13. April 2012 | Dipl.-Met. Peter Hartmann
Tief Lucia im Mittelmeer
Nicht nur bei uns in Deutschland ist das Wetter derzeit unbeständig
und kühl. Besonders unangenehm präsentiert es sich am heutigen
Freitagvormittag im Tyrrhenischen Meer und im angrenzenden Sizilien
und Sardinien sowie in Tunesien. Dort regnet und stürmt es kräftig.
In der vergangenen Nacht hat sich nämlich ein kräftiges Tief
entwickelt. Dessen Zentrum lag heute Vormittag um 9 Uhr mit einem
Kerndruck von ca. 990 hPa im Seegebiet zwischen Sardinien und
Tunesien.
Das Satellitenbild zeigt den mittlerweile umfangreichen
Wolkenwirbel, der vom Atlasgebirge bis zum Balkan
reicht. Die Wolkenkante über dem westlichen Sizilien entspricht dabei
der Kaltfront. Die Blitzregistrierungen der letzten 3 Stunden sind
als bunte Quadrate gekennzeichnet.
Tief Lucia ist nicht erst heute Nacht über dem Mittelmeer entstanden.
Noch wesentlich schwächer entwickelt zog es (zu dieser Zeit noch
unbenannt) bereits in den vergangenen Tagen über den Nordwesten
Afrikas hinweg. So fielen z. B. in Ad-Dakhla, an der Atlantikküste
des Territoriums Westsahara bis Donnerstagfrüh 16 Liter Regen pro
Quadratmeter. In Tindouf, im Westen Algeriens gelegen, waren es 14
Liter. Das hört sich nach nicht sehr viel an, entspricht aber in
letztgenannter Stadt immerhin fast der Hälfte der mittleren
Jahressumme. Auch weitere Gebiete der westlichen Sahara, vor allem
Westsahara, der Norden Mauretaniens und Malis sowie der Südwesten
Algeriens dürften in den vergangenen Tagen ordentlich bewässert
worden sein. Allerdings liegen aus dieser Region nur wenige
Wettermeldungen vor.
Am gestrigen Donnerstag und heute Nacht wurde es dann vor allem in
Marokko, im nördlichen Algerien und in Tunesien nass. Dabei fielen
südlich des Atlasgebirges verbreitet zwischen 5 und 15 Liter pro
Quadratmeter Regen, was für die dortigen Wüstengebiete respektable
Regenmengen darstellt. Im Gebirge und am Mittelmeer fiel der Regen
noch intensiver aus. Dort wurden von vielen Wetterstationen 20 Liter
und mehr gemeldet. Spitzenreiter war das algerische Jijel-Achouat mit
45 Litern. An der Mittelmeerküste sind allerdings ergiebige
Niederschläge nichts Ungewöhnliches. Die 37 Liter in Algier
entsprechen dort etwa 60 % der mittleren Monatssumme für den April.
Und wie geht es weiter mit Lucia?
Heute soll das Tief über die Südspitze Sardiniens hinweg ins zentrale
Tyrrhenische Meer ziehen und sich weiter vertiefen. Laut der Prognose
des Lokalmodells des Deutschen Wetterdienstes (Cosmo-EU) soll es
einen Kerndruck von etwa 980 hPa erreichen. Am Samstag wird Lucia
dann unter leichter Abschwächung die italienische Halbinsel und die
Adria überqueren und am Sonntag Serbien erreichen. Zum Wochenbeginn
wird eine Fortsetzung der Zugbahn über das östliche Europa erwartet.
Dabei werden am Wochenende in großen Teilen Südeuropas erhebliche
Regenmengen fallen. In vielen Gebirgen und teils auch an den
Küstenabschnitten muss mit mehr als 50 Liter pro Quadratmeter
gerechnet werden, vereinzelt sind im Apennin und im Dinarischen
Gebirge sogar weit über 100 Liter möglich. Auch in Südwesteuropa gibt
es weitere ergiebige Regenfälle, die von einem neuen, vom Atlantik
über Spanien ins westliche Mittelmeer ziehenden Tief verursacht
werden. In abgeschwächter Form wird auch Deutschland von diesen
Entwicklungen betroffen. Tief Lucia schickt am Samstag zunächst nur
in den Süden dicke Wolken, am Sonntag breiten sich diese noch weiter
in Richtung Mitte und Osten aus. Dabei gibt es meist leichten Regen,
nur am Alpenrand wird es länger anhaltend und möglicherweise auch
ergiebig regnen, in höheren Lagen schneit es. Bezüglich der
Niederschlagsmengen kann es aber bei dieser Wetterlage durchaus
Überraschungen geben.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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