Wer schon einmal eine Wanderung oder Skitour in den Alpen geplant hat, kennt das Problem: Der Wetterbericht klingt vielversprechend - doch vor Ort herrschen plötzlich Nebel, Wind oder Regen. Warum ist das Wetter in den Bergen so oft anders als angekündigt?
Ein Grund ist das Gelände selbst. Berge und Täler beeinflussen die Luftströmungen stark - viel stärker als flacheres Gelände. Dazu kommt: Auch großräumige Luftbewegungen, wie der Jetstream in mehreren Kilometern Höhe, wirken sich auf das lokale Wetter aus. All diese Prozesse greifen ineinander; vom kleinen Windwirbel am Berghang bis hin zum großflächigen Tiefdruckgebiet über Europa.
Ein Forschungsprojekt mit vielen Blickwinkeln
Genau hier setzt das internationale Forschungsprogramm TEAMx (kurz für Multi-scale Transport and Exchange Processes in the Atmosphere over Mountains - Programme and Experiment) an. Diese groß angelegte Initiative bringt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Europa und darüber hinaus zusammen, um die komplexen atmosphärischen Prozesse im Gebirge besser zu verstehen und in Wetter- und Klimamodellen genauer abzubilden. Dafür lief seit Herbst 2024 eine groß angelegte Messkampagne in den Alpen: die TEAMx Observational Campaign, kurz TOC.
Die erste intensive Messphase fand im Winter 2024/25 statt, bis vor Kurzem lief die zweite – vom 16. Juni bis 25. Juli. Mehr als 15 Messstationen im Inntal, Etschtal, den Sarntaler Alpen (Südtirol) und im bayerischen Alpenvorland lieferten rund um die Uhr Daten zu Wind, Temperatur und Feuchte. Dabei kamen neben Wetterballons und Drohnen auch drei Forschungsflugzeuge zum Einsatz.
Untersucht wurden unter anderem typische Phänomene wie Tal- und Hangwinde, Wolkenbildung an Gebirgskämmen oder der Transport von Feuchtigkeit und Luftschadstoffen. Die gewonnenen Daten werden nicht nur für TEAMx ausgewertet, sondern später auch anderen Forschenden zur Verfügung gestellt.


Von der Wettervorhersage bis zum Klimawandel
Das Ziel ist ehrgeizig: TEAMx will Wetter- und Klimamodelle so verbessern, dass sie Gebirgsregionen realistischer abbilden. Davon profitieren nicht nur Wanderer bei der Tourenplanung, sondern auch Behörden bei der Einschätzung von Unwettergefahren - und langfristig sogar die Klimaforschung.
Denn ob Prognosen über einen Hitzesommer mit 40 °C auch für die Alpen gelten oder wie sich Starkregen in engen Tälern entwickelt, hängt maßgeblich davon ab, wie gut die Modelle die speziellen Bedingungen im Gebirge erfassen. Dafür fehlen bisher wichtige Messdaten - genau die will TEAMx nun liefern.
Auf der Projekt-Homepage werden die vier wichtigsten wissenschaftlichen Ziele von TEAMx wie folgt zusammengefasst:
1. Verbesserung des qualitativen und quantitativen Verständnisses von Transport- und Austauschprozessen sowohl zwischen der Erdoberfläche und der Atmosphäre als auch innerhalb der Atmosphäre
2. Evaluierung und Verbesserung von Wetter- und Klimamodellen über Bergregionen
3. Bereitstellung eines einzigartigen Beobachtungsdatensatzes, der zur Untersuchung eines breiten Spektrums von Transport- und Austauschprozessen in Gebirgsregionen und ihrer räumlich-zeitlichen Variabilität verwendet werden kann
4. Verringerung von Fehlern in Impact-Modellen durch Weitergabe der gewonnenen Ergebnisse an Wetter- und Klimadienstleister


Ein Projekt mit internationalem Rückhalt
Insgesamt sind über 25 Institutionen und über 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beteiligt, auch die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) unterstützt das Projekt TEAMx. "Die weitreichende Bedeutung der Messkampagne zeigt sich nicht nur an den beteiligten Forschungsgruppen, sondern auch an der Mitwirkung mehrerer Wetterdienste", sagt Prof. Mathias Rotach von der Universität Innsbruck, wissenschaftlicher Leiter des internationalen Konsortiums TEAMx.
Auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) ist als nationaler Partner aktiv in TEAMx eingebunden - sowohl bei der Feldkampagne als auch bei der Durchführung von Modellstudien.
Und zum Schluss ein Ausblick in eigener Sache: Eine geplante Ausgabe der deutschsprachigen meteorologischen Fortbildungszeitschrift "promet" wird sich dem Thema Gebirgsmeteorologie widmen (Herausgabe vsl. Anfang 2027). Darin werden auch die Ergebnisse von TEAMx einfließen und anschaulich aufbereitet.