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21. August 2021 | Dipl.-Met. Tobias Reinartz

F, EF und T: Von der Vielfalt der Tornado-Intensitätsskalen

F, EF und T: Von der Vielfalt der Tornado-Intensitätsskalen

Datum 21.08.2021

Fujita-, Enhanced-Fujita- und Torro-Skala: Drei Skalen zur Beurteilung der Stärke eines Tornados. Was jeweils dahintersteckt und wie der Tornado am vergangenen Montag bei Großheide klassifiziert wurde, lesen Sie im heutigen Thema des Tages.

Dass Tornados nicht nur in den USA auftreten, wurde am vergangenen Montag (16.08.2021) einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt, als ein Tornado im äußersten Nordwesten Niedersachsens schwere Schäden in Teilen der Gemeinde Großheide anrichtete.


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Tatsächlich können Tornados quasi überall auf der Welt zu jeder Zeit auftreten. In Deutschland werden pro Jahr etwa 20 bis 60 Tornados gesichtet, wobei die Dunkelziffer noch um einiges höher liegen dürfte. Denn dadurch, dass Tornados einerseits sehr kleinräumige Phänomene und andererseits meist nur von kurzer Dauer sind (oft nur wenige Sekunden bis mehrere Minuten), werden einige von ihnen überhaupt nicht bemerkt. Dazu kommt, dass manche vom Regen verhüllt werden oder durch Wälder und Hügel die freie Sicht auf sie verdeckt ist.

Doch zurück zum Tornado in Großheide. Dieser wurde mittlerweile als F2- bzw. T5-Tornado eingestuft. Das bedeutet, dass man davon ausgeht, dass er für Böen etwa zwischen 220 und 250 km/h sorgte. Wie man darauf kommt? Ob da jemand mit einem Windmesser durch den Wirbelsturm gelaufen ist? Nein, natürlich nicht. Das wäre sicherlich sehr "ungesund" gewesen - beschönigend gesagt. Die Stärke eines Tornados wird anhand der Schäden, die er hinterlässt, abgeschätzt.

Eine Einteilungshilfe bietet dabei die 1971 von Dr. T. Theodore Fujita entwickelte und nach ihm benannte Fujita-Skala. Sie umfasst insgesamt 13 Stufen von F0 (schwach) bis F12 (dafür gibt es wohl keinen Begriff...), wobei der Bereich von F6 bis F12 nur theoretische Fälle beschreibt, die noch nie beobachtet wurden. Bisher war also stets bei F5 Schluss, was aber auch mehr als ausreicht, um für unglaubliche Verwüstungen zu sorgen. Denn diese Kategorie ist mit einer Geschwindigkeitsspanne von 419 bis 512 km/h definiert, was letztlich dazu führen kann, dass stabile Gebäude aus ihren Fundamenten gehoben und Stahlbetonkonstruktionen beschädigt werden können. Außerdem können Autos hunderte Meter durch die Luft geschleudert oder sogar Baumstämme komplett entrindet werden.

Zum Glück sind F5-Tornados nur sehr selten anzutreffen - selbst in den USA. Dort trat der letzte am 20.05.2013 auf, der die Stadt Moore in Oklahoma teilweise dem Erdboden gleichmachte. In Deutschland muss man etwas tiefer in der Historie graben, wird dann aber ebenfalls fündig: So trat am 29.06.1764 ein F5-Tornado in Mecklenburg auf, der sogar Baumstümpfe aus dem Boden herausgerissen haben soll, und ein weiterer wurde am 23.04.1800 in Sachsen beobachtet (Quelle: tornadoliste.de).

Ganze drei Stufen schwächer (aber alles andere als schwach) ist die Kategorie, in die der Tornado vom vergangenen Montag fällt: die F2-Kategorie. Hier bewegen sich die Windgeschwindigkeiten zwischen 181 und 253 km/h. Dabei können - wie in Großheide gesehen - ganze Dächer abgedeckt und große Bäume gebrochen bzw. entwurzelt werden. Dazu kann ein Sturm dieser Stärke u.a. Wohnwägen zerstören oder Güterwagons umwerfen.

Im Jahr 2007 ging man in den USA dazu über, die Fujita-Skala zur sogenannten Enhanced-Fujita-Skala auszuweiten. Sie umfasst zwar weiterhin nur sechs Kategorien (EF0 bis EF5), ist aber etwas feiner als ihr "Vorgänger", denn mit EF5 wird ein Tornado nun bereits ab rund 320 km/h betitelt. Das entspricht grob gesagt einem F4-Tornado. Hintergrund war, dass aufgrund der in den USA verbreiteten Leichtbauweise teilweise gar nicht unterschieden werden konnte, ob nun ein F4 oder ein F5 für die Verwüstungen verantwortlich war.

Im Gegensatz dazu findet in Europa neben der populären Fujita-Skala auch die sogenannte Torro-Skala ihre Anwendung. Sie wurde ursprünglich in den 1970ern in Großbritannien entwickelt und von der Organisation TorDACH (Kompetenzzentraum für lokale Unwetter in Deutschland, Österreich und der Schweiz) weiter angepasst. Sie berücksichtigt die in Europa insgesamt doch deutlich stabilere Bauweise und reicht von T0 (65-90 km/h) bis T11 (468-515 km/h). Damit ist sie deutlich feiner als die amerikanischen Skalen. Eine ausführliche und eindrucksvolle Übersicht dazu finden Sie beispielsweise auf dem Internetauftritt von Skywarn unter https://t1p.de/yn1p . Der Tornado bei Großheide wurde wie oben beschrieben als T5-Tornado eingestuft, es dürften also Böen zwischen 220 und etwa 250 km/h aufgetreten sein.

Doch egal, welche Skala man nun anwendet, es bleibt immer zu hoffen, dass Tornados wenn überhaupt nur materielle Schäden anrichten.



© Deutscher Wetterdienst

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