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22. Juni 2021 | Dipl.-Met. Marcus Beyer

Super Zellen

Super Zellen

Datum 22.06.2021

Es gibt schwache Gewitter ohne Auswirkungen und andere mit großem Hagel oder Orkan. Warum das so ist und wie man das vorhersagen kann, darum soll es heute gehen.

Am 09.05.2021 (https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/5/9.html) wurde im Thema des Tages erklärt, wie wir Gewitter mit der Zutatenmethode vorhersagen. Am 17.06.2021 (https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/6/17.html) ging es dann darum, was darüber entscheidet, ob bei vorhandener Energie Gewitter ausgelöst werden oder nicht. Heute nun soll es nochmal ganz speziell darum gehen, woher wir wissen, ob nur ein paar Blitze zu erwarten sind, oder mit einer Schwergewitterlage zu rechnen ist.


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Für ihre Entwicklung nutzen die Gewitter die in der Atmosphäre zur Verfügung stehende Energie. Das Maß dafür ist das im Thema des Tages vom 17.06. erläuterte CAPE. Es ist sicher verständlich, dass Gewitter, die mehr Energie zur Verfügung haben in aller Regel deutlich kräftiger ausfallen als Gewitter in Situationen mit wenig CAPE. Die Energie allein ist aber nicht alles. Einen entscheidenden Anteil an der Schwere und Langlebigkeit von Gewittern hat das "Gewürz" vertikale Windscherung.

Zunächst stellt sich die Frage, was die vertikale Windscherung eigentlich ist. Letztlich ist damit nichts Anderes gemeint, als die Veränderung von Windrichtung und -geschwindigkeit mit der Höhe. Jeder hat beim Blick zum Himmel sicherlich schon einmal bemerkt, dass man dort manchmal verschiedene Wolkenarten sehen kann, die in unterschiedliche Richtungen und unterschiedlich schnell ziehen. Das passiert, weil in den verschiedenen Luftschichten der Wind aus verschiedenen Richtungen und mit unterschiedlicher Stärke weht. Wir schauen zum Beispiel ganz speziell auf die (hochreichende) Windscherung zwischen Boden und 6 km Höhe, also darauf wie stark sich der Wind zwischen diesen beiden Schichten verändert.

Die zweite Frage ist: Warum braucht das Gewitter eine möglichst gute Windscherung für eine stärkere Entwicklung? Dafür muss man sich Gedanken über den Lebenszyklus von Gewittern machen. Dabei hilft der Blick auf das Tagesthema vom 17.06. und die Vorstellung eines aufsteigenden Luftpakets. So werden durch die Zutat Hebung fortwährend feuchtwarme Luftpakete gehoben (Aufwind) und können die für Gewitter verfügbare Energie nutzen. Infolge der Hebung kühlt sich die Temperatur des Pakets ab und seine relative Luftfeuchte steigt an. Irgendwann ist Sättigung erreicht und es bilden sich Wolken und nachfolgend der Niederschlag.

Nach einer gewissen Zeit werden die Niederschlagspartikel (Hagel, Regen) so groß und schwer, dass diese aus der Gewitterwolke ausfallen (Abwind). Die Luft unterhalb der Gewitter kühlt sich in der Folge ab, unter anderem durch Verdunstung. Das Blöde ist, dass der Abwind die Gewitter vom Aufwind und damit der Zufuhr der notwendigen feuchtwarmen Luftpakete abschneidet. Das heißt, als Resultat geht der Aufwind kaputt und das Gewitter fällt wieder in sich zusammen. So ein Gewitterlebenszyklus dauert in etwa 30 bis 60 min.

Und jetzt kommt die Windscherung ins Spiel: Durch zum Beispiel eine Zunahme des Windes mit der Höhe, werden die sich bildenden Niederschlagspartikel in eine andere Region transportiert, wo sie sich dann abregnen können. Die vertikale Windscherung bewirkt also eine Trennung von Aufwind und Abwind und die Zufuhr feuchtwarmer Luft bleibt bestehen. Die Gewitter bekommen dadurch eine längere Lebensdauer und können sich kräftiger entwickeln.

Bei ausreichend vertikaler Windscherung können sich sogar sogenannte Superzellen entwickeln. Diese haben noch eine ganz besondere Eigenschaft: Sie zeichnen sich nicht nur dadurch aus, dass Auf- und Abwindbereich voneinander getrennt sind, die Gewitterzelle wird sogar in Rotation versetzt. Man nennt einen solchen rotierenden Wolkenanteil "Mesozyklone".

Solche Superzellen sind besonders gefährlich, da durch die rotierende Mesozyklone ideale Bedingungen für alle möglichen heftigen Begleiterscheinungen herrschen. So geschehen am gestrigen Montag südlich der Donau. Neben heftigem Starkregen (bis 50 l/qm in 1h) und Böen bis in den Orkanbereich waren vor allem auch großer Hagel bis 6 cm ein Thema.

Um langlebige und kräftige Gewitter zu bekommen, braucht es als eine gute Überlappung von hohen CAPE-Werten und kräftiger vertikaler Windscherung. Auch heute sind diese Bedingungen ausgehend von den Alpen (Allgäu bis Berchtesgadener Land) bis ins Alpenvorland gegeben. Dementsprechend besteht ab dem Nachmittag wieder ein erhöhtes Superzellen- und Unwetterpotential.



© Deutscher Wetterdienst

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