13. Juni 2012 | Dipl.-Met. Sabine Krüger
Das Problem der Wettervorhersage
Neulich fand ich in einem Stapel alter Bücher ein interessantes Buch
namens "Das Wetter und wir" von H. Runge aus dem Jahr 1968. Die
Überschrift machte mich neugierig und im Vorwort war das folgende
Zitat zu lesen:
"Die Wettervorhersage gilt als das größte Vorhersageproblem der
exakten Naturwissenschaft und ist nach den Worten des amerikanischen
Mathematikers John von Neumann das zweitschwierigste nach der
Prognose des menschlichen Verhaltens."
John von Neumann (1903-1957) ist österreichisch-ungarischer Herkunft
und gilt als einer der genialsten und vielseitigsten Mathematiker des
20. Jahrhunderts. Er leistete bedeutende Beiträge zur mathematischen
Logik, Funktionsanalyse, Quantenmechanik und Spieltheorie und gilt
nicht zuletzt als einer der Väter der Informatik. Und ... er trifft mit
seinem Kommentar zur Wettervorhersage den Nagel auf den Kopf.
Die Wettervorhersage hat die Beschreibung des Zustandes der
Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zum
Ziel. Und dies in Form der sogenannten Basisfelder wie z.B.
Luftdruck, Temperatur und Luftfeuchte in verschiedenen Höhen der
Atmosphäre sowie in Form einer Wetterinterpretation, die das
"gefühlte Wetter" beschreibt.
Grundlage der Wettervorhersage ist die Erfassung des aktuellen
Zustandes der Atmosphäre, des Anfangszustandes. Hierbei werden an
Beobachtungsstationen auf der ganzen Welt Daten gesammelt, sei es an
bemannten Stationen oder durch Automaten, an Land oder auf den Meeren
durch Schiffe oder Bojen, mit Hilfe von Wetterballonen oder
heutzutage auch immer mehr durch die Hilfe von Satelliten. Alles wird
registriert: Luftdruck, Drucktendenz, Temperatur, Taupunkt,
Luftfeuchte, Bewölkung, Niederschlagsmenge und -art und noch einiges
mehr. Dieser Anfangszustand wird dann in den Rechenzentren der
Wetterdienste in die Großrechner eingespeist und die Entwicklung der
einzelnen Größen wie z.B. der Luftdruck in Abhängigkeit von der Zeit
mit Hilfe einer Vielzahl von mathematisch-physikalischen Gleichungen
berechnet.
Und worin liegt nun das Problem der Wettervorhersage?
Einerseits ist bereits der Anfangszustand problematisch: Er ist
unvollständig, da es gebietsweise und insbesondere über den Meeren
große Bereiche gibt, in denen keine Beobachtungen des aktuellen
Atmosphärenzustandes vorliegen. Diese Lücken versucht man mehr und
mehr mit den Satellitendaten zu schließen.
Andererseits ist die Genauigkeit des Anfangszustandes durch die
Messgenauigkeit der Beobachtungsinstrumente beschränkt. Jedes
Messinstrument weist Messunsicherheiten auf. Und selbst kleinste
Abweichungen können sich im System Wettervorhersage sehr stark
auswirken.
Damit wären wir beim entscheidenden Faktor, der die Möglichkeiten der
Wettervorhersage einschränkt. Die Atmosphäre ist ein nichtlineares
dynamisches System, das sehr empfindlich auf kleine Abweichungen in
den Anfangsbedingungen reagiert. Kleine Abweichungen z.B. in Form von
Messunsicherheiten können langfristig, je weiter man also in die
Zukunft geht, das ganze System vollständig verändern oder sogar
unvorhersagbar machen. Eine Metapher aus der Chaostheorie dafür ist
der sogenannte Schmetterlingseffekt. Dieser suggeriert, dass z.B. der
Flügelschlag eines Schmetterlings in Südamerika und die damit
verbundene Änderung in den Anfangsbedingungen des Systems Atmosphäre
eine gravierende Änderung des Wetters in Nordamerika und vielleicht
sogar einen Tornado auslösen könne. Alles also unter der Rubrik:
Kleine Ursache - große Wirkung.
Trotz dieser chaotischen Verhältnisse in der Atmosphäre versuchen wir
Meteorologen jeden Tag unser Bestes um eine fundierte
Wettervorhersage zu erstellen. Diese deuten derzeit darauf, dass die
meisten von uns heute den kühlsten Tag der Woche erleben - im Osten
Deutschlands wird es der morgige Donnerstag sein. Zum Ende der Woche
steigen die Temperaturen dann zwar deutlich an, es bleibt aber meist
wechselhaft mit Schauern und Gewittern.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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