung 1: https://t1p.de/y5ws). Vor genau einem Jahr hingegen konnten deutlich bessere Aufnahmen an selber Stelle gemacht werden (siehe Abbildung 2: https://t1p.de/y5ws). In den kommenden Tagen dürfte vor allem in der Osthälfte das Wetter für weitere Sichtungen Leuchtender Nachtwolken mitspielen. Dort verlaufen die Nächte oft klar oder es gibt nur wenige hohe Wolken. Im Westen hingegen wird mit tieferem Luftdruck über Westeuropa zunehmend feuchte Luft mit Wolkenfeldern herangeführt. Dabei steigt auch das Risiko für teils schwere Gewitter. Summa summarum stehen hier die Chancen auf Sichtungen etwas schlechter. Und wenn es dort nicht klappt, dann besteht bis in den Juli hinein noch die Möglichkeit die Leuchtenden Nachtwolken am Nordhorizont zu beobachten.



© Deutscher Wetterdienst

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