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29. Januar 2023 | Dipl.-Met. Marcus Beyer

Schwere Überflutungen im Norden von Neuseeland

Schwere Überflutungen im Norden von Neuseeland

Datum 29.01.2023

Auf der Nordinsel Neuseelands gab es am vergangenen Freitag (27.01.) große Regenmassen, die zu teils verheerenden Überflutungen in und rund um Auckland geführt haben. Das heutige Tagesthema blickt auf die Hintergründe dieses Ereignisses.

Was ist passiert?

Am vergangenen Freitag ging in Teilen der Nordinsel von Neuseeland sprichwörtlich die Welt unter. Insbesondere rund um Auckland fiel innerhalb weniger Stunden so viel Niederschlag, wie sonst im gesamten Sommer. Der Wetterdienst von Neuseeland meldete in einem Zeitraum von Freitag Mitternacht bis Samstagmittag (36 h) Werte von über 300 mm. In Auckland hat die Station im Albert Park 299,5 mm gemessen. Ein großer Teil des Niederschlags fiel dabei am Freitag zwischen 3 Uhr und 21 Uhr (18 h). In Auckland Albany waren dies zum Beispiel 260,6 mm.


Auf der Grafik sieht man die Niederschlagsmessungen für verschiedene Stationen auf der Nordinsel von Neuseeland.
Auf der Grafik sieht man die Niederschlagsmessungen für verschiedene Stationen auf der Nordinsel von Neuseeland.


Auswirkungen

Es überrascht nicht, dass eine solch große Regenmenge in einer Millionenstad wie Auckland zu verheerenden Folgen geführt hat. Ganz Straßenzüge standen unter Wasser, sodass ein großer Teil des Straßenverkehrs zusammengebrochen ist. Zahlreiche Häuser wurden überflutet, so unter anderem auch der Flughafen. Leider sind bei den Überflutungen auch mindestens drei Menschen ums Leben gekommen.


Die beiden Bilder zeigen die Auswirkungen der Extremniederschläge. Zu sehen ist der überflutete Flughafen von Auckland (links) und eine Hauptverkehrsstraße in Tamaki Makaurau (Auckland)(rechts).
Die beiden Bilder zeigen die Auswirkungen der Extremniederschläge. Zu sehen ist der überflutete Flughafen von Auckland (links) und eine Hauptverkehrsstraße in Tamaki Makaurau (Auckland)(rechts).


Klimatologische Einordnung

Betrachtet man die klimatologische Einordnung der Regenfälle, dann wird schnell klar, dass es sich um ein außergewöhnliches Ereignis handelt. Die Aufzeichnungen am Flughafen von Auckland gehen bis 1962 zurück. Der bisherige Rekord für 24-stündige Niederschlagsmengen lag dort bei 161,8 mm am 17.Februar 1985. Dieser Rekord wurde um ganze 100 mm überboten und damit nahezu pulverisiert. Das Ereignis vom Freitag lässt sich also ohne Probleme als Jahrhundertereignis einstufen, auch wenn in Zeiten des Klimawandels solche Aussagen mit Vorsicht zu genießen sind.


In der Grafik sind die 24 h Niederschlagsrekorde für den Flughafen von Auckland gelistet. Das Ereignis vom Freitag, den 27.01.2023 übertrifft die bisherigen Rekorde um 100 mm. (Quelle Wetterdienst Neuseeland)
In der Grafik sind die 24 h Niederschlagsrekorde für den Flughafen von Auckland gelistet. Das Ereignis vom Freitag, den 27.01.2023 übertrifft die bisherigen Rekorde um 100 mm. (Quelle Wetterdienst Neuseeland)


Ursachen für das Ereignis

Was aber sind die Gründe für das außergewöhnliche Ereignis vom Freitag? Um große Niederschlagssummen zu bekommen, braucht es im Wesentlichen zwei Hauptzutaten: Erstens eine große Niederschlagseffizienz und zweitens eine möglichst lange Andauer.

Niederschlagseffizienz

Bei der Niederschlagseffizienz geht es darum möglichst viel Flüssigwasser in der Wolke zu produzieren. Um das zu erreichen, benötigt man in der gesamten Troposphäre möglichst viel Feuchtigkeit.
Man kann sich zum Beispiel sogenannte Vertikalprofile anschauen. Dargestellt werden immer die Temperatur und der Taupunkt. Letzterer ist ein Maß für den Feuchtegehalt der Luft. Wenn die Temperatur dem Taupunkt entspricht, dann ist die Atmosphäre mit Wasserdampf zu gesättigt (relative Feuchte: 100 %). Betrachtet man ein Analyseprofil unseres ICON-Modells an, so erkennt man, dass alle Luftschichten bis zur Tropopause bei etwa 12 km Höhe entweder gesättigt sind, oder eine hohe relative Luftfeuchte aufweisen.
Ein anderes Maß zu Beurteilung ist die sogenannte Dicke der warmen Wolkenschicht. Darunter versteht man den Bereich der Wolke, in dem die Temperatur über 0 Grad liegt und entsprechend viel Flüssigwasser angereichert werden kann. Man sieht, dass die Nullgradgrenze auf eine Höhe von fast 4000 m liegt, was in etwas auch der Dicke der warmen Wolkenschicht entspricht. In aller Regel kann man bei einer Dicke von mindestens drei Kilometern davon ausgehen, dass das Potential für viel Flüssigwasser vorhanden und die beteiligte Luftmasse subtropischen Ursprung hat. Dies war an diesem Tag gegeben.


Die Grafik zeigt das Vertikalprofil mit dem zugehörigen vertikalen Windprofil von Auckland. Es handelt sich um eine Analyse des ICON Modells. Zu erkennen ist ein hochreichend gesättigtes Vertikalprofil, eine hohe Nullgradgrenze und kräftige Nordostwinde.
Die Grafik zeigt das Vertikalprofil mit dem zugehörigen vertikalen Windprofil von Auckland. Es handelt sich um eine Analyse des ICON Modells. Zu erkennen ist ein hochreichend gesättigtes Vertikalprofil, eine hohe Nullgradgrenze und kräftige Nordostwinde.


Ein weiteres gutes Maß für die Niederschlagseffizienz ist die Menge an ausfällbaren Wasser. Es handelt sich dabei um ein Maß um den potentiellen Wassergehalt einer Wolke beurteilen zu können. Werte die über 30 oder gar 40 mm (oder kg/m²) liegen, sind als hohe Werte einzustufen. Für die relevante Gegend in Neuseeland wurden Werte bis nahe 50 mm erreicht.

Andauer

Auf der nachfolgenden Karte kann man auch noch etwas zur zweiten Zutat sagen, der Andauer. Man erkennt, dass knapp westlich von Auckland ein Tiefdruckgebiet lag, während über dem nahen Pazifik ein kräftiges Hoch zu finden war. Damit ergab sich eine nord-nordöstliche Anströmungsrichtung, die in 1km Höhe eine Geschwindigkeit bis 85 km/h aufwies. Zudem war die Anströmung konvergent, das heißt, die Winde strömten zusammen. So kam die Strömung westlich der Konvergenz aus Norden, während sie weiter östlich eher aus Nordost kam. Wenn Luft zusammenströmt, dann hat das zur Folge, dass diese aufsteigen muss (Hebung). Das resultierende kräftige Hebungsgebiet lag nun nahezu ortsfest über mehrere Stunden genau im Anströmungsbereich von Auckland. Die Folge war eine lange Andauer der Niederschläge


In der Grafik sieht man das zur Verfügung stehende ausfällbares Wasser also Maß für den Niederschlagsgehalt in der Atmosphäre. Außerdem erkennt man in den Bodenwinden eine konvergente Strömung, die zu kräftigen Hebungsimpulsen führt.
In der Grafik sieht man das zur Verfügung stehende ausfällbares Wasser also Maß für den Niederschlagsgehalt in der Atmosphäre. Außerdem erkennt man in den Bodenwinden eine konvergente Strömung, die zu kräftigen Hebungsimpulsen führt.


Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass die Region im Anströmungsbereich eine Luftmasse mit hoher Niederschlagseffizienz lag, die zudem nahezu ortsfest über mehrere Stunden liegen blieb. Beide Zutaten zusammengenommen führten zum beschriebenen Ergebnis. Weitere Einflussfaktoren waren zudem die hohen Anomalien der Wassertemperatur sowie die Orografie und Oberflächenbeschaffenheit der Region. Durch das außergewöhnlich warme Meereswasser konnte zusätzlich viel Flüssigwasser verdunsten und so den Wassergehalt nochmals erhöhen. Hügeliges Gelände und versiegelte Stadtflächen wirkten begünstigend auf das Überflutungsgeschehen.


Zu sehen ist die Anomalie der Wassertemperatur im Vergleich zu den vieljährigen Mittelwerten. In großen Bereichen rund um die beiden Hauptinseln von Neuseeland sieht man deutlich wärmere Wassertemperaturen, als im Durchschnitt.
Zu sehen ist die Anomalie der Wassertemperatur im Vergleich zu den vieljährigen Mittelwerten. In großen Bereichen rund um die beiden Hauptinseln von Neuseeland sieht man deutlich wärmere Wassertemperaturen, als im Durchschnitt.


Wie geht es weiter?

Zu guter Letzt noch ein Blick auf die Aussichten. Auch weiterhin muss in den nächsten Tagen mit teils kräftigen Niederschlägen gerechnet werden. Diese liegen zwar bezüglich der Mengen voraussichtlich etwas niedriger als am Freitag, bei der Vorgeschichte sind diese aber allemal für neue Überschwemmungen ausreichend, zumal punktuell auch nochmal etwas größere Mengen auftreten können. Entsprechend gibt es vom Wetterdienst Neuseelands auch wieder neue Warnungen (https://www.metservice.com/warnings).


Die beiden Grafiken zeigen die Prognose des Niederschlages bis zum Samstag. Links dargestellt ist das deutsche ICON-Modell, rechts erkennt man die Prognose des europäischen ECMWF-Modells (Lauf jeweils 29.01.2023, 00 UTC).
Die beiden Grafiken zeigen die Prognose des Niederschlages bis zum Samstag. Links dargestellt ist das deutsche ICON-Modell, rechts erkennt man die Prognose des europäischen ECMWF-Modells (Lauf jeweils 29.01.2023, 00 UTC).




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