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14. Juli 2017 | Dipl.-Met. Helge Tuschy

Waldbrandgefahr (Teil 1) - die Zutaten für die Vorhersage

Waldbrandgefahr (Teil 1) - die Zutaten für die Vorhersage

Datum 14.07.2017

44,4 Grad (Catania, Sizilien), 46,9 Grad (Cordoba, Spanien), 46,7 Grad (Las Vegas, USA), 36.7 Grad (Los Angeles, USA und neuer Allzeitrekord). Aus Südeuropa und dem Westen der USA wurden während der vergangenen Tage extrem hohe Temperaturspitzen, inklusive Allzeitrekorde gemeldet. Diese Hitze ist eine der Zutaten für die Vorhersage von Waldbränden, die in diesen Regionen so gefürchtete werden.

Es ist noch nicht so lange her, da dominierten die Bilder des schrecklichen Waldbrandes in Portugal die internationalen Nachrichtensendungen, der am 18. Juni 2017 nordöstlich von Lissabon ausbrach. Dabei fraß sich ein riesiges Flammenmeer durch die Wälder und sorgte für eine unfassbare Tragödie mit Dutzenden Opfern. Da hilft auch nicht die Gewissheit, dass dieser Brand nicht fahrlässig durch ein unsachgemäß gelöschtes Lagerfeuer oder vorsätzlich durch Brandstiftung ausgelöst wurde, sondern infolge eines Blitzschlages während eines trockenen Gewitters entfacht wurde. Doch welche Bedingungen müssen für eine hohe Waldbrandgefahr herrschen und welche Parameter werden dabei betrachtet?


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Ganz offensichtlich sollte es in den betroffenen Regionen sehr trocken sein. Dabei kann sich solch eine Trockenheit manchmal schleichend über einen längeren Zeitraum, manchmal aber auch zeitnah durch eine intensive Hitzewelle entwickeln. Auch spielt der Wasserhaushalt des letzten Jahres eine große Rolle. Im Folgenden werden diese Punkte anhand eines aktuellen Beispiels betrachtet: der in diesem Jahr zu erwartenden Brandsaison in Südkalifornien, USA. Dabei wird das Augenmerk nur auf die natürlichen Einflüsse gerichtet und der Faktor "Mensch" mit fahrlässigem oder vorsätzlichem Verhalten ausgeklammert.

Wie bereits in den Medien im Verlauf der letzten Jahre wiederholt mitgeteilt, litt Kalifornien während der vergangenen sechs Jahre unter einer heftigen Dürre, die vielerorts neue Maßstäbe bezüglich eines Extremereignisses setzte. Durch diese außergewöhnliche Trockenheit ergab sich im Verlauf der vergangenen Jahre eine große Ansammlung vertrockneter Äste und Zweige, die zu Boden fielen. Nun kommt allerdings in diesem Jahr noch ein ungewöhnlich feuchter Winter hinzu, der die Trockenheit in vielen Bereichen Kaliforniens deutlich zurückdrängen konnte. Das hört sich zunächst sehr gut an, doch die Folge dieser hohen Feuchte war ein reges Wachstum dichter Bodengräser. Ein Großteil dieser Gräser vertrocknete wiederum unter anderem während einer extremen Hitzewelle Ende Juni 2017, sodass die abgestorbenen Gräser nun ebenfalls zum üppigen Brennstoff hinzugezählt werden müssen.

Anhand dieses Beispiels ist der erste wichtige Punkt für die Waldbrandvorhersage bereits ersichtlich, den für das Feuer notwendigen "Zündstoff" in Form von toter oder sehr trockener Vegetation. Doch es wird noch komplizierter, denn den Vorhersagern der Waldbrandgefahr müssen auch folgende Punkte bekannt sein: Wie kompakt steht die Vegetation? Wie leicht kann sich das Feuer ausbreiten? Horizontale und vertikale Kontinuität sind ebenfalls wichtige Informationen, denn es ist bezüglich der Ausbreitung des Feuers von Bedeutung, ob sich zwischen den Hölzern größere freie Flächen befinden, die eine Ausbreitung u.U. verlangsamen können. Es ist auch wichtig zu wissen, wie dicht der Baumbewuchs ist, also wie viel Brandmaterial nicht nur am Boden, sondern auch in der Höhe der Baumwipfel vorhanden ist. Zu guter Letzt spielt auch die chemische Zusammensetzung des Brennstoffs eine bedeutende Rolle, die mit bestimmt, wie explosiv sich ein Waldbrand entwickeln kann.

Des Weiteren sind die meteorologischen Parameter Temperatur, Feuchte und Wind zu nennen, die eine entscheidende Rolle für die Waldbrandgefahr darstellen. Grob gesagt herrschen günstige Bedingungen während einer Hitzewelle. Dann werden sehr hohe Temperaturen bei einer nur geringen relativen Luftfeuchtigkeit gemessen. Da solche Hitzewellen meist von einem kräftigen Hochdruckgebiet begleitet werden, sorgt dieses zudem für einen niederschlagsarmen Wetterabschnitt mit einem zu vernachlässigenden Schauer- und Gewitterrisiko. Zuletzt fehlt noch ein Parameter, der während solch einer Hitzewelle nicht unbedingt besorgniserregend hohe Messwerte erreicht, der aber auch bei geringer Ausprägung bereits einen großen Einfluss auf das Brandpotential haben kann - der Wind. Selbst bei schwacher Windbewegung in Verbindung mit der heißen Luftmasse wird die Verdunstung und somit die Trocknung verstärkt und ein bereits loderndes Feuer wird durch den Wind weiter angefacht. Zudem ist die Windrichtung ein sehr wichtiger Punkt, denn diese sorgt besonders bei hoher Variabilität für eine unberechenbare Ausbreitung des Feuers und es wird mal in die eine, mal in die andere Richtung getrieben. Meist ist der Wind während solch einer Hitzewelle noch schwach, doch spätestens zu ihrem Ende frischt er mit Annäherung eines Tiefdruckgebietes auf, unabhängig von lokalen durch die Orografie verursachten Windeffekten.

Schließlich muss auch die Orografie erwähnt werden, die die mögliche Ausbreitung eines Feuers sehr stark beeinflusst. Dabei sorgt vor allem die Stärke der Hangneigung für unterschiedlich ausgeprägte Entwicklungsstadien eines Waldbrandes. Je stärker die Neigung, desto schneller kann sich ein Brand ausbreiten. Dies ist vergleichbar mit einem unterschiedlich geneigten brennenden Streichholz.

All diese Punkte greifen ineinander, denn die Verteilung des Brennholzes in einem topografisch sehr variablen Gebiet und die z.B. durch die Topografie hervorgerufenen lokalen Windphänomene sorgen letztendlich für das endgültige Waldbrandrisiko. Entsprechend kompliziert gestalten sich die Vorhersagen der Waldbrandgefahr.



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