19. Oktober 2012 | Dipl.-Met. Johanna Anger
Föhnlage


Wer sich am gestrigen Donnerstag auf den Gipfeln der Alpen befand,
dem wurde nicht nur viel Sonnenschein und eine tolle Fernsicht
geboten. Es wehte vor allem ein stürmischer Südwind, denn es hat sich
eine sogenannte Föhnlage eingestellt.
Als Föhn bezeichnet man einen warmen und meist böigen Fallwind, der
bei bestimmten Wetterlagen und beim Überströmen eines Gebirges
auftritt.
Voraussetzung für dieses Wetterphänomen in den Alpen ist zunächst
eine Luftdruckverteilung über Europa, die ein Überströmen von Süden
ermöglicht. Typischerweise befindet sich hoher Luftdruck südöstlich
der Alpen und tiefer Luftdruck über Westeuropa. Um diese
Luftdruckgegensätze auszugleichen, strömt nun die Luft vom hohen zum
tiefen Luftdruck.
Genau diese Situation ist derzeit gegeben, denn eine Tiefdruckzone
reicht von der Iberischen Halbinsel über die Britischen Inseln bis
hin zur nördlichen Nordsee. Demgegenüber befindet sich ein
ausgedehntes Hochdruckgebiet über dem Südosten Europas, so dass seit
Mittwoch bis in große Höhen eine stramme südliche bis südöstliche
Strömung aufgekommen ist.
Stürmisch war es vor allem auf den Gipfeln oberhalb von 1000 Metern.
Die Zugspitze meldete beispielsweise Spitzenwindgeschwindigkeiten von
104 km/h (orkanartiger Sturm) und auch an den Wetterstationen der
hohen Gipfel der Schweizer und Österreichischen Alpen wurden
verbreitet Sturmböen um 90 km/h beobachtet. In den Alpentälern war
der Föhnwind ebenfalls zu spüren, so traten zum Beispiel im
bayerischen Mittenwald Windböen bis 60 km/h auf.
Der warme Charakter des Föhns beruht auf den thermodynamischen
Vorgängen beim Überströmen des Gebirges. Steigt die Luft auf der
Südseite der Alpen auf, bringt sie vom Mittelmeer schon sehr viel
Wärme und auch Feuchtigkeit mit. Rasch kondensiert dann die
Feuchtigkeit und es bilden sich Wolken. Wäre die Luft trocken, würde
sie sich beim Aufstieg um etwa 1 Grad pro 100 Höhenmeter abkühlen. In
den Wolken ist die Abkühlung dagegen mit nur noch 0,65 Grad auf 100
Meter weit weniger stark, da der Luft ständig Kondensationswärme
zugeführt wird. Die Wolken, die auf der Alpensüdseite entstehen, sind
häufig auch nördlich des Alpenhauptkammes als sogenannte Föhnmauer zu
sehen, die sich über die Gipfel schiebt. Sinkt die Luft nun auf der
Alpennordseite wieder ab, lösen sich die Wolken rasch auf. Die Luft
ist dann sehr trocken und erwärmt sich dabei folglich wieder mit 1
Grad pro 100 Meter, so dass sie im Vergleich zur Ausgangssituation
wesentlich wärmer am Fuß des Berges ankommt.
So meldete die Station Vaduz in Liechtenstein bereits am frühen
Vormittag eine Temperatur von 20 Grad, gegen Mittag waren es schon 25
Grad. Auch auf der deutschen Alpennordseite war der Effekt des Föhns
zu spüren. Die wärmsten Orte waren Oberstdorf mit 22 Grad, Kaufbeuren
mit 23 Grad und Garmisch-Partenkirchen mit 24 Grad Höchsttemperatur.
In München wurden maximal 19 Grad erreicht, während die Temperaturen
etwas weiter nördlich teilweise nur um 15 Grad betrugen.
Sowohl was den Wind als auch die Temperaturen betrifft, sind die
Auswirkungen des Föhns am deutlichsten immer in den großen von Süd
nach Nord verlaufenden Längstälern zu spüren. Sie wirken auf die
Föhnluft wie Kanäle.
Die Föhnlage wird heute noch anhalten, schwächt sich aber
voraussichtlich im Laufe des Wochenendes ab. Natürlich kann warme
Luft auch ohne die Alpen zu überströmen auf direktem Wege über
Frankreich nach Mitteleuropa gelangen. Dies geschieht derzeit, so
dass sich wärmeres und sonniges Wetter vorübergehend in ganz
Deutschland durchsetzen kann.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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