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12. September 2019 | Dipl.-Met. Adrian Leyser

"High-Impact-Wetter": Heftige Regenfälle am westlichen Mittelmeer

"High-Impact-Wetter": Heftige Regenfälle am westlichen Mittelmeer

Datum 12.09.2019

Schwere Unwetter werden im westlichen Mittelmeerraum erwartet. Heftige Starkregenfälle erfassen vor allem Teile der Balearen sowie Südost-Spanien.

Wer kennt es nicht: Der Herbst ist da, die Tage werden kürzer, die Sommerwärme schwindet. Gerade als Sonnen- und Wärmeanbeter schaut man da fast sehnsüchtig in die Kataloge der Reiseanbieter: Schnell ans Mittelmeer und nochmal Sonne und Wärme am Strand genießen - wunderbar! Im Herbst kann man mit "Last-Minute ans Mittelmeer" aber schnell auch mal auf die Nase fallen, zumindest, wenn man im Vorfeld nicht auf die Wettervorhersagen achtet.


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Das Wasser des Mittelmeers ist (noch) warm, die aus Norden mitunter weit nach Süden vorstoßende und über das Wasser streichende Luft (schon) etwas kühler als noch im Hochsommer. "Unten warm, oben kühl" bedeutet nichts anderes, als ein großes Temperaturgefälle mit der Höhe. Wir Meteorologen reden da gerne von "Labilität", die starke Luftmassenumwälzungen in Form von Schauern und Gewittern begünstigt. Nicht selten wird dabei die Bildung von kleinräumigen, aber intensiven Tiefdruckgebieten über dem Meereswasser in Gang setzt. Diese Mittelmeertiefs verlagern sich meist nur sehr langsam und bringen den Mittelmeeranrainern so mitunter gewaltige Niederschlagsmengen in kurzer Zeit sowie Sturm. Im Fachjargon spricht man bei der erhöhten Tiefdruckaktivität über dem Mittelmeer im Zeitraum zwischen September und November wegen dem hohen Schadenpotenzial von "High-Impact-Weather" (HIW, zu Deutsch: Wetter mit großen Auswirkungen).

Zu Beginn dieser Woche ereignete sich ein Kaltluftvorstoß, der von Nordwest- und Westeuropa Richtung Spanien und westliches Mittelmeer gerichtet war. In den Wetterkarten bildet sich in dem Bereich der höhenkältesten Luft ein sog. Höhentief ab, das sich von Irland kommend über die Biskaya und Spanien Richtung Straße von Gibraltar (Meerenge zwischen Spanien und Marokko) verlagerte und dort nun einige Tage "herumeiern" wird. Das Höhentief forciert fortwährend die Ausbildung kleiner Bodentiefs, vor allem über dem Norden der Länder Algerien und Marokko sowie vor deren Küsten. An der Nordflanke dieser Tiefs werden die über dem Mittelmeer und Nordalgerien entstehenden, teilweise größeren Schauer- und Gewittersysteme in einer östlichen bis südöstlichen Strömung immer wieder Richtung Südostspanien und die Balearen geführt - enorme Niederschlagsmengen, größere Überflutungen und Erdrutsche sind die Folge!

Schon seit Dienstag sind Teile Spaniens und der Balearen von Starkregenfällen betroffen. Im Norden der Insel Mallorca gingen von Dienstag auf Mittwoch örtlich über 200 Liter Regen pro Quadratmeter nieder. Mittwoch auf Donnerstag erfassten Starkregenfälle dann insbesondere das Valencianische Land im Osten Spaniens mit stellenweise über 80 Liter pro Quadratmeter. In einigen Regionen wurden Bäche und Flüsse zu reißenden Strömen.

Am heutigen Donnerstag und am Freitag weitet sich der Schwerpunkt der heftigsten Starkregenfälle vom Valencianischen Land weiter nach Süden in die Regionen Murcia und Ostandalusiens sowie in den Südosten der Region Kastilien-La Mancha aus. Auch Ibiza könnte betroffen sein. In den genannten Regionen sind bis Samstagfrüh Niederschlagsmengen von gebietsweise 100 bis 200 l/qm zu erwarten. Durch wiederholt auftretende Schauer und Gewitter (vor allem in Küstennähe) sowie in Staulagen des spanischen Berglandes sind räumlich eng begrenzt auch weitaus höhere Mengen zwischen 200 und 400 l/qm möglich. Bevorzugt über dem Seegebiet zwischen den Balearen und der ostspanischen Mittelmeerküste weht ein in Böen zeitweise stürmischer Wind. Sturmböen oder gar schwere Sturmböen sind ebenfalls durchaus denkbar. Hohe Wellen (3-4 m, teilweise sogar bis 6 m) stellen eine weitere Gefahr für die Schifffahrt dar.

Das "High-Impact-Weather" hält bis zum Wochenende an. Erst danach beruhigt sich das Wetter langsam etwas, sodass der westliche Mittelmeerraum bei den Sonnen- und Wärmehungrigen als Urlaubsziel wieder attraktiver werden sollte.



© Deutscher Wetterdienst