19. April 2013 | M.Sc. Met. Stefan Bach
Summ, summ, summ! Bienchen, summ herum!
So lauten die ersten zwei Zeilen eines bekannten Kinderliedes von
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben. Um genau diese gestreiften
und haarigen sechsbeinigen Tierchen geht's heute im Thema des Tages.
Bienen stellen in ihrer Funktion als Bestäuber und Honigproduzenten
weltweit die wichtigsten Nutzinsekten dar. In der
Bienenschutzverordnung ist die Ausbringung bienengefährdender
Pflanzenschutzmittel auf die flugfreie Zeit beschränkt. Die optimale
zeitliche Einplanung des Einsatzes solcher Mittel in den
landwirtschaftlichen Betriebsablauf setzt daher eine möglichst
präzise Vorhersage des Bienenfluges voraus. Aus dieser Vorhersage
können nicht nur Landwirte, sondern auch Imker ihren Nutzen ziehen.
Im Deutschen Wetterdienst gibt es neben der klassischen
Wettervorhersage auch noch andere Geschäftsbereiche, wie den
Geschäftsbereich Klima und Umwelt, zu dem auch die Abteilung
Agrarmeteorologie gehört. So hat auch die Agrarmeteorologie am
breiten Aufgabenspektrum des DWD ihren Anteil und bietet unter
anderem Beratungen und Informationen für die tägliche Arbeit des
Forst- und Landwirts. Hierbei kommen unter anderem auch Modelle zum
Einsatz, mit deren Hilfe beispielsweise die Bodenfeuchte simuliert
wird. An dieser Stelle möchte ich Ihnen aber heute kurz das Modell
"BIENE" zur Bestimmung der Bienenflugintensität vorstellen.
Im Modell BIENE werden über einen empirischen Ansatz die sich auf den
Bienenflug auswirkenden Einflussfaktoren Lufttemperatur,
Globalstrahlung, Windgeschwindigkeit sowie Niederschlagsintensität
auf Stundenbasis in einem Index der Flugaktivität vereint. Dabei
bedeutet ein Index von 0, dass keine Flugaktivität vorliegt und ein
Index von 1, dass die Flugaktivität optimal ist. Die Globalstrahlung
stellt den Haupteinflussfaktor dar. So sind Bienen vor Sonnenaufgang
und nach Sonnenuntergang nur selten flugaktiv. Ebenso ist bei
gleichen Temperaturbedingungen an bedeckten oder stark bewölkten
Tagen ein schwächerer Bienenflug zu erkennen als an sonnigen Tagen.
Der zweitgrößte Einflussfaktor ist die Lufttemperatur. Man geht davon
aus, dass oberhalb von etwa 20 °C gute Bedingungen vorliegen. Jedoch
können Bienen in einem recht großen Temperaturbereich fliegen, da sie
die Fähigkeit haben, vor und während des Fluges ihre Körpertemperatur
in bestimmten Grenzen selbst zu regulieren. So beginnt der
Frühjahrsflug im Allgemeinen bei Lufttemperaturen von 10 bis 12 °C.
Wasserträgerinnen (Bienen brauchen Wasser zu Verdauung von Pollen und
zur Regulation der Luftfeuchtigkeit im Bienenstock) sind sogar
bereits/noch bei 5 oder 6 °C unterwegs.
Hingegen haben geringe Windgeschwindigkeiten und Niederschlag wenig
Einfluss auf den Bienenflug. Erst wenn diese beiden Parameter hohe
Werte aufweisen, lässt sich eine Flugabnahme beobachten.
Der Index der Flugintensität wird berechnet, indem man jeweils die
Auswirkungen (0 = keine Aktivität, 1 = optimale Bedingung) für
Lufttemperatur, Globalstrahlung, Windgeschwindigkeit und
Niederschlagsintensität berechnet und anschließend multiplikativ
verknüpft. Als Ergebnis der Modellrechnungen ("Modell-Output") erhält
man die Anzahl der Stunden ohne Flugaktivität (Index < 0,01), der
Stunden schlechter (Index < 0,1), mäßiger (Index < 0,5) und guter
Flugbedingungen (Index >= 0,5). Interessant ist vor allem das
Tagesmittel der Bienenflugaktivität, welches dem Mittel über die
stündlichen Indizes entspricht. Dabei sind nur die Stunden mit einem
Index von 0,01 und mehr berücksichtigt, wodurch die Nachtstunden
ausgegrenzt werden. Entsprechend werden auch Beginn und Ende der
Flugperiode ausgegeben.
Theoretisch kann "BIENE" für beliebige Zeiträume im Jahr gestartet
werden. Da die Bienenstöcke im Winter im Allgemeinen verschlossen
sind, erscheint ein Lauf des Modells nicht als sinnvoll.
Modellvorhersagen werden daher für den Zeitraum der üblichen
Vegetationsperiode (März bis Oktober) erstellt. Dabei sind ab dem
Frühjahr zunächst Imker, später auch Landwirte an den Vorhersagen des
Bienenflugs interessiert.
Eine beispielhafte Darstellung des Modell-Outputs können Sie in der nebenstehenden Grafik sehen:
Diese zeigt das Tagesmittel der
Bienenflugaktivität für den gestrigen Donnerstag. Es lässt sich
erkennen, dass vor allem südöstlich einer Linie von Vorpommern bis
zur Pfalz gute Flugbedingungen vorlagen (erkennbar anhand der roten
Zahlen). In diesen Gebieten wurde die für den Bienenflug optimale
Temperaturgrenze von 20 °C überschritten, gebietsweise lagen die
gestrigen Höchstwerte sogar über 25 °C. Am wärmsten war es in
Dresden-Strehlen mit 28,1 °C. Dazu schien zumindest zeitweise die
Sonne und auch die Natur ist in den letzten Tagen schlagartig aus
ihrem "Winterschlaf" erwacht. So finden die Bienen jetzt immer mehr
blühende Pflanzen in ihrem maximalen Flugradius von drei Kilometern.
Dass es heute und in den nächsten Tagen deutlich kühler bleibt als
noch gestern, zeigt sich auch am Bienenflugindex, der nur noch
zwischen 0 und 0,4 liegen wird.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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