09. Juli 2015 | Dipl.-Met. Christian Herold
Was ist eine Fallböe?
Die Hitzewelle endete mit schweren Gewittern, die Orkanböen brachten und teilweise mit erheblichen Schäden einhergingen (siehe gestriges Thema des Tages).
Schaut man sich die enormen Schäden in Halle an der Saale und Framershausen bei Alzey an, wo bei letzterem ganzer Häuser zerstört worden sind, denkt man zunächst an einen Tornado. Doch es gibt ein weiteres Phänomen, das in Zusammenhang mit schweren Gewittern steht und häufiger vorkommt als Tornados. Die Rede ist von sogenannten Fallböen (engl. Downburst). Obwohl Fallböen ebenso starke Schäden verursachen können wie Tornados, sind sie dennoch vielen Leuten unbekannt.
Fallböen sind wie auch Tornados mit schweren Gewittern verbunden,
wobei auch bei den Fallböen die stärksten Ereignisse häufig im
Zusammenhang mit rotierenden Gewittern, den sogenannten Superzellen,
auftreten. Dennoch unterscheiden sich Fallböen physikalisch
wesentlich von Tornados.
Tornados sind stark rotierende Luftwirbel mit horizontaler Drehachse,
die sich gleichzeitig in Verbindung mit dem Boden und einer Schauer-
oder Gewitterwolke befindet. Oft sieht man dabei ausgehend von der
Gewitterwolke einen manchmal sogar bis zum Boden reichenden
auskondensierten rotierenden Trichter oder Wolkenschlauch.
Downbursts oder Fallböen hingegen entstehen, wenn kalte Luft in einem
Gewitter nach unten fällt, auf den Boden trifft und sich dort in
lineare Richtung ausbreitet. Dabei können Windgeschwindigkeiten von
mehr als 200 km/h erreicht werden. Doch wie genau entsteht diese
fallende kalte Luft? Innerhalb stärkerer Gewitter bilden sich in den
höheren Schichten oft größere Hagelkörner. Haben diese eine gewisse
Größe erreicht, kann sie der Aufwind des Gewitters nicht mehr in der
Luft halten und sie beginnen zu fallen. Beim Fallen gelangen die
Hagelkörner in tiefere und wärmere Luft. Sie beginnen zu schmelzen,
sobald die Temperatur über den Gefrierpunkt steigt. Zum Teil entsteht
dabei Regen. Fällt dieser in trocknere Schichten, setzt schnell
Verdunstung ein. Dies geht umso schneller, je trockener die Luft ist.
Sowohl beim Schmelzen des Hagels als auch bei der Verdunstung der
Regentropfen wird der Luft Energie in Form von Wärme entzogen,
wodurch sie sich abkühlt. Da nun die kalte Luft schwerer ist, als die
umgebende Warmluft, wird sie nach unten beschleunigt und trifft
irgendwann auf den Boden. Von Weitem sieht es oft so aus, wie wenn
ein "Sack" aus dem Gewitter heraus fällt. Trifft die Luft auf den
Boden auf, so breitet sie sich dort horizontal aus. Im Downburst hat
man häufig auch die stärksten Niederschläge und auch Hagel. In
unmittelbarer Nähe sieht ein Downburst wie eine "weiße Wand", die
sich schnell bewegt, aus.
Double downburst view to the west of our office. Another active severe weather day in the Borderland. #txwx #nmwx pic.twitter.com/8QWzStSmnk
— NWS El Paso (@NWSElPaso) 8. Juli 2015
Das Schadenspotenzial von Downbursts ist häufig sogar größer als das
von Tornados, da meist eine größere Fläche betroffen ist und nicht
eine schmale Schneise wie meistens bei einem Tornado.
Ob der Fall in Framershausen nun ein Tornado oder ein Downburst war,
ist noch nicht mit letzter Sicherheit geklärt. Dennoch weißt derzeit
viel auf einen Downburst hin. So gab es die besagten trockenen
Schichten in der unteren Atmosphäre. Außerdem war die untere
Atmosphäre sehr heiß und relativ trocken, was das Schmelzen von Hagel
und Verdunstung von Niederschlag begünstigte und somit eine große
Beschleunigung der fallenden Kaltluft verursachte. Diese trockenen
bodennahen Schichten sind eher ungünstig für die Entwicklung von
Tornados, da die Wolkenuntergrenzen dadurch sehr hoch waren.
© Deutscher Wetterdienst
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