05. Februar 2013 | Dipl.-Met. Jens Hoffmann
Februar 2012 - ein Hoch namens DIETER
Schaut man sich die aktuellen Wetterkarten im Bereich Europa an, dann
fällt recht opulentes Tief ins Auge, welches seinen Kern am Dienstag
unweit von Schottland positioniert hat. Es handelt sich um keinen
Geringeren als PILLE, der sich zum Protagonisten unseres
Wettergeschehens hochgearbeitet hat. Dabei hat der gute PILLE nichts
Besseres zu tun, als uns kalte Meeresluft nach Deutschland zu
schaufeln, in der es recht wechselhaft und windig abläuft -
Aprilwetter mit stark winterlichem Touch, wenn man so will.
Nun kann man dazu stehen, wie man will, eines kann man nicht
behaupten, nämlich dass es PILLE ernsthaft kalt mit uns meint.
Dadurch, dass die ursprünglich polare Luftmasse bisher einen großen
Bogen um die uns vorgelagerten Seegebiete schlagen musste, konnte
sich diese erwärmen. So reichte es Montag sogar für zweistellige
Werte um +10 Grad, und in der Nacht zum Dienstag bleibt es mit
Ausnahme des höheren Berglands frostfrei.
Vor genau einem Jahr sah das ganz anders aus. Die Großwetterlage
hatte ein gänzlich anderes Aussehen, ja man kann sagen, das
großräumige Zirkulationsmuster stand der jetzigen Situation quasi
diametral gegenüber. Statt wie aktuell vom Atlantik kam die Luft vom
osteuropäischen Festland nach Mitteleuropa respektive Deutschland.
Als Impulsgeber fungierte dabei das Hoch DIETER, das am 30. Januar
"getauft" wurde und eine Lebensdauer von sage und schreibe 23 Tagen
aufzubieten hatte (eine detaillierte Abhandlung über den Werdegang
von Hoch DIETER finden Sie unter dem folgenden Link http://www.met.fu-berlin.de/wetterpate/Lebensgeschichten/Hoch_DIETER_
30_01_12.htm).
Es handelte sich bei DIETER um ein umfangreiches Hoch, das seinen
Schwerpunkt über Ost- bzw. Nordosteuropa hatte, seine Fühler aber
zeitweise bis nach Westeuropa ausgestreckt hatte. Entscheidend war
aber, dass DIETER bei uns eine östliche Bodenströmung induzierte, mit
der sehr kalte und trockene Festlandsluft herangeführt wurde.
So gab es von Ende Januar bis in die zweite Februardekade hinein die
deutschlandweit kälteste Phase des Winters 2011/12, in der tagelanger
Dauerfrost (selbst tagsüber stieg das Thermometer besonders im Osten
sowie im Bergland teilweise nicht über -10 Grad, was per definitionem
strenger Dauerfrost bedeutete) die Flüsse und Seen zufrieren ließ. In
Hamburg wurde die Alster für Schlittschuhläufer und Spaziergänger
freigegeben bzw. das Alsterwintervergnügen konnte mal wieder gefeiert
werden. Aber auch sonst konnten selbst in Regionen, die gemeinhin
nicht als Mekka deutscher Wintersportkultur gelten wie z.B. der
Niederrhein oder das Rhein-Main-Gebiet, die Schlittschuhe geschnürt
werden.
Als förderlich beim Gefrierprozess der Gewässer entpuppte sich die
Tatsache, dass vielerorts nicht ein Fitzel Schnee lag. Dagegen hatte
die Vegetation mit den sogenannten Kahlfrösten (Frost ohne die für
den Schutz von Pflanzen so wichtige Schneedecke) zu kämpfen - ein
Kampf, der für viele Pflanzen nicht zu gewinnen war.
Am 5.2.2012, also vor exakt einem Jahr, übrigens lag die
Tageshöchsttemperatur durchweg im Frostbereich, wobei es im Messnetz
des Deutschen Wetterdienstes im baden-württembergischen
Emmendingen-Mundingen mit -2,3 Grad am wärmsten war, während auf der
Zugspitze mit -21,5°C der niedrigste Wert gemessen wurde. In
Leipzig-Schkeuditz wurde ein Tagesmaximum von -10,3 Grad registriert,
in Erfurt-Bindersleben sogar nur von -12,1 Grad. Zum Vergleich: Am
heutigen Dienstag werden in den beiden Metropolen etwa 6 bis 8 Grad
plus erwartet.
Die kälteste Nacht in dieser Frostperiode gab es übrigens in
Oberstdorf. Vom 5. auf den 6. Februar sank die Temperatur - bei
allerdings vorhandener Schneedecke - auf satte -29,4 Grad ab.
Von diesen Werten sind wir - und damit abschließend noch mal zur
aktuellen Situation - derzeit meilenweit entfernt. Zwar gelangt in
den nächsten Tagen, nachdem sich Tief PILLE zum Mittwoch hin gleich
mal dreigeteilt hat (PILLE I orientiert sich unter merklicher
Abschwächung via Benelux gen Südwestdeutschland, PILLE II und III
präferieren den Ostseeraum als Refugium), sukzessive kältere Luft aus
nördlichen Breiten zu uns. Mit der Situation von vor einem Jahr ist
das Ganze aber nicht vergleichbar. Stattdessen wird es aber immer mal
wieder schneien, wobei auch in tiefen Lagen der anfänglich noch
untergemischte Regen mehr und mehr den festen Aggregatzustand
annimmt. Frost und Glätte sind ebenfalls ein Thema, aber zweistellige
Minusgrade werden nur dann mal erreicht, wenn es für längere Zeit
aufklart, was zunächst mal gar nicht so leicht zu bewerkstelligen
ist. Gleichwohl, ab dem Wochenende steigt die Wahrscheinlichkeit für
Nachtfröste unter -10 Grad, weil insgesamt etwas trockenere Luft
einströmt.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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