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22. Januar 2020 | M.Sc. Sebastian Altnau

Lawinenkunde Teil 3 - Schneebrettlawinen

Lawinenkunde Teil 3 - Schneebrettlawinen

Datum 22.01.2020

Lawine ist nicht gleich Lawine. Die Schneebrettlawine ist die für Wintersportler gefährlichste Lawinenart. Welche Bedingungen die Schneebrettlawine braucht und bei welchen typischen Schneesituationen sie auftritt, klären wir im heutigen Thema des Tages.

Schneebrettlawinen sind die gefährlichsten Lawinen, da sie für über 90 % der Lawinenopfer verantwortlich sind. Die meisten davon haben ihre Lawine selbst ausgelöst. Die typische durch Wintersportler ausgelöste Schneebrettlawine ist 50 Meter breit und 150-200 Meter lang.


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Der erste Faktor für die Lawinenbildung ist die Schichtung der Schneedecke (siehe Thema des Tages vom 21.01.2020). Die Schneedecke setzt sich aus verschiedenen Schneeschichten der einzelnen Niederschlagsereignisse zusammen. Zusätzlich wirken weitere Einflüsse wie Windverfrachtung oder Wärmestrahlung auf die Zusammensetzung der Schneeschicht. Eine Schneebrettlawine braucht dabei eine Kombination aus einer durchgehenden Schwachschicht und einer darüber liegenden genügend stark gebundenen Schicht - dem Schneebrett. Die Schwachschicht zeichnet sich durch eine schwache Struktur aus und besteht unter anderem aus kantigen Becherkristallen aus der aufbauenden Schneeumwandlung. Aber auch eingeschneiter Oberflächenreif oder Graupel kann die Basis für Schwachschichten sein. Generell existieren in diesen Schichten nur wenige und schwache Verbindungen zwischen den Eiskristallen.

Das typische Schneebrett besteht aus dickeren Schichten mit kleinen Körnern, die gut miteinander verbunden sind. Typisch für die Bildung eines Schneebrettes ist Triebschnee (vom Wind verfrachteter Schnee), sodass der Satz: "Der Wind ist der Baumeister der Lawinen!" seine Berechtigung hat. Ein Schneebrett muss aber trotz des Namens nicht hart sein - im Gegenteil, die meisten Schneebretter sind weich.

Die zweite Bedingung für den Abgang einer Schneebrettlawine ist ein auslösender Moment. Am Anfang steht dabei der Initialbruch, eine Schädigung in der Schwachschicht, zum Beispiel durch zunehmende Belastung während eines Schneefalls oder durch die Zusatzlast eines Wintersportlers. Je näher die Schwachschicht an der Schneeoberfläche liegt und je weicher die überlagernde Schicht ist, umso eher lässt sich ein Bruch initiieren. Stellen mit einer tief liegenden Schwachschicht sind also weniger kritisch als Zonen mit wenig Schnee. Erreicht der Initialbruch eine kritische Fläche, beginnt schlagartig die Bruchausbreitung innerhalb der Schwachschicht. Das Schneebrett muss schwer und verformbar sein, um möglichst viel Energie zu liefern. Je schwerer und verformbarer das Schneebrett und je schwächer die Schwachschicht ist, umso kleiner ist die "kritische Größe", ab der sich der Initialbruch schlagartig ausbreitet. In der Schwachschicht breitet sich der Bruch über den ganzen Hang aus, bis ein Zugriss quer durch das Schneebrett entsteht. Der Bruch in der Schwachschicht kommt zum Stillstand und die abgelöste Schneetafel beginnt sich talwärts zu bewegen.

Dafür jedoch ist der nächste Faktor, eine ausreichende Hangneigung erforderlich. Meist braucht es für den Abgang der Lawine mindestens eine 30 Grad Neigung. Die Schneebrettlawine ist dabei durch einen linienförmigen, meist quer zum Hang verlaufenden Anriss charakterisiert. "Wumm"- oder Zischgeräusche und Risse beim Betreten der Schneedecke sind Alarmzeichen, die unmissverständlich zeigen, dass die Schneedecke alle Eigenschaften hat, die es zur Auslösung einer Schneebrettlawine braucht.

Schneebrettlawinen können sowohl im trockenen als auch im nassen Schnee abgehen, sogar lange nach einem Schneefall (auch im Altschnee ein Problem). Bei nassen Schneebrettlawinen wird die Schneedecke durch die Schmelze feucht oder erhält durch Regen eine Zusatzbelastung. Wasser, das in die Schneedecke hineinsickert, kann sich an markanten Schichtgrenzen stauen. Dort kann es zum Anreißen einer Schneetafel kommen. Der lokal hohe Wassergehalt kann aber auch an Schwachschichten zu einer weiteren Abnahme der Festigkeit führen und den Bruch wahrscheinlicher machen.

Aktuell schätzen die Warndienste die Lawinengefahr in den Hochlagen der Alpen als mäßig ein mit einer in den kommenden Tagen abnehmenden Tendenz. Schneebrettlawinen sind vor allem bei Triebschneeansammlungen oberhalb der Waldgrenze im kammnahen Steilgelände oder in eingewehten Rinnen und Mulden möglich. Die Auslösung benötigt allerdings eine große Zusatzbelastung z. B. durch eine Skifahrergruppe ohne Abstände, vereinzelt auch durch einzelne Wintersportler.



© Deutscher Wetterdienst

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