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04. Februar 2016 | Dipl.-Met. Thomas Ruppert

Hochwinter in Sibirien

Hochwinter in Sibirien

Datum 04.02.2016

Während Westwetterlagen uns bislang einen zu milden Winter bescherten, macht das Hochland von Oimjakon, der "Kältepol aller bewohnten Gebiete der Erde", derzeit seinem Namen alle Ehre.

Bei uns in Mitteleuropa war die "kalte Jahreszeit" bislang durch atlantische Luftmassen geprägt und fiel deutlich zu warm aus. Klima-kalendarisch wären wir in diesen Tagen noch im "Hochwinter", aber die weiterhin vorherrschenden Westwetterlagen sorgen zwar bisweilen für einen trüben Himmel mit zeitweiligen Niederschlägen, es bleibt aber größtenteils mild, windig bis stürmisch und Frost tritt eigentlich nur im Bergland sowie bei klarem Nachthimmel in der Osthälfte Deutschlands auf. Es reicht im Tiefland ja nicht einmal für nasskaltes Wetter, im Gegenteil, am Sonnabend liegen die Tageshöchsttemperaturen vielerorts deutlich im zweistelligen Bereich und mancher träumt bereits vom Frühling.



Während sich Meeresluftmassen, die mit Tiefausläufern nach Mitteleuropa gelangen, im Sommer kühlend und im Winter mildernd, also insgesamt mäßigend auf unser Temperaturregime auswirken, treten die Extremtemperaturen auf der Erde stets in wetterberuhigten Arealen auf, wo der lokale Strahlungs- und Energiehaushalt gegenüber advektiven Einflüssen dominiert. Das trifft im Falle der Tiefsttemperaturen des nordhemisphärischen Winters neben Nordamerika vor allem auf die Regionen hoch im Norden und/oder tief im Inneren Asiens zu. So verwundert es niemanden, dass derzeit Sibirien die kälteste Region der Erde ist.

Besonders im Ostsibirischen Bergland fiel die Temperatur in den vergangenen Nächten verbreitet bis deutlich unter -40 °C, dabei "kristallisierte" sich in der Nacht zum gestrigen Mittwoch das Hochland von Oimjakon einmal mehr als "Kältepol aller bewohnten Gebiete der Erde" heraus. Spitzenreiter in der Statistik der nächtlichen Tiefsttemperaturen bis Mittwochfrüh 00:00 Uhr UTC (10:00 Uhr Ortszeit) war die Station Yurty (63°58'N, 142°04'E, 1316 m Höhe) mit -54,9 °C, dicht gefolgt vom namensgebenden Dorf Oimjakon selbst (63°27'N, 142°47'E, 741 m Höhe) mit -54,3 °C und der ebenfalls benachbarten Ortschaft Agayakan (63°12'N, 141°41'E, 847 m Höhe) mit -53,8 °C. Am heutigen Donnerstag war die Temperaturverteilung ähnlich, jedoch führte Oimjakon die Rangliste mit -54,6 °C an. Das ist an sich nichts Besonderes, denn bereits am 6. Februar 1933 wurden in Oimjakon -67,8 °C gemessen. Am dortigen "Kältepol-Denkmal" sind sogar -71,2 °C aus dem Jahre 1926 vermerkt. Dieser Wert sowie eine im Jahre 1916 gemessene Temperatur von -81,2 °C sind allerdings nie offiziell anerkannt worden. Am 31. Dezember 1968 wurde dann in Oimjakon mit 1083,8 hPa auch der höchste, je auf der Erde gemessene Luftdruck registriert.

Neben ihren geografischen Positionen - fast am Polarkreis und im Winter mit wenig Sonnenschein, sowie weit genug entfernt vom Einfluss der atlantischen Westwinddrift - liegen alle diese Stationen in Hochtälern, so dass die Möglichkeit zur Bildung von Kaltluftseen besteht. Meteorologische Hauptursache für derartige Extremwerte sind sog. Kältehochs in der arktischen Luftmasse, die eine geringe vertikale Mächtigkeit besitzen und in der höheren Atmosphäre von tiefem Luftdruck überlagert sind. Die zur Ruhe gekommene Polarluft wird durch strahlungsbedingte Auskühlung der bodennahen Luftschichten, insbesondere bei klarem Nachthimmel über Schneeflächen, immer kälter und wirkt schließlich klimabildend. Dauerhafte winterliche Kältehochs trifft man daher auch in der Arktis und Antarktis.

Die Karte unten zeigt etwa den Sektor vom Nordpol bis 60 °N und von 90 °E bis 180 °E, mit den nächtlichen Tiefsttemperaturen in ganzen [°C] sowie den Isobaren des auf Meeresniveau reduzierten Luftdruckes [hPa] vom 03.02.2016, 00:00 UTC (10:00 Uhr Ortszeit). Ein kleines Hochdruckgebiet mit 1030 hPa, zentral am oberen Rand der Karte zu sehen, kennzeichnet den "Kältepol von Oimjakon".


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© Deutscher Wetterdienst

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