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06. Dezember 2010 |

Der Kampf der Luftmassen

"Die Ausläufer eines Tiefdrucksystems, dass von den Azoren bis
in den Süden von Deutschland reicht, führt zunehmend milde und
feuchte Luftmassen in große Teile Bayerns und Baden-
Württembergs. Die restlichen Gebiete liegen im Einflussbereich
eines Tiefdruckkomplexes, der sich von der Nordsee bis zum
Nordmeer erstreckt und weiterhin Luftmassen polaren Ursprungs
heran führt."

Als einleitender Abschnitt in die Wettervorhersage liest oder
hört man solche Formulierungen sehr häufig. Doch kann auch
jeder etwas mit der Ausdruckweise anfangen? Was ist überhaupt
eine Luftmasse und welche Arten gibt es?

Beginnen wir zunächst mit der Definition dieses Begriffes. Bei
einer Luftmasse handelt es sich um ein größeres Volumen an
Luft, das charakteristische Eigenschaften der Temperatur und
Feuchtigkeit besitzt. Zusätzlich können auch noch die
Schichtung (stabil oder labil) und der Gehalt an Staub zur
Beschreibung herangezogen werden. Eine Luftmasse kann Gebiete
von mehreren hundert oder tausend Quadratkilometern überdecken.

Die bis heute weitverbreitet akzeptierte Klassifizierung der
Luftmassen geht auf den schwedischen Meteorologen Tor Bergeron
(15.August 1891 - 13.Juni 1977) zurück.
Unterteilt werden sie zunächst nach den thermischen
Gegebenheiten ihres Ursprungsgebietes. Dies kann sowohl
tropisch (T), polar (P) oder arktisch/antarktisch sein (A). Des
Weiteren erfolgt eine Unterscheidung nach dem Feuchtegehalt,
der abhängig davon ist, ob es sich um eine Luftmasse handelt,
die ihren Ursprung über dem Meer (m) oder dem Festland (c) hat.
Eine Mischung aus beiden wird mit dem Buchstaben (x)
gekennzeichnet. Zuletzt wird noch geschaut, ob die Luft relativ
zu dem Untergrund, über den sie strömt, warm (w) oder kalt (k)
ist. Der letzte Punkt, auf den meist verzichtet wird, stellt
gleichzeitig eine Einteilung in eine stabile oder labile
Schichtung dar.

Wie entstehen nun solche Luftmassen? Dafür ist es notwendig,
dass sich die Luft über eine längere Zeit hinweg über ein und
demselben Gebiet befindet. Am besten geht dies unter
beständigen Hochdruckgebieten. Diese befinden sich
beispielsweise im subtropischen Hochdruckgürtel, als auch über
dem Polarmeer oder der Antarktis. Im Winter dienen auch große
Kontinentalflächen als Gebiete, in denen sich persistente Hochs
ausbilden (Bsp.: Asiatischer Kontinent). Die Luft nimmt wie ein
Schwamm die Eigenschaften dieser Gebiete bezüglich Temperatur,
Feuchte, Staubgehalt und Schichtung auf.

Tropikluft bildet sich in den subtropischen Hochdruckzellen.
Sie ist meist sehr warm und besitzt je nachdem, ob sie
kontinentalen (c, Bsp.: Sahara) oder maritimer Herkunft (m,
Bsp.: Atlantik) ist, eine hohe oder niedrigere Feuchte. Sie
umfasst dabei große Teile der unteren Atmosphäre (Troposphäre).
Das andere Extrem, die Arktikluft, ist sehr kalt und meist auch
sehr trocken. Sie beeinflusst meist nur die unteren Bereiche
der Troposphäre. Die Polarluft ist im Vergleich zur Arktikluft
weniger kalt und je nach Herkunftsort feuchter. Eine solche
Abmilderung der extremen Eigenschaften gibt es manchmal auch
für die Tropikluft. Diese trägt dann den Begriff Subtropikluft
(S).

Luftmassen bleiben nicht immer über demselben Ort liegen,
sondern bewegen sich. Dadurch werden die eigentlichen
Charakteristika infolge von Strahlung und
Untergrundbeschaffenheiten verändert. Als Beispiel soll der
Transport einer Kaltluftmasse (Polarluft) über wärmeren
Untergrund dienen, wie er aktuell über der Nordsee stattfindet.
Die Luftmassen polaren Ursprungs werden aktuell am Rande eines
Tiefkomplexes über die Nordsee geführt. Die kalte Luft wird
dabei von unten her erwärmt. Da warme Luft leichter ist als
kalte, findet ein Austausch mit den darüberliegenden Schichten
statt (Vertikalbewegung). Man spricht in diesem Zusammenhang
von einer Labilisierung der zunächst stabil geschichteten
Atmosphäre. Die Folge sind Wolken und Schauer und damit
einhergehend böiger Wind. Bei stärkeren Kaltluftvorstößen sind
auch Gewitter nicht ungewöhnlich. Hinzu kommt, dass bei einer
weiteren Abkühlung die Luft relativ feuchter wird, da kalte
Luft nicht soviel Wasserdampf aufnehmen kann, als warme Luft.
Bei dem Transport über der Nordsee kommt es außerdem zu einer
Befeuchtung von unten her.

Derzeit treffen in Deutschland zwei unterschiedliche Luftmassen
aufeinander: Die tropische Luftmasse maritimen Ursprungs (mT)
und die polare Luftmasse maritimer Herkunft (mP). Das bleibt
nicht ohne Folgen, wie den aktuellen Warnmanagement und den
Wetterberichten zu entnehmen ist. Auch in den kommenden Tagen
bleibt es bei diesem Kampf, dessen Schwerpunkt in den kommenden
Tagen zwischen der Mitte und dem Süden Deutschlands hin und her
schwankt. In diesen Gebieten kann man den Kampf also mit
Spannung Tag für Tag verfolgen. Wer letztlich gewinnt und was
eine Luftmassengrenze (Front) ist, dazu am Sonntag mehr.

Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale

PS: Einen guten Überblick über Luftmassen und ihre
Herkunftsgebiete bietet die folgende Adresse der Uni Köln:
http://www.uni-koeln.de/~ad106/fgsynoptik/fgueb05_3.html

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