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29. Januar 2024 |

Böhmischer Wind

Böhmischer Wind

Datum 29.01.2024

Im gestrigen Thema des Tages drehte sich alles um die aktuelle warme Hochdrucklage. Ein weiteres Phänomen das dabei im Winterhalbjahr bei einer Südwestanströmung auftreten kann, ist der Böhmische Wind.

Heute widmen wir uns einem winterlichen lokalen Windphänomen, das während Hochdrucklagen häufig in Südostsachsen und Ostbayern an der Grenze zu Tschechien auftritt und deshalb auch als Böhmischer Wind bekannt ist. Die Ursache dafür liegt im Böhmischen Becken, einem relativ niedrig gelegenen Hügelland in Tschechien. Es wird im Westen durch den Oberpfälzer Wald und den Böhmerwald, im Norden durch das Erzgebirge, Lausitzer Bergland, Iser- und Zittauer Gebirge sowie das Riesengebirge begrenzt. Bei einem Hochdruckgebiet über Mittel- oder Osteuropa kann sich im Böhmischen Becken Kaltluft ansammeln, wodurch sich dort ein Kältehoch bildet. Oft entsteht dann auch eine Inversionswetterlage mit Warmluft in der Höhe, die auf dieser bodennahen Kaltluftschicht aufliegt.


Orografie des Böhmischen Beckens, rechts: Satellitenbild mit Temperaturen am 29.01.2024 12:43 Uhr.
Orografie des Böhmischen Beckens, rechts: Satellitenbild mit Temperaturen am 29.01.2024 12:43 Uhr.


An der Inversion bildet sich nicht selten eine dichte Hochnebeldecke, die sich über das gesamte Böhmische Becken ausbreiten kann. Bei südlichem Wind, wie es bei der aktuellen Wetterlage der Fall ist, entsteht über dem sächsischen Tiefland ein lokales Tiefdruckgebiet. Die Kaltluft strömt nun nach Norden vom Hochdruckgebiet in Richtung des Tiefdruckgebiets aus dem Böhmischen Becken hinaus.

Im Mittleren und Westerzgebirge liegt der Kamm größtenteils über 1000 m und befindet sich damit häufig bereits über der Inversion. Dort wird das Gebirge meist umströmt, wodurch es auf der Nordseite zu einer Durchmischung der Luft kommt und die Inversion sich auflöst. Ähnlich wie beim Föhn in den Alpen kann die Warmluft am Nordrand des Erzgebirges absinken. Bei der aktuellen Wetterlage beträgt die Temperatur -1 °C auf der Böhmischen Seite des Erzgebirges in Medinec und 14 °C in Aue am Erzgebirgsnordrand. Vom Osterzgebirge über das Lausitzer Bergland bis zum Zittauer Gebirge ist der Kamm niedriger und wird von der Kaltluft überströmt.


Windböen [km/h] 29.01.2024 14:30 Uhr zeigen stürmische Böen bis 63 km/h im oberen Spreetal
Windböen [km/h] 29.01.2024 14:30 Uhr zeigen stürmische Böen bis 63 km/h im oberen Spreetal


Durch die Verengung der Strömung der Kaltluft zwischen Inversionsuntergrenze und Gebirgskamm wird die Luft beschleunigt und fällt auf der Nordseite als kalter katabatischer Fallwind in die Täler ab. Dort kann es durch Düseneffekte zu einer zusätzlichen Beschleunigung kommen. Betroffen sind auch häufig das Elbtal bis etwa Dresden und das obere Neißetal. Im Extremfall können die Böen eine Stärke von 10 Bft erreichen, was bei einer Schneedecke zu erheblichen Schneeverwehungen führen kann. Bei östlicher Strömung tritt derselbe Effekt in Westbayern auf.


Vertikalschnitt vom Böhmischen Becken über dem Mittleren Erzgebirgskamm (Fichtelberg) in Richtung Zwickau. Die Kaltluft erreicht nicht ganz den Kamm. das Erzgebirge wird umströmt und auf der Nordseite die Warmluft angezapft.
Vertikalschnitt vom Böhmischen Becken über dem Mittleren Erzgebirgskamm (Fichtelberg) in Richtung Zwickau. Die Kaltluft erreicht nicht ganz den Kamm. das Erzgebirge wird umströmt und auf der Nordseite die Warmluft angezapft.



Vertikalschnitt vom Böhmischen Becken über das Osterzgebirge. Der Kammbereich wird von der Kaltluft überströmt, kann sich aber nicht bis ins Erzgebirgsvorland durchsetzen. Dort wird die Warmluft angezapft.
Vertikalschnitt vom Böhmischen Becken über das Osterzgebirge. Der Kammbereich wird von der Kaltluft überströmt, kann sich aber nicht bis ins Erzgebirgsvorland durchsetzen. Dort wird die Warmluft angezapft.



Vertikalschnitt über das Zittauer Gebirge: Der Kamm wird vollständig überströmt und die Kaltluft breitet sich am Boden bis weit ins Tiefland aus.
Vertikalschnitt über das Zittauer Gebirge: Der Kamm wird vollständig überströmt und die Kaltluft breitet sich am Boden bis weit ins Tiefland aus.


Dipl.- Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.01.2024

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