09. Dezember 2013 | M.Sc. Met. Andreas Würtz
Von der Blaufärbung des Himmels bis zum Abendrot.
Bei geeigneten Wetterbedingungen kann beim täglichen Abschied der Sonne eine malerische Rotfärbung des Himmels bzw. der Wolken beobachtet werden. Wie kommt es aber nun zu diesem Farbenspiel, wo doch am Tage der gering bewölkte Himmel noch in Blau erscheint.
Dieses Phänomen beruht auf den physikalischen Gesetzen der
Lichtstreuung. Im physikalischen Sinne stellt das Licht eine
elektromagnetische Welle dar. Diese Welle wird durch kleine
Hindernisse von ihrer ursprünglichen Ausbreitungsrichtung abgelenkt,
was als Streuung bezeichnet wird. In der Atmosphäre stellen diese
Hindernisse z. B. Luftmoleküle, Aerosolteilchen (Ruß, Staub,
Sandkörner, etc.) oder kleinste Wassertröpfchen dar.
Der Streuprozess ist zum einen abhängig von der Wellenlänge des
Lichtes und zum anderen vom Verhältnis der Wellenlänge zur Größe der
Partikel, an denen das Licht gestreut wird.
Im speziellen Fall der Blaufärbung des Himmels oder bei der
Entstehung des Abendrot wird das Licht an Luftmolekülen gestreut,
dessen Durchmesser viel kleiner ist als die Wellenlänge des Lichtes.
Dieser Prozess wird durch die klassische Theorie nach Rayleigh
beschrieben.
Diese besagt unter anderem, dass die Stärke der Streuung des
Sonnenlichtes umgekehrt proportional zur 4. Potenz der Wellenlänge
ist. Vereinfacht gesagt bedeutet dies, dass die kurzwellige
Sonnenstrahlung sehr viel stärker gestreut wird als die langwellige
Strahlung.
In der Atmosphäre gibt es neben kleinen Staubpartikeln,
Wassertröpfchen und sonstigen Fremdstoffen, vor allem kleine
Gasmoleküle wie z. B. Stickstoff. Die Konzentration dieser
Gasmoleküle ist in der Atmosphäre gleichmäßig verteilt. Zudem liegt
der Durchmesser dieser Moleküle im Pikometer-Bereich und ist damit im
Vergleich zur Wellenlänge (Nanometer-Bereich) um einen Faktor 1000
kleiner. Somit sind die oben beschriebenen Voraussetzungen der
Rayleigh-Streuung erfüllt.
Das Sonnenlicht, welches wir als weißes Licht wahrnehmen, stellt eine
Mischung aus einer Vielzahl farbiger Anteile (Spektralfarben) dar.
Dabei weist der blaue Anteil die geringste und der rote Anteil die
größte Wellenlänge auf. Tagsüber müssen die Sonnenstrahlen nur einen
vergleichsweise kurzen Weg durch die Atmosphäre zurücklegen. Somit
gelangen alle Farbanteile des gestreuten Lichts direkt oder indirekt
zum Beobachter am Erdboden, wobei der blaue Anteil der
Sonnenstrahlung am stärksten gestreut wird. Daraus resultiert die
Blaufärbung des Himmels.
Bei Sonnenauf und -untergang muss die Sonnenstrahlung einen sehr
langen Weg durch die Atmosphäre bis hin zum Beobachter zurücklegen.
Dadurch wird ein Großteil des blauen Lichts herausgestreut. Deshalb
gelangt überwiegend der rote und gelbe Anteil des Sonnenlichts bis
zum Beobachter und führt schlussendlich zu einem roten
Erscheinungsbild der Sonne. Besonders spektakulär ist es, wenn Wolken
oder Berge (Alpenglühen) von der roten direkten Sonnenstrahlung
beleuchtet werden und so das Abend- bzw. das Morgenrot hervorrufen.
Also halten Sie doch einfach in den nächsten Tagen den
Sonnenuntergang im Blick - bei geeigneten Wetterbedingungen stehen
die Chancen gut, das Abendrot zu beobachten.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: Katharina Wieland Müller
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