Facebook Twitter
28. Januar 2023 | MSc.-Met. Sebastian Schappert

Sonnenmystik

Sonnenmystik

Datum 28.01.2023

In den vergangenen Tagen ließen sich vermehrt optische Lichteffekte rund um die Sonne beobachten. Was es mit den faszinierenden Erscheinungen wie "Nebensonnen", "Zirkumzenitalbögen" oder dem "22°-Ring" auf sich hat, lesen Sie im heutigen Thema des Tages

Der einen oder dem anderen werden sie schon einmal mehr oder weniger bewusst aufgefallen sein: Lichteffekte, die rund um die Sonne auftreten. Diese werden generell unter dem Oberbegriff "Halo" zusammengefasst und sind teilweise so farbenprächtig wie der allseits bekannte Regenbogen. Das vom griechischen "halos" abstammende Wort bedeutet so viel wie "Scheibe" und beschreibt am Himmel erscheinende helle Ringe, Bögen, Flecken oder Säulen.

Halos entstehen durch Reflexion und Brechung des Sonnenlichts an in der Luft befindlichen Eisteilchen. Wer nun davon ausgeht, dass man zur Sichtung der faszinierenden Phänomene auf eisige Temperaturen warten muss, liegt allerdings falsch. Auch in unseren Breiten kommen die Eisteilchen sehr häufig vor, zwar nicht in Bodennähe, dafür aber in Cirrus- oder Cirrostratuswolken in einer Höhe von 8 bis 12 Kilometern. Diese Wolken sind meist sehr zart, gleichen Fasern, Haaren oder schmalen Bändern und lassen öfter den blauen Himmel durch sich hindurch schimmern. Hin und wieder sind sie überhaupt nicht mit dem bloßen Auge wahrnehmbar, Eiskristalle halten sich dennoch in den eisigen Höhen auf.

Man kann Halos prinzipiell das ganze Jahr über beobachten, denn in Höhen, in denen Cirren vorkommen, ist es immer sehr kalt. Allerdings können sich Halos im Winter auch in Bodennähe bei Eisnebel, in der Nähe von Schneekanonen oder im Polarschnee (Entstehung von Eisnadeln aus dem Wasserdampf der unteren Luftschichten) bilden. Entscheidend dafür, ob oder welche Art von Halo man zu sehen bekommt, ist die Form, Größe und Ausrichtung der Eisteilchen.


Das Bild zeigt eine hinter schneebedeckten Nadelbäumen verstecke Sonne, die verschiedene Haloerscheinungen hervorbringt. (Quelle Jens Winninghoff, DWD)
Das Bild zeigt eine hinter schneebedeckten Nadelbäumen verstecke Sonne, die verschiedene Haloerscheinungen hervorbringt. (Quelle Jens Winninghoff, DWD)


Auf dem Weg zum Brecherspitz-Vorgipfel im Mangfallgebirge in den Bayerischen Alpen zeigten sich meinem Kollege Jens Winninghoff am vergangenen Donnerstag rund um die über dem Horizont stehende Sonne gleich mehrere Haloerscheinungen zur selben Zeit. Auf dem Foto in Abbildung 1 steht die Sonne hinter den Kronen der sich in der Bildmitte befindlichen Nadelbäume. Kreisförmig um die Sonne herum befindet sich ein weißlich-braun schimmernder Kreis. Dabei handelt es sich um eine der häufigsten Haloerscheinungen: den sogenannten "22°-Ring" oder auch "kleiner Halo" genannt. Die Ausrichtung der Eiskristalle spielt dabei keine Rolle, diese können zufällig orientiert sein.

Anders sieht es zu beiden Seiten des Rings aus. Dort lässt sich ein kleiner hellerer Abschnitt beobachten. Bei dieser Erscheinung, die man als "Nebensonne" bezeichnet (jeweils eine links und rechts von der Sonne angeordnet), werden die Sonnenstrahlen an waagerecht schwebenden Eisplättchen gebrochen. Zum besseren Verständnis wurden die einzelnen Phänomene im Foto in Abbildung 2 beschriftet.


Die in Bild 1 dargestellten Haloerscheinungen wurden hier mit ihren Bezeichnungen versehen. (Quelle Jens Winninghoff, DWD)
Die in Bild 1 dargestellten Haloerscheinungen wurden hier mit ihren Bezeichnungen versehen. (Quelle Jens Winninghoff, DWD)


Wer nun ganz genau hinsieht, stellt eine bogenförmige Verbindungslinie zwischen den Nebensonnen und der Sonne selbst fest, die auch über den 22°-Ring hinausgeht. Dabei handelt es sich um ein Kreissegment des sogenannten "Horizontal- bzw. Nebensonnenkreises", der sich aufgrund der Spiegelung des Lichts an den vertikalen Flächen von Eiskristallen ausbildet. Daher erscheint der Kreis immer weiß und nicht in den Spektralfarben.

In etwas größerer Entfernung zur Sonne lässt sich ein weiterer Kreis feststellen. Nun ist es aufgrund des Sonnenstandes nicht immer einfach, diesen eindeutig zu bestimmen, denn hierbei kann es zu einer Überlagerung von zwei verschiedenen Phänomenen kommen. Zum einen erkennt man den sogenannten "46°-Ring" ("großer Halo"). Dieser tritt seltener auf als sein "kleiner Bruder" und ist auch deutlich schwächer ausgeprägt. Bei genauem Hinsehen erkennt man jedoch, dass der Ring stellenweise in Regenbogenfarben leuchtet. Entsprechend könnte sich der 46°-Ring hier mit dem seltenen "Supralateralbogen" überlagern.

Im oberen Bildbereich lässt sich ein nach oben hin geöffnetes Kreissegment beobachten, das einem "auf dem Kopf stehenden" Regenbogen gleicht. Hierbei handelt es sich um den sogenannten "Zirkumzenitalbogen", der eine der farbenprächtigsten Haloerscheinungen darstellt. Hierbei werden die Sonnenstrahlen an waagerecht schwebenden Eisplättchen gebrochen.

Wenn sich der Autor abschließend nicht vollständig täuscht, kann man knapp oberhalb des 22°-Rings noch einen weiteren kleinen farbigen, allerdings lichtschwachen Bogen erkennen. Dabei sollte es sich um den eher selten auftretenden "konkaven Parrybogen" handeln. Dieser entsteht durch die Brechung des Sonnenlichts an säulenförmigen Kristallen, die "doppelt orientiert" sind. Das bedeutet, nicht nur die Hauptachse der Kristalle ist horizontal orientiert, auch die obere und untere Prismenfläche ist parallel zum Horizont ausgerichtet.

Falls Sie es an diesem Wochenende ins höhere Bergland schaffen oder eine Wolkenlücke erwischen, schauen Sie ruhig mal in den Himmel. Es könnte sich lohnen!



© Deutscher Wetterdienst

Themenarchiv:

24.12. - Weihnachten vor 15 Jahren: "Scarlett" schneite den Süden Deutschlands ein

23.12. - Wie lange hält das hochdruckdominierte Wetter an?

22.12. - Angeweißte Weihnachten 2025

21.12. - Schnee an Heiligabend?

20.12. - Gefühlt kälter in der Weihnachtswoche

19.12. - Die pazifische Taifunsaison 2025 - Ein Rückblick

18.12. - Schneeflöckchen, Weißröckchen

17.12. - Beim Klettern in der Halle lieber die Luft anhalten

16.12. - Sonnenscheinbilanz zur Monatsmitte

15.12. - Was tun an grauen Tagen?

14.12. - Von Meteoren, Hochnebel, Inversionen und optimaler Himmelssicht

13.12. - Novembergrau oder Dezembergrau?

12.12. - Extreme Dezember: 2010 und 2015 im Vergleich

11.12. - Hoch ELLINOR bringt graue Tristesse

10.12. - Ein erster Griff in die Spekulatiuskiste

09.12. - Die heiße Kugel

08.12. - Vom Winter keine Spur!

07.12. - Ein Sonntag mit Film und Fernsehen

06.12. - Jahresrückblick 2025 | Teil 2

05.12. - Jahresrückblick 2025 | Teil 1

04.12. - Tiefdruckeinfluss über dem östlichen Mittelmeer

03.12. - Deutschlandwetter im Herbst 2025

02.12. - Deutschlandwetter im November 2025

01.12. - Nebel im Winterhalbjahr

30.11. - Milder Winterstart

29.11. - Die atlantische Hurrikansaison 2025 - Ein Rückblick

28.11. - Glatteisgefahr im Südosten Deutschlands

27.11. - Wenn natürlich nicht mehr ausreicht: Die Kunstschneeproduktion

26.11. - Vom Kaltlufteinbruch bis zur Westdrift – Wie sich das Wetter zu Beginn der Weihnachtszeit in den letzten zehn Jahren präsentierte.

25.11. - In Gummistiefeln durch das Winterwetter