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13. September 2025 | Mag.rer.nat. Florian Bilgeri

Vorbereitung ist die halbe Miete

Vorbereitung ist die halbe Miete

Datum 13.09.2025

Die Bienenvölker in unseren Breiten sind aktuell mit den Vorbereitungen für den Winter beschäftigt. Der genaue zeitliche Ablauf wird dabei entscheidend von den regionalen meteorologischen bzw. klimatologischen Randbedingungen bestimmt.

Das in der Schlagzeile genannte Sprichwort gilt nicht nur für uns Menschen, auch in der Tierwelt der freien Natur dreht sich beispielsweise dieser Tage fast alles um die perfekte Vorbereitung für den am Horizont schon leicht schimmernden Winter. Besonders für die Insekten gilt im Vorfeld der kalten Jahreszeit nur Maximaleinsatz – jedes Versäumnis in der Vorbereitung kann zur Verringerung der Überwinterungswahrscheinlichkeit führen. Dabei spielen auch die Meteorologie bzw. die Klimatologie eine maßgebliche Rolle. Daher werfen wir im heutigen Thema des Tages einen kleinen Blick auf die Abläufe in einem Bienenvolk in den Spätsommer- und ersten Herbstwochen.


Bienen genießen die Herbstsonne
Bienen genießen die Herbstsonne


Die Maximalgröße des Bienenvolks wurde im Normalfall bereits vor einigen Wochen erreicht (Ausnahme: neu erstellte Jungvölker). Zum Höhepunkt im Juli tummelten sich in manchen Kisten schon mal 50.000 bis 70.000 Bienen. Idealerweise wurden die sommerlichen Nektarquellen so gut genutzt, dass im Stock reichlich Honig erzeugt werden konnte. Hat der Imker den Honig entnommen, musste er natürlich für ausreichend Ersatz sorgen. Mit geringer werdendem Futterangebot in der Natur und abnehmendem Sonnenstand (seit der Sommersonnenwende Ende Juni) hat in den letzten Wochen der Brutumfang deutlich abgenommen und die Völker schrumpfen durch das Sterben der Altbienen sukzessive. Im Winter wird nämlich eine Volksgröße angestrebt, die zwar das Überwintern gewährleistet, aber gleichzeitig auch sicherstellt, dass das Futter ausreicht.

Diese wirtschaftliche Betrachtungsweise trifft übrigens auch die männlichen Bienen, die Drohnen. Im Laufe des Sommers prüft das Bienenvolk ständig, ob die aktuell anwesende Königin noch so fit ist, dass sie im nächsten Frühjahr das Volk wieder zu alter Stärke führen kann. An dieser wichtigen Entscheidung hängt nicht weniger als das Überleben des ganzen Volkes, denn ein nach dem Winter königinnenloses ("weiselloses") Volk wäre ohne imkerlichen Eingriff verloren. Fällt schließlich das Urteil für die Königin positiv aus, müssen sich aber gleichzeitig die Drohnen mit der Endlichkeit des Lebens auseinandersetzen. Beinahe von einem Tag auf den anderen werden die durchaus Überraschten von den Arbeiterinnen nicht mehr gefüttert und am Flugloch durch Beißen und Stechen vom Eintritt in den Stock abgehalten (auch als "Drohnenschlacht" bekannt, üblicherweise ab ca. Mitte/Ende Juli). Nach kurzer Zeit liegen diese schließlich zu hunderten tot vor den Bienenstöcken. Drohnen wären nämlich im Winter nur unnütze "Mitesser", da sie sich nicht an den Arbeiten im Volk beteiligen und nur in den Ecken herumlungern. Für die Fortpflanzung im nächsten Frühling werden schließlich wieder neue herangezogen.

Jene Bienen, die für eine erfolgreiche Überwinterung zu sorgen haben, nennt man auch "Winterbienen". Diese werden zwischen August und Oktober erbrütet und leben mit sechs bis neun Monaten deutlich länger als ihre sommerlichen Kolleginnen, die eine Lebensdauer von nur sechs bis acht Wochen aufweisen. Um das längere Leben sicherstellen zu können, werden die Winterbienen im Herbst auch besonders geschont und nicht an der kräfteraubenden Brutpflege beteiligt. So müssen sich die "Sommerbienen" um die letzte Brut kümmern und dafür sorgen, dass genug Wintervorräte angelegt sind. Anschließend sterben diese, noch bevor oder während des Winters. Daher schrumpft das Volk in diesen Wochen auf ca. 15.000 bis 10.000 Individuen.

Während die jeweilige regionale Klimatologie den zeitlichen Ablauf dieser Prozesse bestimmt (beispielsweise bestehen große Unterschiede zwischen den wärmeren "Gunstlagen" entlang des Rheins und den im Mittel kühleren Regionen in den Mittelgebirgen sowie in den Alpen, Bienen können sich aber gut darauf einstellen), ist auch das tagesaktuelle Wetter für die erfolgreiche Wintervorbereitung von zentraler Bedeutung. Damit die von der Königin noch produzierte junge Brut gut gedeiht, muss diese mit hochwertigen Pollen versorgt werden. Diese bestehen unter anderem aus lebenswichtigem Eiweiß und sind die Grundlage für vitale, kräftige Jung- bzw. Winterbienen. Dafür erkunden die Flugbienen bei einer entsprechenden Witterung die Umgebung und suchen noch ertragreiche Pollenquellen (kann man jetzt noch beobachten). Längere kühle und regenreiche Witterungsabschnitte im Spätsommer und Frühherbst können diesen Plan aber vereiteln und eventuell, wenn von den Bienen bisher nicht ausreichend vorgesorgt wurde, für einen Pollenmangel sorgen.


Bienenflugvorhersage für die Stationen Lahr (BW) und Hohenpeißenberg (BY)
Bienenflugvorhersage für die Stationen Lahr (BW) und Hohenpeißenberg (BY)


Zur Abschätzung der Flugaktivität der Honigbienen während der kommenden Tage kann zum einen in unsere Vorhersageprodukte (z.B. 10-Tages-Prognose, täglich neu) reingelesen oder unsere Stationsprognosen in der WarnWetter-App betrachtet werden (Bienen fliegen je nach Notwendigkeit und Sonnenschein ab ca. 8 bis 10 Grad). Zum anderen stellt der DWD auch eine Prognose der Flugaktivität für verschiedene Orte täglich neu zur freien Verfügung (https://www.dwd.de/DE/leistungen/biene_flug/bienenflug.html). Unser Modell prognostiziert beispielsweise für die tief gelegenen Station Lahr (170 m, Baden-Württemberg) für heute und die kommenden beiden Tage eine sehr hohe Flugaktivität zu Mittag, in den Frühstunden ist es dafür allerdings schon zu kühl. Am deutlich höher gelegenen Hohenpeißenberg (780 m, Bayern) ist die Aktivität dagegen heute und morgen nur mittel. Mit dem Zustrom warmer Mittelmeerluft am Montag wird aber auch dort nochmals ein guter Flugtag erwartet.

Zum Beginn der kommenden Woche werden ausfliegende Bienen regional aber auch mit dem zunehmenden Wind zu kämpfen haben. Es stellt sich nach kurzem Zwischenhocheinfluss am Sonntag eine zyklonale Westlage ein, die besonders im Norden und Westen immer wieder für starke bis stürmische Böen, zeit- und gebietsweise auch für Sturmböen sorgt. An der Nordsee sind vorübergehend schwere Sturmböen möglich. Aber auch damit können die Insekten umgehen. Was die Bienen schließlich im Winter so treiben schauen wir uns in einem späteren Thema des Tages an.



© Deutscher Wetterdienst

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