02:44 MESZ | 07.09.2025 Profi-Wetter| Mobile Seite| Kontakt| Impressum| Datenschutz
Facebook Twitter
Drucken
27. Oktober 2015 | Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Hilfe von unten: Wie Algen Wetter machen

Hilfe von unten: Wie Algen Wetter machen

Datum 27.10.2015

Schon lange ist bekannt, dass Meeresgischt zur Wolkenbildung beiträgt. Forscher haben nun herausgefunden, dass insbesondere Kieselalgen Eiswolken entstehen lassen und somit als wichtiger Akteur im Klimageschehen fungieren.

Zu Abermillionen treiben sie im Meer und wiegen in großen Ansammlungen mitunter mehr als mancher Urwald, dabei sind viele von ihnen so winzig klein, dass sie mit dem bloßen Auge gar nicht zu erkennen sind: Algen. Für Gourmets sind sie ein unverzichtbarer Bestandteil der asiatischen Küche, für Aquarium-Besitzer eine Plage und für Badende oft eklig oder gar unheimlich. Aber den Einzellern aus den Ozeanen kommt eine weitere, wichtige Bedeutung zu: Sie fördern die Bildung von Wolken und beeinflussen dadurch unser Wetter.


Algenteppich an der westlichen Ostsee.
Algenteppich an der westlichen Ostsee.


Damit Wolken überhaupt entstehen können, benötigen sie so genannte "Kondensationskeime". Das sind winzige Schwebeteilchen in der Luft, an die sich Wasserdampfmoleküle binden und zu feinen Tröpfchen kondensieren können. Von organischen Partikeln natürlichen Ursprungs über Meersalz bis hin zu Ruß aus Auto- oder Industrieabgasen eignet sich dafür praktisch alles, was in der Luft schwebt. Auch die Gischt des Meeres gilt als wichtige Quelle für atmosphärische Partikel.

Im bewegten Meer drücken brechende Wellen Luft unter die Oberfläche, die in Form von Bläschen wieder aufsteigt. Diese sammeln auf dem Weg Partikel auf, vor allem klebrige Sekrete von Algen und Bruchstücke zerstörter Zellen. Wenn die Bläschen oben platzen, reichern sie die Meeresoberfläche mit diesen Partikeln an. Viele davon werden in die Luft geschleudert, wo Winde sie in große Höhen tragen und als Kondensationskeime zur Verfügung stehen.

Nach Schätzungen werden jährlich zehn Millionen Tonnen organische Partikel aus den Ozeanen in die Luft geschleudert. Bisher war aber unklar, ob diese vom Meer in die Atmosphäre aufsteigenden Partikel auch die Eisbildung in den hohen Wolken auslösen können. Eiswolken gelten als Hauptregenmacher in unseren Breiten und gleichzeitig legen sie sich wie eine wärmende Decke um die Erde.

Um das herauszufinden nahm ein internationales Forscherteam der Universitäten Leeds und Toronto Wasserproben in der Arktis, im Nordatlantik, Nordpazifik und den Küstengewässern Kanadas, leitete diese in Klimakammern mit feuchter Luft und kühlten die Tröpfchen auf bis zu minus 40 Grad herunter - den Temperaturen, wie sie auch in der oberen Atmosphäre herrschen.

Das Ergebnis: Wassertröpfchen, in denen sich Bruchstücke und Sekrete der Algen angereichert haben, gefroren bei deutlich höheren Temperaturen als Flüssigkeit mit weniger dieser Partikel. Und auch in der Klimakammer bildeten sich mehr Eiskristalle und damit künstliche Eiswolken. Winzige Absonderungen von Kieselalgen stellten sich dabei als besonders fördernd für die Bildung von Eiswolken heraus.

Algen setzen ihr "Saatgut" für Wolken übrigens abhängig von der Temperatur frei. Wird es ihnen zu heiß, stoßen sie mehr Sekrete und Zellen ab und lassen dadurch mehr Wolken entstehen, die Schatten spenden. Bereits 1987 wurde diese "Thermostat-Wirkung" der Einzeller in der sogenannten "Claw-Hypothese" beschrieben.

Beim nächsten Besuch im Sushi-Restaurant sollte also nicht nur ein mit Algen ummanteltes Reisgericht auf der Karte stehen, sondern auch ein kurzes Gedenken an diese Pflanzen, die einen durchaus beachtlichen Einfluss auf unser irdisches Klima haben.



© Deutscher Wetterdienst

Themenarchiv:

06.09. - Der Spätsommer am Wochenende auf Stippvisite, ab der neuen Woche droht wieder meteorologisches Unheil.

05.09. - Unwetter gestern Abend

04.09. - Schwere Gewitter und Starkregen im Anmarsch

03.09. - Deutschlandwetter im Sommer 2025

02.09. - Deutschlandwetter im August 2025

01.09. - Der September - ein verkappter Sommermonat?

31.08. - Übergang in den Herbst?

30.08. - Fliegende Instrumente

29.08. - Eine Reise in die Great Plains

28.08. - Tropisch oder nicht, das ist hier die Frage! - Teil 2

27.08. - Erst sommerlich, dann regnerisch

26.08. - Tropisch oder nicht, das ist hier die Frage! - Teil 1

25.08. - Der Landgang eines Tropensturms

24.08. - Ein letztes Aufbäumen des Hochsommers

23.08. - Hoch "Mareike" sorgt für ruhiges Wetter

22.08. - Die Gänseblümchenwelt - Teil 2

21.08. - Der Gänseblümchenplanet - Teil 1

20.08. - Akklimatisierung - der Schlüssel beim Höhenbergsteigen

19.08. - Das Ende der Hundstage

18.08. - Hurrikan ERIN und dessen Einfluss auf das Wettergeschehen in Europa

17.08. - Hurrikan ERIN wirbelt über dem Atlantik

16.08. - Auswirkungen eines Blitzeinschlags in ein Fahrzeug

15.08. - Markanter Luftmassenwechsel beendet die Hitzewelle

14.08. - Von Schwämmen und Städten

13.08. - Sommerlich, heiß, sehr heiß? - "Kenntage" des Sommers 2025

12.08. - Perseiden 2025 – Sternschnuppen am Firmament

11.08. - Wolkenimpfung zur Hagelabwehr - Methode und Nutzen

10.08. - TEAMx: Groß angelegtes Forschungsprojekt in den Alpen

09.08. - Der Sommer mit Hindernissen nimmt zur neuen Woche richtig Fahrt auf!

08.08. - Die atlantische Hurrikansaison 2025: Prognosen und Ist-Zustand