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25. November 2019 | MSc.-Met. Sebastian Schappert

Rollende Haufenwolken surfen

Rollende Haufenwolken surfen

Datum 25.11.2019

Die "Morning Glory Cloud" ist für sich genommen schon spektakulär anzusehen. Im Norden Australiens treffen sich sogar erfahrene Gleitschirmflieger, um die rollende Haufenwolke zu surfen.

Jedes Jahr im australischen Frühling, wenn in unseren Breiten der Herbst allmählich Einzug hält, zieht es "Wolkensurfer" in den Golf von Carpentaria im Norden Australiens. Denn von September bis November tritt dort wieder häufiger ein besonders beeindruckendes Phänomen auf: die sogenannte "Morning Glory Cloud".


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Den Namen hat die Morning Glory Cloud ursprünglich durch ihre Ankunftszeit an der Küste in Queensland (Australien) erhalten. In der Morgendämmerung nähert sich die tiefe, walzenförmige und langsam um ihre horizontale Achse rotierende Wolke mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 km/h an. Insgesamt kann sie sich über eine Länge von mehreren Hundert Kilometern erstrecken und ist nur Hunderte Meter bis wenige Kilometer hoch und breit. Bei günstigen Bedingungen können auch mehrere dieser Wolkenschlangen in einer regelmäßigen Anordnung hintereinander gesichtet werden. Das Satellitenbild im Anhang an das Thema des Tages (linke Grafik) vom Norden Australiens zeigt dieses Spektakel am 18. August dieses Jahres von oben.

Unter Drachen- und Segelfliegern wird es zunehmend ein Sport, diese faszinierende Wolke zu "surfen". Aber nicht nur die Flieger sind an ihr interessiert. Ende September findet das Morning Glory Festival zu Ehren des Phänomens in der Kleinstadt Burketown (Australien) statt. Außerdem handelt es sich meteorologisch gesehen um eine äußerst interessante und eigentlich sehr selten anzutreffende Wolkenform. Entsprechend widmen sich auch Wissenschaftler der Erforschung dieser Wolke. Seit dem Jahr 2017 wurde die Wolkenart sogar im offiziellen Wolkenatlas der UN-Unterorganisation für Meteorologie (kurz: WMO) aufgenommen und als "Strato- bzw. Altocumulus volutus" benannt (siehe Link unter dem Thema des Tages).

Die Entstehung dieser außerordentlichen Wolke ist bislang allerdings noch nicht ganz verstanden. Eine der Theorien geht davon aus, dass die Land-Seewind-Interaktion auf der Kap-York-Halbinsel, die den Golf von Carpentaria nach Westen hin begrenzt, am Abend vor dem Auftreten der rollenden Haufenwolke eine bedeutende Rolle bei der Entstehung spielt. Über Land werden dort die Luftmassen tagsüber stark erwärmt und steigen auf. Von beiden Seiten der Halbinsel fließt dann kühlere Meeresluft von der See zum Ausgleich nach. Die so aufeinandertreffenden Seewinde müssen dann ebenfalls in die Höhe ausweichen und erzeugen eine Konvergenz (siehe http://www.dwd.de/lexikon), die als große, turbulente Welle in einer östlichen bis nordöstlichen Strömung in der Nacht dann Kurs über den Golf von Carpentaria nimmt. Diese Welle kann man sich wie eine Wasserwelle mit einer geraden Kammlinie vorstellen, nur eben aus Luft. Das Besondere an dieser speziellen Welle ist nun, dass sie sich recht stabil über große Distanzen ohne Änderung ihrer Form fortsetzen kann.

An der Frontseite der Welle kommt es zu Aufwinden, mit welchen die Luftmassen zum Aufsteigen gezwungen werden und so den Gleitschirmfliegern ideale Bedingungen zum Wolkensurfen bieten. Im hinteren Bereich sinkt die Luft hingegen wieder ab. Deshalb sollten sich nur erfahrene Flieger auf das Abenteuer einlassen. Ist die Atmosphäre im Golf von Carpentaria nun sehr feucht und gegen Morgen von der fehlenden Einstrahlung in der Nacht auch ausreichend abgekühlt, kann der Wasserdampf in der Luft am Scheitel der Welle kondensieren, wodurch die charakteristische rollende Wolke entsteht.

Aber nicht nur im Golf von Carpentaria kann sich die Morning Glory Cloud bilden. Es gibt weitere Beobachtungen auf der ganzen Welt, wie beispielsweise von Daniela Mirner Eberl im Januar 2009 in Maldonado, Uruguay festgehalten (rechte Grafik). Allerdings ist der Australische Golf bisher der einzig bekannte Ort, an dem diese faszinierende Wolke einigermaßen regelmäßig auftritt und auch vorhersagbar ist, was es für Wissenschaftler einfacher macht, dieses Phänomen zu beobachten und zu untersuchen.



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