Facebook Twitter
Drucken
18. Juli 2020 | MSc.-Met. Sebastian Schappert

Erneuter Wetterumschwung voraus

Erneuter Wetterumschwung voraus

Datum 18.07.2020

In den kommenden beiden Tagen steht erneut ein Wetterumschwung ins Haus, der mit einigen kräftigen Gewittern einhergehen wird. Besonders aufgrund heftigen Starkregens können diese auch unwetterartig ausfallen.

Am heutigen Samstag, dem 18.07.2020, ist von einem bevorstehenden Wetterumschwung nur wenig zu spüren. Hoch "Zebedäus" sorgt in weiten Teilen Deutschlands für ruhiges Wettergeschehen und hat einiges an Sonnenschein im Gepäck. Nur im Südosten sorgt ein Höhentief noch für dichtere Wolken und etwas Regen. Auch im Nordwesten ziehen im heutigen Tagesverlauf immer mal wieder ein paar Wolkenfelder durch, die sich dann ausgangs der kommenden Nacht zum Sonntag verdichten. Hier kündigt sich bereits der Ausläufer von Tief "Zanarin" an, dessen Kern aktuell im Europäischen Nordmeer zu finden ist und von dort zunehmend in das Wettergeschehen in Deutschland eingreift.


Zum Vergrößern bitte klicken
Zum Vergrößern bitte klicken


Aber zunächst wird am morgigen Sonntag ein anderer Schauplatz interessant: Im Osten des Landes, genauer gesagt von Vorpommern über die Lausitz bis zum Erzgebirge sowie im Südosten, fließt mit einer zunächst noch östlichen Strömung sehr feuchte und energiereiche Luft ein. Ab dem Nachmittag können sich in dieser Luftmasse dann teils kräftige Schauer und Gewitter bilden, die lokal eng begrenzt mit einzelnen Sturmböen und kleinem Hagel einhergehen. Die Hauptgefahr wird jedoch von unwetterartigem Starkregen ausgehen.

Dabei ist es jedoch gar nicht so einfach, Starkregenereignisse vorherzusagen. Denn, genauso wie bei der Gewittervorhersage, ist eine exakte räumliche und zeitliche Eingrenzung nicht oder nur begrenzt möglich. Stattdessen schätzt man ein bestimmtes Gebiet ab, in dem ein gewisses Potenzial für Starkregen besteht, wenngleich das Phänomen dort dann nur lokal auftritt, jedoch eng begrenzt sehr heftig ausfallen kann. Als Indikator für die Abschätzung des Starkregenpotenzials dient dem Vorhersagemeteorologen das sogenannte "niederschlagbare Wasser" der Atmosphäre (engl. "precipitable water", kurz ppw). Darunter versteht man die Menge an Wasserdampf, die in einer vertikalen Luftsäule vom Boden bis zum oberen Rand der Troposphäre enthalten ist. Das niederschlagbare Wasser wird dabei meist in Millimetern angegeben.

Niedrig sind die ppw-Werte beispielsweise bei trockenen arktischen Luftmassen im Winter. Oft liegen sie dann nur bei 5 mm oder darunter. Im Sommer, wenn feuchte Subtropenluft zu uns geführt wird, können die Werte durchaus auch 40 mm überschreiten. Am morgigen Sonntagabend simuliert das deutsche Wettermodell ICON6 ein erhöhtes niederschlagbares Wasser in einem breiten Streifen von Vorpommern bis zum Erzgebirge mit Werten von 31 bis 36 mm, lokal auch etwas darüber. Somit befinden sich in der Luftsäule vor Ort etwa 35 Liter Wasser, die dann, wenn sie vollständig ausregnen und nicht abfließen würden, am Boden auf einer Grundfläche von einem Quadratmeter 35 mm bzw. 3,5 cm hoch stehen.

Allerdings sind noch weitere Faktoren bei der Starkregenvorhersage zu beachten. Denn bei Gewittern können die Niederschlagsmengen auch deutlich größer als die Werte des niederschlagbaren Wassers ausfallen. Im Fall einer bodennahen Konvergenz strömt feuchte Luft aus der Umgebung am Erdboden zusammen, wird zum Aufsteigen gezwungen und führt dem Gewitter so zusätzliche Feuchte zu. Auch die Zuggeschwindigkeit von Schauer- und Gewitterzellen muss berücksichtigt werden. Denn am morgigen Sonntag geht die Gefahr besonders von stehenden oder sich sehr langsam verlagernden Zellen aus, die in einem kleinen Gebiet über längere Zeit für Starkregen sorgen können. Dann sind lokal eng begrenzt auch durchaus bis zu 40 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit möglich, bei wiederholten Gewittern können sogar um 50 Liter pro Quadratmeter in wenigen Stunden nicht ganz ausgeschlossen werden.

Eine weitere "Gewitter-Baustelle" am Sonntag wird eine Konvergenz im Vorfeld des Tiefausläufers sein. Zwar sind die Voraussetzungen für Gewitter vom Sauerland und Ostwestfalen bis zur Lübecker Bucht deutlich schlechter, als sie es im Osten des Landes sind. Dennoch können gerade im Bereich einer Konvergenz, die sich in diesen Regionen ausbilden wird, ebenfalls einzelne Schauer und Gewitter entstehen. Bei ppw-Werten zwischen 24 und 30 mm ist die Luft aber etwas trockener. Zudem sollten sich die Gewitterzellen auch etwas schneller bewegen, sodass dort die Unwettergefahr bezüglich Starkregen geringer ausfällt.

In der Nacht zum Sonntag greift dann der Tiefausläufer schließlich auf den Nordwesten Deutschlands über. Dabei helfen ihm Hebungsimpulse aus höheren Luftschichten, die Nacht recht aktiv zu überstehen. So muss im Nordwesten mit schauerartigem, teils gewittrigem Regen gerechnet werden, der sich bis Montagfrüh auf die gesamte Nordwesthälfte ausdehnt.

Auch der Montag wird wettertechnisch noch einmal spannend. Der Tiefausläufer kommt bis in die Mitte des Landes voran und bringt rückseitig trockenere und kühlere Luft mit sich. Somit ist die Gewittergefahr im Norden und Nordwesten erst einmal gebannt. Im Vorfeld des Tiefausläufers können jedoch vor allem von den zentralen Mittelgebirgen bis in den Osten nochmals einzelne Schauer und Gewitter auftreten. Allerdings ist die räumliche Ausdehnung zurzeit noch etwas unsicher. Die Gefahr von Starkregen (und somit auch die Unwettergefahr) fällt bei ppw-Werten von 23 bis 27 mm zudem deutlich geringer aus als noch am Sonntag im Osten.



© Deutscher Wetterdienst