13. Mai 2013 | Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Kármánsche Wirbelstraßen
Am vergangenen Montag, dem 6. Mai, jährte sich zum fünfzigsten Mal
der Todestag des ungarischen Luftfahrtingenieurs Theodore von Kármán.
Von Kármán studierte in Budapest, wurde in Göttingen bei Ludwig
Prandtl promoviert und wirkte später in Aachen (an der heutigen
RWTH), bevor er ab 1926 seine Forschungstätigkeit schrittweise in die
Vereinigten Staaten verlegte. Wie schon sein Lehrer Ludwig Prandtl
arbeitete auch von Kármán auf vielen Gebieten der Kontinuumsmechanik
und gilt wie dieser als Pionier der modernen Aerodynamik. Seine wohl
bekannteste Arbeit über die nach ihm benannten "Kármánschen
Wirbelstraßen" veröffentlichte er im Jahre 1911.
Darunter versteht man ein strömungsmechanisches Phänomen, bei dem
sich im Lee eines umströmten Körpers gegenläufige Wirbel bilden. Das
Verhalten der ein Hindernis umfließenden Strömung wird durch die
hydrodynamischen Eigenschaften des Fluids, z.B. seiner
Strömungsgeschwindigkeit, sowie durch die Dimensionen des
Hindernisses bestimmt. Grob vereinfacht gesagt, wird das Hindernis
bei entsprechend geringen Geschwindigkeiten "laminar", also ohne
sichtbare Verwirbelungen umströmt. Steigt die
Strömungsgeschwindigkeit, bilden sich im Lee zunächst stationäre
Wirbel, bei weiterer Geschwindigkeitserhöhung lösen sich die Wirbel
vom Hindernis und driften in Strömungsrichtung davon. Es bildet sich
eine mehr oder weniger periodische Schleppe, in der jeweils
gegenläufig rotierende Wirbel, mit einer wiederum von Form und
Dimension des umströmten Körpers bestimmten, sog. Ablösefrequenz,
aufeinander folgen.
Kármánsche Wirbelstraßen finden sich vielerorts in Natur und Technik,
beispielsweise bei der Umströmung von Brückenpfeilern in einem Fluss.
Des Weiteren müssen Luftfahrzeuge so konstruiert sein, dass sie
laminar umströmt und damit Wirbelbildungen möglichst vermieden
werden. Ebenso sind bei der Flugsicherung bzw. dem Management von
Verkehrsflughäfen Wirbelschleppen startender und landender Maschinen
eine wichtige Einflussgröße.
Selbstverständlich kann auch die atmosphärische Zirkulation
Wirbelstraßen verursachen. Relativ häufig kann man sie bei
großräumigen und beständigen Strömungen im Lee von Inseln oder
Vorgebirgen beobachten.
Die Abbildung einer Kármánsche Wirbelstraße, die sich am 31. Mai 2006
im Lee der Insel Guadeloupe gebildet hatte, finden Sie nebenstehend.
Zeitpunkt der mit dem
Fernerkundungssystem Aqua/Modis (Moderate Resolution Imaging
Spectroradiometer) gemachten Aufnahme ist 21:25 Uhr UTC. Isla de
Guadalupe (28°53'N, 118°18'W) ist eine Insel vulkanischen Ursprungs,
die etwa 240 Kilometer westlich der Halbinsel Niederkalifornien
liegt. Die Insel gehört zum mexikanischen Bundesstaat Baja California
und hat eine Länge von ca. 40 km sowie eine Breite von bis zu 9.5 km.
Die höchste Erhebung ist der 1298 m hohe Monte Augusta. Rund um die
Insel ragen noch einige kleinere Felsen aus dem Meer. Im Süden der
Insel gibt es eine Wetterstation namens Campamento Sur.
An diesem Tage befand sich die Insel Guadeloupe an der Ostflanke
eines Hochdruckgebietes, dessen Kern sich etwa 600 km
westnordwestlich (ca. 30°N, 130°W) befand. Es wehte Nordwestwind mit
einer Geschwindigkeit von etwa 3 m/sec, die Luftmasse war stabil
geschichtet. Interessant ist, dass sich im Luv der Insel eine
laminare Bugwelle bildet, welche die nähere Umgebung der Insel
wolkenfrei hält. Die ersten Wirbel bildeten sich unmittelbar an der
Südspitze der Insel. Ihr Durchmesser wuchs auf etwa 80 km. Der
Dissipationsbereich der Wirbelstraße, also dort, wo sich die Wirbel
allmählich auflösen, lag ungefähr 500 km stromabwärts.
Bildquelle: NASA
© Deutscher Wetterdienst
Bild: NASA
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