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24. Februar 2023 | Dipl.-Met. Simon Trippler

Frühling in den Startlöchern

Frühling in den Startlöchern

Datum 24.02.2023

Zwar steht mit dem Tief YIGIT an diesem Wochenende noch einmal ein bisschen Winterwetter ins Haus, die Spatzen pfeifen es aber schon von den Dächern: Der Frühling steht kurz bevor. Wann beginnt dieser?

Die oft zweistelligen Temperaturen der vergangenen Tage, viel Sonnenschein und eine pro Tag 3 bis 4 Minuten zunehmende Tageslänge ließen und lassen bei vielen schon Frühlingsgefühle aufkommen. Zwar klopft mit Tief YIGIT an diesem Wochenende noch einmal der Winter an, letztlich ist der Frühling aber nicht mehr lange aufzuhalten. Wann der Frühling eigentlich beginnt, darauf gibt es prinzipiell vier Antworten.
Antwort 1 ist trivial und wird von den Meteorologen geliefert. Für diese beginnt die neue Jahreszeit am kommenden Mittwoch, also am 1. März 2023 um 0 Uhr UTC und dauert wie alle anderen Jahreszeiten genau drei Monate.

Antwort 2 kommt aus der Astronomie. Der astronomische (auch kalendarische) Frühlingsanfang ist der Bevölkerung am geläufigsten und richtet sich nach dem Sonnenstand. Da die Erde zur Sonne geneigt ist, "wandert" der Punkt, an dem die Sonne mittags senkrecht auf die Erde scheint, im Laufe des Jahres durch die Umrundung der Erde um die Sonne von Süden nach Norden und umgekehrt. Steht die Sonne nun genau über dem Äquator senkrecht ("Äquinox" oder "Tag- und Nachtgleiche"), dann ist entweder Frühlings- oder Herbstanfang. In diesem Jahr wird das am Montag, dem 20. März 2023 um 22:25 Uhr MEZ sein.

Warum aber haben Meteorologen einen anderen Frühlingsbeginn festgelegt als den astronomischen? Diese Einteilung wurde vor Beginn des Computerzeitalters im 20. Jahrhundert getroffen, da sich ganze Monate statistisch einfacher auswerten lassen. Darüber hinaus stellte man im Laufe der Zeit aber auch fest, dass die meteorologischen Jahreszeiten die klimatische Situation der Jahreszeiten besser widerspiegeln als die astronomischen.

Vergleich der aktuellen phänologischen Jahreszeiten mit dem langjährigen Mittel in Deutschland und den Bundesländern
Vergleich der aktuellen phänologischen Jahreszeiten mit dem langjährigen Mittel in Deutschland und den Bundesländern



Antwort 3 wiederum ist in der Natur zu finden. In der Phänologie werden die im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen der Pflanzen betrachtet und in Phasen eingeteilt. Nach der phänologischen Uhr gibt es im Frühling drei Phasen: Vor-, Erst- und Vollfrühling. Ihren jeweiligen Beginn kann man durch sogenannte Leit- bzw. Ersatzphasen ermitteln. Als Leitphase für den Vorfrühling dient dabei der Blütenbeginn der Hasel, für den Erstfrühling der Blütenbeginn der Forsythie und für den Vollfrühling der Blütenbeginn der Apfelbäume. Für die jeweiligen Phasen konnte aus Beobachtungen in den letzten Jahren ein mittleres Eintrittsdatum gefunden werden. Demnach beginnt der Vorfrühling durchschnittlich am 10. Februar, der Erstfrühling am 25. März und der Vollfrühling am 26. April.

In diesem Jahr hat die Natur aufgrund des wieder einmal zu milden Winters erneut einen weiten Vorsprung. So begann der Vorfrühling bereits am 17. Januar (!) und damit satte 24 Tage vor dem vieljährigen Mittel. Diesen Vorsprung hat die Natur aufgrund der anhaltend milden Witterung seitdem auch gehalten. So wird der Beginn der Forsythienblüte bei einem Meldeaufkommen von allerdings bisher nur 6 % aktuell ebenfalls etwa 24 Tage vor dem mittleren Eintrittsdatum erwartet. Hochgerechnet auf den Erstfrühling würde dieser bei vollem Meldeaufkommen von 100 % also passend zum meteorologischen Frühlingsanfang am 1. März beginnen (weitere Informationen und aktuelle Daten zum Thema Phänologie finden Sie unter http://www.dwd.de/phaenologie).

Antwort 4 auf die eingangs gestellter Frage lässt sich aus statistischen Betrachtungen finden. Dazu hat der Autor dieses Textes (recht willkürlich) einen „statistischen Frühlingsbeginn“ definiert, wobei an drei aufeinanderfolgenden Tagen mindestens an zwei Tagen eine Höchsttemperatur von über 15 Grad erreicht werden soll und es dabei vorherrschend trocken und heiter sein soll. Schaut man sich die vergangenen 18 Jahre an, so begann der Frühling diesen Kriterien nach im Norden (repräsentiert durch Hamburg) durchschnittlich am 29. März und im Süden (vertreten durch München) am 14. März.

Von drei Tagen mit solch frühlingshaftem Geschehen sind wir durch die kommende Abkühlung vorerst wieder ein gutes Stück entfernt, zudem droht auch eine kalte erste Märzhälfte (siehe das Thema des Tages vom gestrigen Donnerstag, 23.02.2023: Die Auswirkungen der Stratosphärenerwärmung). Früher oder später wird er aber kommen, der Frühling, versprochen!



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