Facebook Twitter
30. Januar 2014 | Mag.rer.nat. Michael Tiefgraber

Stau

So mancher Leser mag bei dem Wort "Stau" zunächst an die vielen entspannenden und äußerst sinnvoll verbrachten Stunden zurückdenken, die man entweder beim täglichen Weg zur Arbeit oder auf dem Weg in den Sommerurlaub zwischen all den anderen fröhlichen Gesichtern in einer Lawine aus Blech und einer Wolke aus Abgasen verbracht hat.

In der Meteorologie spricht man von Stau, wenn sich auf der
windzugewandten Seite von Gebirgen (im Luv) die Luft staut und
Wolken- und Niederschlagsbildung gefördert werden. Im Gegensatz dazu
lockern die Wolken auf der windabgewandten Seite (im Lee) teils sogar
auf und es fällt weniger Niederschlag. Sehr schön lässt sich das
oftmals an den Alpen beobachten, wenn mit einer kräftigen Südströmung
feucht-warme Mittelmeerluft von Süden gegen die Alpen geführt wird.
Dabei bewirken die Staueffekte an der Alpensüdseite eine dichte
Wolckendecke und intensive Niederschläge, während es an der
Alpennordseite trocken und sonnig ist (Föhn). Obwohl der Wind kräftig
über die Berggipfel pfeift, sieht es von oben betrachtet auf den
Satellitenbildern so aus, als ob die Wolken am Alpenhauptkamm gegen
eine Wand "laufen" und es kein Durchkommen gibt. Dies kann zum
Beispiel auch an den Pyrenäen durch eine markante Abrisskante der
Wolken beobachtet werden.

Zum Vergrößern bitte klicken
Zum Vergrößern bitte klicken


Doch dieses Phänomen lässt sich nicht nur an lang gezogenen Gebirgen
wie den Alpen beobachten. Denn betrachtet man die Gebiete um den
Harz, so lässt sich auch dort die niederschlagsverstärkende Wirkung
des norddeutschen Höhenzuges recht leicht nachweisen. Während die
Landkreise im Weststau des Harzes mit mittleren Jahresniederschlägen
von etwa 1000 Litern versorgt werden, fallen nur wenige Kilometer
weiter nördlich, in den flacheren Gebieten, nur etwa 600 Liter.

Wie kommt es nun zu diesen Effekten? Dazu müssen wir noch etwas mehr
ausholen. Für die Wolkenentstehung und somit in weiterer Folge auch
für die Niederschlagsbildung spielen Hebungsvorgänge (Aufsteigen von
Luftmassen) in unserer Atmosphäre, neben dem Vorhandensein von
ausreichend Luftfeuchtigkeit, die entscheidende Rolle.
Wird ein Luftpaket vertikal nach oben gehoben, sorgt vor allem der
mit der Höhe abnehmende Luftdruck für Abkühlung. Da kalte Luft
weniger Wasserdampf aufnehmen kann als warme, bewirkt dies, dass das
Wasser bei entsprechenden Umgebungsbedingungen in dem Luftpaket
kondensiert (sich verflüssigt). Es bilden sich winzige
Wolkentröpfchen und in weiterer Folge ggf. Regentropfen (siehe Thema
des Tages am 28.01.2014).

Den Vorgang der Kondensation von Wasserdampf aus der Luft kann man
sehr gut an schwül-warmen Sommertagen beobachten wenn man sich ein
eiskaltes Getränk genehmigt und das Glas außen plötzlich nass wird.
Die Umgebungsluft wird dabei an der Glasaußenseite abgekühlt, die
zunächst noch gasförmige Feuchtigkeit verflüssigt sich und es bilden
sich an der Glasoberfläche Wassertropfen.

Die für die anfangs beschriebenen Abläufe nötigen Hebungsvorgänge in
unserer Atmosphäre können unterschiedliche Ursachen haben. Neben den
dynamischen Antrieben auf der synoptischen Skala (wie z.B. in
Tiefdruckgebieten und an Fronten) oder den Aufwinden durch die
Sonneneinstrahlung (Thermik) ist eine weitere Ursache die
orographische Hebung. Dieser Vorgang entsteht an den Erhebungen der
Erdoberfläche, zum Beispiel an Bergen oder Hügeln. An der
windzugewandten Seite (im Luv) wird ein Teil der Luft zum Überströmen
gezwungen, dabei setzt Hebung ein. Dies führt zur oben angesprochenen
Intensivierung der Wolken- und Niederschlagsbildung, dem Staueffekt.
Wenn ein bereits aktives Regengebiet auf ein Gebirge auftrifft, wird
auf der Luv-Seite die Niederschlagsbildung durch die orographische
Hebung verstärkt und es fällt in diesem Bereich mehr Regen.
Auf der windabgewandten Seite des Berges (im Lee) drehen sich die
Vorgänge um. Die gehobene Luft muss im Lee wieder absinken, es kommt
zu einer Erwärmung, damit zu Wolkenauflockerung und in Folge fällt
dort weniger oder kein Regen.

Ein Beispiel für einen besonders stark ausgeprägten Luv- und
Lee-Effekt ist der "Föhn". Dieser kann auf der Lee-Seite von Gebirgen
für trockene und außerdem recht warme Verhältnisse sorgen. Vor nicht
allzu langer Zeit wurde dieses Phänomen im Thema des Tages
ausführlich besprochen und kann ebenso im Wetterlexikon des Deutschen
Wetterdienstes nachgelesen werden (www.dwd.de/lexikon).


© Deutscher Wetterdienst

Themenarchiv:

15.12. - Was tun an grauen Tagen?

14.12. - Von Meteoren, Hochnebel, Inversionen und optimaler Himmelssicht

13.12. - Novembergrau oder Dezembergrau?

12.12. - Extreme Dezember: 2010 und 2015 im Vergleich

11.12. - Hoch ELLINOR bringt graue Tristesse

10.12. - Ein erster Griff in die Spekulatiuskiste

09.12. - Die heiße Kugel

08.12. - Vom Winter keine Spur!

07.12. - Ein Sonntag mit Film und Fernsehen

06.12. - Jahresrückblick 2025 | Teil 2

05.12. - Jahresrückblick 2025 | Teil 1

04.12. - Tiefdruckeinfluss über dem östlichen Mittelmeer

03.12. - Deutschlandwetter im Herbst 2025

02.12. - Deutschlandwetter im November 2025

01.12. - Nebel im Winterhalbjahr

30.11. - Milder Winterstart

29.11. - Die atlantische Hurrikansaison 2025 - Ein Rückblick

28.11. - Glatteisgefahr im Südosten Deutschlands

27.11. - Wenn natürlich nicht mehr ausreicht: Die Kunstschneeproduktion

26.11. - Vom Kaltlufteinbruch bis zur Westdrift – Wie sich das Wetter zu Beginn der Weihnachtszeit in den letzten zehn Jahren präsentierte.

25.11. - In Gummistiefeln durch das Winterwetter

24.11. - Vor 20 Jahren: Das Münsterländer Schneechaos

23.11. - Erste Glatteislage der Saison

22.11. - Die Kugel der Mitte

21.11. - Lesen bildet

20.11. - Eisige Nächte am Wochenende

19.11. - Wenn es so kräftig regnet, dass es schneit: Die Niederschlagsabkühlung!

18.11. - Wintereinbruch – oder doch nur spätherbstliches „Geflöckel“?

17.11. - Begrifflichkeiten und Geografie im Wetterbericht

16.11. - Ein gestörter Polarwirbel ist nicht alles