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24. Juli 2017 | Dipl.-Met. Christian Herold

Die Grenzen der Vorhersagbarkeit

Die Grenzen der Vorhersagbarkeit

Datum 24.07.2017

Häufig erhalten wir Anfragen, die das Wetter in ferner Zukunft betreffen. Doch die Wettervorhersage hat ihre Grenzen. Warum es diese Grenzen gibt und wo diese liegen, wird im Folgenden erörtert.

Häufig erhalten wir Anfragen, die das Wetter in ferner Zukunft betreffen, oder auch Anfragen, wann genau ein Gewitter am Abend an einem bestimmten Ort auftritt. Doch der Wetterprognose sind Grenzen gesetzt. Oft müssen wir die Leute bei derartigen Anfragen enttäuschen, da diese Aussagen nicht möglich sind. Doch warum sind der Vorhersagegenauigkeit und dem Vorhersagezeitraum Grenzen gesetzt und wo liegen diese Grenzen?

Um diese Frage zu beantworten, soll zunächst kurz erklärt werden, wie Wettervorhersagen in der Regel entstehen. In der heutigen Zeit leitet der Meteorologe seine Wetterprognose aus den Rechenergebnissen verschiedener Wettermodelle ab. Dabei wird von einem Hochleistungsrechner aus einem gegebenen Anfangszustand der Atmosphäre mit Hilfe von komplexen Gleichungen der Zustand zu einem späteren Zeitpunkt berechnet. Der Anfangszustand für diese Gleichungen ergibt sich aus den Stationsbeobachtungen, Messungen von Bojen, Schiffen Flugzeugen und Ballonaufstiegen sowie aus Satelliten- und Radardaten. Wettermodelle liefern dem Meteorologen nicht nur die Feuchte- und Druckverteilung in verschiedenen Höhen, sondern auch Parameter wie die Temperatur, den Bedeckungsgrad sowie die Niederschläge.


Nutzung meteorologischer Beobachtungen für den Anfangszustand der Modellvorhersagen
Nutzung meteorologischer Beobachtungen für den Anfangszustand der Modellvorhersagen


Das Problem an den Berechnungen ist jedoch, dass die Atmosphäre ein chaotisches System ist. Das heißt, dass der zukünftige Zustand der Atmosphäre stark von den Anfangsbedingungen abhängig ist. Nur geringe Abweichungen in diesen Anfangsbedingungen können zu einer völlig anderen Wetterentwicklung in der Zukunft führen.

Ein Beispiel dafür sind die Unwetter am vergangenen Wochenende in Berlin und Ostbrandenburg. In einer schwülwarmen Luftmasse bildeten zahlreiche kräftige Gewitter, die in einer Linie hintereinander über Berlin und Ostbrandenburg hinweg zogen und über Stunden für heftigen Regen sorgten. Diese Gewitter entstanden vorderseitig eines Regengebietes, das von Gewittern aus der Nacht im Westen übrig geblieben ist. Wären die Gewitter in der Nacht stärker gewesen, dann wären wahrscheinlich tagsüber mehr Wolken von diesen Gewitterresten nach Berlin gezogen, wodurch sich die Luft nicht so stark hätte aufheizen können. 3 Grad weniger hätten vielleicht gereicht, dass diese Gewitter nicht diese Intensität erreicht hätten.

Nun lässt sich der Anfangszustand der Atmosphäre für die Wettermodelle nicht beliebig genau bestimmen. Zum einen gibt es nicht für jeden Punkt der Atmosphäre Messungen, zum anderen sind alle Beobachtungen in einem gewissen Rahmen fehlerbehaftet. Des Weiteren sind die Gleichungen in den Wettermodellen zum Teil nur Näherungen. So werden die Modellrechnungen mit zunehmender Vorhersagezeit immer unsicherer. Wie lange das Wetter noch einigermaßen vorhersagbar ist, hängt stark von der Wetterlage ab. Bei stabilen Wetterlagen wie sommerliches Hochdruckwetterlegen ist der Zeitraum entsprechend länger, während er bei Grenzwetterlagen (z.B. unsichere Tiefzugbahnen, große Temperaturunterschiede auf engem Raum, Gewitterlagen) oft nur wenige Tage beträgt. Die aktuelle Wetterlage führt uns die Grenzen der Vorhersagbarkeit wieder vor Augen. Gleich zwei Tiefdruckgebiete beeinflussen gerade Deutschland. Im Gepäck haben diese jeweils eine "Schleppe" aus kräftigem Regen. Da sich diese Tiefdruckgebiete gegenseitig beeinflussen, ist ihre Zugbahn sehr unsicher. Dadurch lässt sich nur schwer abschätzen, wo die intensivsten Niederschläge, die bis in den Unwetterbereich gehen, auftreten. Die Wettermodelle weisen diesbezüglich Unterschiede von mehreren Hundert Kilometern auf.

Im Allgemeinen gilt jedoch, dass das Wetter in der heutigen Zeit, ohne auf regionale Detailprognosen einzugehen, im Mittel etwa 7 Tage vorhersagbar ist. Bis zu 10 Tagen kann man noch einen groben Trend angeben. Schwieriger wird es bei Detailprognosen von Gewittern. Häufig lässt sich dann nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit angeben. Aber ob ein Gewitter einen bestimmten Ort trifft, weiß man in den meisten Fällen maximal eine Stunde vorher. Der Mathematiker und Chaosforscher Wladimir Igorwitsch Arnold stellte fest, dass die prinzipielle Grenze von Wettervorhersagen bei 2 Wochen liegt.



© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD