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21. Juni 2025 | MSc Sonja Stöckle

Sonnengruß zum Sommeranfang

Sonnengruß zum Sommeranfang

Datum 21.06.2025

Heute ist nicht nur der längste Tag des Jahres, sondern auch Welt-Yoga-Tag. Passend zum kalendarischen Sommeranfang wird es so heiß, dass Hot Yoga wohl auch unfreiwillig zum Thema werden kann.

Während in der Meteorologie schon seit drei Wochen von Sommer gesprochen wird, hat nun auch der kalendarische Sommer begonnen. Und zwar exakt heute, am 21. Juni 2025 um 04:42 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) – mit der Sommersonnenwende, jenem Moment, an dem die Sonne senkrecht über dem nördlichen Wendekreis (23° 26′ nördlicher Breite) steht. Für Hatha-Yogis könnte man sagen: Mutter Erde hat heute früh ihre Wirbelsäule exakt in Tadasana über dem Wendekreis aufgerichtet – ruhig, zentriert und im Gleichgewicht zwischen Licht und Schwerkraft.


Illustration der unterschiedlichen Tageslängen zur Sommersonnenwende am 21. Juni. (Quelle Diercke Weltatlas/Thomas Steiner (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tageslaenge.svg))
Illustration der unterschiedlichen Tageslängen zur Sommersonnenwende am 21. Juni. (Quelle Diercke Weltatlas/Thomas Steiner (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tageslaenge.svg))


In Schweden wird dieser astronomische Höhepunkt traditionell mit Blumenkränzen, Volkstänzen und jeder Menge Hering gefeiert – in Deutschland neigen wir wohl eher zum Genuss von Grillwürstchen bei den sommerlich heißen Temperaturen heute. Egal wie: Es ist der Moment im Jahr, an dem unsere nördliche Halbkugel maximal der Sonne zugewandt ist. Und auch wenn sich der genaue Zeitpunkt der Sonnenwende in den verschiedenen Zeitzonen unterscheidet – in Los Angeles war sie beispielsweise schon am 20. Juni um 19:42 Uhr Ortszeit – findet das Ereignis physikalisch betrachtet überall gleichzeitig statt. Zeitzonen sind menschengemacht, die Sonne kennt nur das Jetzt. Und das ist sehr yogisch.
Dass sich Yogis besonders frühmorgens auf die Matte begeben, ist kein Zufall. In der Stille der Dämmerung, wenn die Luft noch kühl ist und die Welt langsam erwacht, lässt sich die Verbindung zur Natur besonders intensiv spüren. Doch ausgerechnet zur Sommersonnenwende, dem längsten Tag des Jahres, ist der Sonnenaufgang nicht am frühesten. In München beispielsweise ging die Sonne am 15. Juni um 05:12 Uhr auf – heute, am 21. Juni, war sie erst um 05:13 Uhr über dem Horizont. Nur wer mit einer sehr präzisen inneren Uhr praktiziert, bemerkt diese astronomischen Nuancen. Für alle anderen gilt: Die Sonne ist da, also los – der Sonnengruß ruft.

Und auch beim Sonnenuntergang wird's paradox: Trotz maximaler Tageslänge verabschiedet sich die Sonne erst einige Tage nach der Sonnenwende am spätesten. In Hamburg-Mitte zum Beispiel erreicht der Sonnenuntergang am 24. Juni 2025 um 21:54:12 Uhr seinen spätesten Zeitpunkt. Ursache dafür sind zwei himmlische Tatsachen: die Neigung der Erdachse und die leicht elliptische Umlaufbahn der Erde um die Sonne. Diese sorgen dafür, dass sich die tägliche Sonnenlaufbahn nicht exakt gleichmäßig verändert – ein kosmisches Spiel aus Tempo und Winkel. Wenn das mal kein Anlass für eine achtsame Gehmeditation ist. Auf jeden Fall ist der Energiefluss heute enorm, was zumindest bei den Photovoltaikanlagen ablesbar ist. Der längste Tag überschneidet sich dieses Jahr mit einem ganztags nahezu wolkenfreien Himmel.
Übrigens: Wer meint, im Sommer sei die Erde der Sonne besonders nah, liegt falsch. Tatsächlich ist unser Planet im Juni etwa fünf Millionen Kilometer weiter von der Sonne entfernt als im sonnenschwachen Dezember. Die Jahreszeiten verdanken wir nicht der Distanz, sondern dem Kipp der Erdachse – einem 23,5°-Neigungswinkel, der unser Klima rhythmisiert. Ein bisschen wie die Balancehaltung im Yoga: Nur durch bewusstes Aus-dem-Gleichgewicht-Kommen entsteht Bewegung und Wachstum.

Wer glaubt, der längste Tag sei auch automatisch der heißeste, irrt gewaltig. Ähnlich wie beim Yoga, wo die Wirkung mancher Asanas erst in der Ruhe danach spürbar wird, hinkt die Atmosphäre dem Sonnenmaximum hinterher. Zwar erhalten wir zur Sommersonnenwende die meiste Sonnenenergie pro Tag, aber die Lufttemperatur folgt mit Verzögerung. Warum? Weil die Erde – insbesondere die Ozeane – Zeit brauchen, um sich aufzuheizen. Es wird tagsüber noch eine ganze Weile mehr Energie aufgenommen als nachts wieder abgestrahlt wird. Deshalb liegt das Hitze-Maximum oft erst im Juli.

Auch das aktuelle Wetter zeigt sich ganz im yogischen Sinne von „Tapas“, der Entfachung eines inneren Feuers: Schon heute knackten viele Orte im Westen Deutschlands die 30-Grad-Marke. Am morgigen Sonntag erwarten uns landesweit Temperaturen zwischen 30 und 37 Grad (siehe Thema des Tages 20.06.2025). Da wird selbst der „herabschauende Hund“ zur schweißtreibenden Prüfung – besonders auf aufgeheizten Stadtbalkonen oder in der überfüllten Wiese im Park. „Hot Yoga“ wird dann für viele zur unfreiwilligen Variante.


Wettervorhersage mit Maximaltemperaturen für den morgigen Sonntag, den 21.06.2025 (Quelle Deutscher Wetterdienst)
Wettervorhersage mit Maximaltemperaturen für den morgigen Sonntag, den 21.06.2025 (Quelle Deutscher Wetterdienst)



Yogierender Wetterfrosch. (Quelle ChatGPT)
Yogierender Wetterfrosch. (Quelle ChatGPT)


Doch genau hier kommt der wahre Yoga-Geist zum Tragen: Akzeptanz. Wenn der Asphalt flimmert und der Schweiß neue Wege über den Körper findet, hilft kein Widerstand. Nur Hingabe. Ob im „Fisch“, im „Kamel“ oder schlicht in der Bauchlage – wer atmen kann, kann praktizieren. Auch wenn’s klebt.
Also: Namasté. Mögen eure Asanas stabil stehen, eure Sonnencreme halten – und euer Herz offenbleiben, egal wie hoch das Thermometer klettert.



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