13. November 2013 | M.Sc. Met. Andreas Würtz
Entstehung von Reif und Reifglätte
Mit zunehmend kühleren Temperaturen am Morgen ist es deutlich spürbar, dass die kalte Jahreszeit immer näher kommt. Da stellt sich wieder die Frage, ob auf dem morgendlichen Weg zum Arbeitsplatz mit glatten Straßen zu rechnen ist und ob die Autoscheibe vor Fahrtantritt von Eis befreit werden muss?
Der Grund für die glatten Straßen und das Eis auf der Autoscheibe ist
die Reifbildung. Reif tritt auf, wenn sich eine Oberfläche, z. B. die
Straßenoberfläche, unter die Taupunktstemperatur der Luft abkühlt.
Die Taupunktstemperatur beschreibt jene Temperatur, bei der die
relative Feuchte der Luft 100 Prozent beträgt und somit mit
Wasserdampf gesättigt ist. Auf diese Weise kann sich die in der Luft
enthaltene Feuchtigkeit auf den Oberflächen niederschlagen. Dieser
Feuchtetransport von der Luft zur Oberfläche wird auch als
Kondensation bezeichnet. Liegt nun die Belagstemperatur über
Nullgrad, entsteht lediglich Tau. Zur Reifbildung muss die
Temperatur der Fahrbahn jedoch unterhalb der Nullgrad liegen, wodurch
an der Oberfläche Eiskristalle entstehen. Wie schnell dieser Prozess
abläuft, hängt von der Temperaturdifferenz zwischen der
Belagstemperatur und dem Taupunkt der Luft ab. Da dieser Unterschied
meist nur sehr gering ist, kann es mehrere Stunden dauern, bis sich
Reif bildet. Somit stellen feuchtwarme Luft und kalte Oberflächen die
Grundvoraussetzung für die Reifbildung dar.
Aber wann genau liegen diese Eigenschaften vor? Betrachten wir
zunächst die Luftmasse, die feuchtwarm sein muss. Nach einer längeren
kalten Witterungsphase kann z. B. in einer westlichen oder
nordwestlichen Strömung feuchtwarme Meeresluft herangeführt werden.
So entsteht ein markanter Unterschied zwischen dem noch kalten Boden
und dem Taupunkt der herantransportierten Luft. Aber auch ein
Frontdurchgang kann zu einer Temperaturveränderung und einer
Feuchtezunahme der Luft führen und so den benötigten
Temperaturunterschied zwischen der Oberfläche und dem Taupunkt der
Luft hervorrufen.
Eine weitere wichtige Voraussetzung stellt die Auskühlung der
Oberfläche dar. Gerade im Spätherbst sowie im Winter können sich
aufgrund der sehr kurzen Tageslänge sowie des sehr niedrigen
Sonnenstandes der Erdboden oder auch andere Oberflächen nur noch
schwach erwärmen. Dabei wird die solare Strahlung der Sonne in
Wärmeenergie umgewandelt und vom Boden als Wärmestrahlung wieder
abgegeben. Insgesamt gibt der Boden aber mehr Wärme an die
Umgebungsluft ab, als er durch die Sonneneinstrahlung aufnimmt. In
der Nacht kommt es durch die fehlende Einstrahlung der Sonne zu einer
weiteren Auskühlung.
In der Nacht ist die nächtliche Bewölkung wiederum von großer
Bedeutung. Die abgegebene Wärmestrahlung des Bodens wird von den
Wolken reflektiert und bremst somit die Abkühlung der Oberfläche.
Folglich wird in einer wolkenreichen Nacht keine Reifbildung bzw.
Reifglätte beobachtet. Erst in einer klaren Nacht oder wenn sich
größere Wolkenlücken bilden, kann die Wärmestrahlung ungehindert in
die Atmosphäre abgegeben werden. In solchen Strahlungsnächten kühlt
sich die Straße schneller ab als die Luft, was zur maßgeblichen
Temperaturdifferenz zwischen Oberfläche und Taupunkt der Luft führt.
Zur jetzigen Jahreszeit tritt die Reifglätte bevorzugt auf Brücken
auf. Im Vergleich zu den Straßen fehlt den Brücken die
Untergrundwärme des noch relativ warmen Bodens. So sind die Brücken
wesentlich größeren Temperaturschwankungen ausgesetzt. Mit
fortschreitender Jahreszeit steigt dann auch die Glättegefahr auf den
Straßen weiter an.
In der Nacht zum morgigen Donnerstag könnte es dann wieder soweit
sein. Gebietsweise ist es gering bewölkt, teils auch klar. Zudem ist
die Luftmasse durch die Regenfälle der Vortage recht feucht. In den
höheren Lagen der Mittelgebirge sowie im Süden liegt der Taupunkt um
0°C, sodass bei leichtem Bodenfrost wieder streckenweise mit
Reifglätte zu rechnen ist.
© Deutscher Wetterdienst
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