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21. Mai 2023 | Dipl. Met Jacqueline Kernn

Noch kein Sommer

Noch kein Sommer

Datum 21.05.2023

In der vergangenen Woche gab es vielerorts noch einmal Frost in Bodennähe, in den Alpen fiel Schnee und nun erwarten wir den ersten verbreiteten Sommertag des Jahres. Kommt jetzt der Sommer?

Wer zur Wochenmitte auf die Prognose geschaut hat, hat sich unter Umständen gefragt, ob das alles noch normal ist. Mitte Mai und der DWD warnt örtlich vor Frost, regional verbreitet vor Frost in Bodennähe. Es war kein Scherz und ist auch normal. Kalte Luftmassen aus Norden trafen auf trockene Luft aus Osten. Im Ergebnis löste sich die Bewölkung nachts auf und die Erdoberfläche konnte teils bis auf den Gefrierpunkt auskühlen.

Inzwischen ist der Zustrom kalter Luftmassen versiegt und aus Südosten wurde sehr warme Luft (10 bis 12 Grad in 850 Hektopascal, ca. 1400 Meter Höhe über Meer) nach Mitteleuropa geführt. Mit schwachem Hochdruckeinfluss und viel Sonne kann sich die Luft am Boden am heutigen Sonntag verbreitet auf über 25 Grad erwärmen. Die 25 Grad markieren in der Meteorologie einen Sommertag. In diesem Jahr hatten wir davon noch nicht viele und schon gar nicht überregional, aber an diesem Sonntag sowie am morgigen Montag werden in weiten Teilen Deutschlands Sommertage erreicht.


Prognose der Tageshöchsttemperatur links: Sonntag, 21.05.2023, rechts: Montag, 22.05.2023 (Quelle DWD - Deutscher Wetterdienst)
Prognose der Tageshöchsttemperatur links: Sonntag, 21.05.2023, rechts: Montag, 22.05.2023 (Quelle DWD - Deutscher Wetterdienst)



Mit der warmen Luft strömte auch feuchte Luft ins Land. Durch den Hochdruckeinfluss ist eine verbreitete Gewitterauslöse unwahrscheinlich. Allerdings liefern die Berge einen kleinen Antrieb für die Konvektion, sodass sich über den Mittelgebirgen und den Alpen einzelne Schauer und Gewitter bilden können. Im Nordwesten des Landes macht sich am späteren Nachmittag und Abend ein Höhentief über der westlichen Nordsee bemerkbar. Es sorgt für etwas Hebung und somit für leicht erhöhte Konvektion. Zwischen Weser und Ems ist die Gewitterneigung erhöht.

Da das Höhentief auch in der Nacht nicht verschwindet, kann es im Nordwesten die gesamte Nacht durch Schauer und Gewitter geben. Am Montag weitet sich der Einfluss des Höhentiefs auf die Westhälfte Deutschlands aus. Unterstützt wird es von einem Tief am Boden, an dem sich eine Luftmassengrenze bildet, an der sich die dynamischen Antriebe verstärken und im weiteren Tagesverlauf konzentrieren.


Vorhersage Bodendruck, Basis ICON für Mo. 22.05.2023 mittags (Quelle DWD - Deutscher Wetterdienst)
Vorhersage Bodendruck, Basis ICON für Mo. 22.05.2023 mittags (Quelle DWD - Deutscher Wetterdienst)



Besonders gut sieht man dies an den Höhenkarten mit Geopotential und Vertikalbewegung auf 500 Hektopascal (ca. 5500 Meter über Meer).


Prognose Vertikalbewegung und Geopotential auf 500 hPa (ICON) für Montag, 22.05.2023 12 UTC (links) und 18 UTC (rechts) (Quelle DWD - Deutscher Wetterdienst)
Prognose Vertikalbewegung und Geopotential auf 500 hPa (ICON) für Montag, 22.05.2023 12 UTC (links) und 18 UTC (rechts) (Quelle DWD - Deutscher Wetterdienst)



Da eine Verlagerung der Schauer- und Gewitterzellen kaum gegeben ist, können örtlich Unwetter durch Starkregen auftreten. Das potentiell niederschlagsfähige Wasser in der Luft beträgt zwischen 27 und 33 Litern pro Quadratmeter. Bei voller Potentialausschöpfung würde das dem Warnkriterium für heftigen Starkregen (25 bis 40 Liter pro Quadratmeter) also Unwetter entsprechen. Das ICON-Modell sieht derzeit die größten Regenmengen für den Nordwesten und Westen des Landes.


Vorhersage 6-stündiger Niederschlag und Modellwetter (ICON) für Montag, 22.05.2023 18 UTC (Quelle DWD - Deutscher Wetterdienst)
Vorhersage 6-stündiger Niederschlag und Modellwetter (ICON) für Montag, 22.05.2023 18 UTC (Quelle DWD - Deutscher Wetterdienst)



Das Höhentief nimmt im Laufe des Montags Verbindung zu einem Tief über Island auf und bildet einen Trog in höheren Luftschichten. Zusammen mit dem Tief am Boden verlagert es sich in der Nacht zum Dienstag langsam ostwärts. Gleichermaßen breiten sich auch Schauer und Gewitter ostwärts aus. Da die Sonne nachts keinen zusätzlichen Antrieb liefern kann, gehen die Gewitter teils in Starkregen über.


Vorhersage 6-stündiger Niederschlag und Modellwetter (ICON) für Dienstag, 23.05.2023, links 00 UTC, rechts 06 UTC (Quelle DWD - Deutscher Wetterdienst)
Vorhersage 6-stündiger Niederschlag und Modellwetter (ICON) für Dienstag, 23.05.2023, links 00 UTC, rechts 06 UTC (Quelle DWD - Deutscher Wetterdienst)



Am Dienstag selbst ziehen Schauer und Gewitter ost- und südostwärts ab. Nur an den Alpen regnet es längere Zeit, da sich die Konvergenz des Tiefs an die Alpen legt und dort immer wieder für Hebung und somit Konvektion sorgt.


Vorhersage Bodendruck, Basis ICON für Di. 23.05.2023 mittags (Quelle DWD - Deutscher Wetterdienst)
Vorhersage Bodendruck, Basis ICON für Di. 23.05.2023 mittags (Quelle DWD - Deutscher Wetterdienst)



Im weiteren Wochenverlauf beruhigt sich das Wetter. Da aber aus Nordwesten deutlich kühlere Luft einfließt, geht die Temperatur zurück und tut sich etwas schwer. Einen Sommertag werden wir ab Mittwoch und bis zum nächsten Wochenende wahrscheinlich nicht mehr erleben. Es ist ja auch erst Mai.



© Deutscher Wetterdienst