Wer heute Morgen auf die in den Frühstunden des gestrigen Donnerstags veröffentlichte Vorhersagekarte für die Fronten und den Bodendruck geblickt hat, der konnte über dem Absatz des italienischen Stiefels noch das Tief DIETER finden, welches international auf den Namen CASSIO getauft wurde. In der entsprechenden Karte für den morgigen Freitag (Abbildung eins) ist DIETER dagegen nicht mehr zu finden. Stattdessen trifft man auf ein Tief über der Ägäis, das von den zuständigen Kolleginnen und Kollegen den Namen BYRON erhalten hat. Wer dabei glaubt, auf der für morgen gültigen Karte sei DIETER sehr wohl noch vorhanden, und zwar im Bereich von Neapel, der irrt. DIETER hat sich tatsächlich im Bereich der kroatischen Küste abgeschwächt, das „neue“ Italientief ist in Wahrheit ein eingewanderter Korse (eine Korsin?).

Abgesehen von der Lage der (in diesem Fall zwei wesentlichsten) Tiefkerne kann man sehr schön erkennen, dass im Grunde das gesamte zentrale wie auch das östliche Mittelmeer unter Tiefdruckeinfluss liegen. Damit ist niedertroposphärisch für Labilität gesorgt, die nicht nur in der mittleren und höheren Atmosphäre durch entsprechende Lage der Höhentiefs und des Strömungsmusters (Stichwort: Jet) Unterstützung erfährt. Auch die noch recht hohen Wassertemperaturen treiben, durch einen Feuchteeintrag in die untersten Luftschichten und deren Erwärmung, die vertikalen Umlagerungsprozesse an.
Die Abbildung zwei zeigt entsprechend die aktuellen Wassertemperaturen von heute in den um Europa herum gelegenen Meeren. Während die Ostsee es nur noch auf einstellige Werte (in °C) bringt und auch die Nordsee nur noch mit knapp zweistelligen Wassertemperaturen aufwarten kann, liegen die Oberflächentemperaturen des Wassers im östlichen Mittelmeer um oder sogar über 20 °C – und damit bei Werten, die sich auf Augenhöhe mit den aktuellen täglichen Temperaturmaxima bewegen. Das heißt aber auch: An einem großen Teil des Tages (und in der Nacht ohnehin permanent) liegen die Wassertemperaturen über der Lufttemperatur. Das kann man auch aus der Abbildung drei ableiten. Sie zeigt (ausschnittsweise) das Meteogramm der türkischen Station Dalaman für Freitag bis Sonntag (05.-07.12., Daten nach MOSMIX; die Station ist in der Abbildung zwei durch ein weißes Kreuz gekennzeichnet). Die Höchstwerte liegen in einer Spanne von 16 bis 18 °C, die Tiefstwerte dagegen zwischen 10 und 13 °C, was die oben getätigte Aussage zum Erwärmen der unteren Luftschichten bestätigt.

Eine Vorstellung davon, wie sich der tiefe Luftdruck letztendlich auf das Wetter auswirkt, kann man dem Meteogramm auch schon entnehmen. Die „Wetterzeile“ zeigt entweder auf der Spitze stehende Dreiecke mit etwas Beiwerk aus Punkten. Sie stehen für Schauer in verschiedener Ausprägung. Die roten Pfeilsymbole deuten dagegen Gewitter an. Was an Niederschlag zu erwarten ist, das ergibt sich aus dem unteren Teil der Grafik. Die hellgrünen Säulen stehen für den stündlichen Niederschlag, die dunkelgrünen Säulen dagegen für den dreistündigen Niederschlag. Zwar fehlen am Freitagmorgen einige Werte, aber von Freitag bis in den Samstag sollen pro Stunde drei Liter zusammenkommen, was dreistündig acht bis neun Litern entspricht (Vorsicht: Rundungsfehler).
Man kann davon ausgehen, dass in dieser Grafik die konvektiven Niederschlagsspitzen nicht oder nur schlecht erfasst werden – ein typisches Problem statistisch überarbeiteter Modellprognosen (MOS steht für Model Output Statistics, also für ein mit statistischen Methoden überarbeitetes Modell). Was das DWD-Modell ICON als direkten Modelloutput liefert, zeigen die Abbildungen vier und fünf.


In ihnen sind die 24-stündigen Niederschlagsummen dargestellt, einmal für das Zeitfenster vom heutigen Donnerstagmittag bis zum Samstagmittag (Abbildung vier), das andere Mal für das Zeitfenster von Samstagmittag bis Montagmittag (jeweils von/bis 13:00 MEZ). Im ersten hier betrachteten Zeitfenster liegt der Schwerpunkt der Niederschläge noch in der Ägäis sowie an der Südwestküste der Türkei, im zweiten arbeiten sich die Niederschläge nach Osten vor und betreffen dann speziell die Küstenregionen um das türkische Adana sowie das osttürkisch-anatolische Hochland bis in den Nordirak hinein. Die von ICON erwarteten Mengen sind zumindest lokal sehr beachtlich - in Griechenland bis knapp unter 200 l/m2 und an der südwesttürkischen Küste knapp unter 150 l/m2 (jeweils erster Zeitraum). Im zweiten Zeitraum prognostiziert ICON dann sogar über 200 l/m2 im Nordirak. Aber auch in hier nicht genannten Regionen können sich erheblich Regenmengen akkumulieren.
Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.12.2025
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