04. Dezember 2012 | Dipl.-Met. Sabine Krüger
Gefühle in der Meteorologie
Da denkt man, die Meteorologie ist eine Wissenschaft, die gemeinhin
auch als Physik der Atmosphäre bezeichnet wird und das Wetter kann
mit physikalisch-mathematischen Formeln beschrieben werden. Und jetzt
kommt hier jemand daher und schwafelt in der Überschrift etwas von
Gefühlen...
Einerseits stimmt es natürlich. Die Vorgänge in der Atmosphäre können
mit einer Vielzahl von Formeln beschrieben werden und mit
entsprechender Rechnerleistung kann auch in die Zukunft geschaut
werden. Die Vorhersagen sind aber mit Unsicherheiten behaftet, die
mit zunehmender Vorhersagezeit auch immer größer werden. Darauf
möchte ich heute aber nicht eingehen, denn das "Problem der
Wettervorhersage" wurde an dieser Stelle bereits vor einiger Zeit
beschrieben.
Andererseits ist das Wetter etwas, was die Menschen in ihrem
Wohlbefinden beeinflusst und daher wurden Möglichkeiten entwickelt,
um den Einfluss auf den menschlichen Körper etwas genauer
darzustellen.
... und worauf ich heute hinaus möchte, ist die gefühlte Temperatur.
Denn, das Temperaturempfinden eines Menschen hängt nicht nur von der
tatsächlich herrschenden Lufttemperatur ab, die standardmäßig in 2
Meter Höhe gemessen wird, sondern auch von weiteren meteorologische
Messgrößen wie z. B. der Windgeschwindigkeit und der Luftfeuchte. Die
gefühlte Temperatur würde der gemessenen Lufttemperatur entsprechen,
wenn man der Temperatur entsprechende Kleidung trägt, eine mittlere
Luftfeuchtigkeit und Windstille herrscht und man sich zudem nur im
Schatten aufhält. In der Sonne und bei hohem Wasserdampfgehalt der
Luft wird die Temperatur höher empfunden, bei Wind geringer. Vor
allem im Winter sorgt der Wind für einen zusätzlichen
"Fröstelfaktor".
Im Deutschen Wetterdienst wird die gefühlte Temperatur nach dem
sogenannten "Klima-Michel-Modell" berechnet, das den Wärmehaushalt
eines Modellmenschen bewertet. Der "Klima-Michel" ist ein Mann mit
einer Größe von 1,75 m, einem Gewicht von 75 kg und ist etwa 35 Jahre
alt. Der Wärmehaushalt ist hierbei im Wesentlichen von der
Luftfeuchte, der Sonneneinstrahlung und der Windgeschwindigkeit
abhängig. Bei niedrigen Temperaturen und starkem Wind kann die
Temperatur deutlich kühler empfunden werden, Sonne und Windstille
können die gefühlten Temperaturen auch über die Lufttemperatur
ansteigen lassen.
Der gefühlten Temperatur wird ein bestimmter Bereich zugeordnet, bei
der wir uns wohl fühlen, der sogenannte Behaglichkeits- oder
Komfortbereich (siehe nebenstehende Tabelle).
Ist es kälter oder
wärmer, leiden wir unter Kältestress oder Wärmebelastung und je
weiter sich die gefühlte Temperatur vom Komfortbereich entfernt, umso
stärker werden Herz, Kreislauf und periphere Gefäße beansprucht.
Heute Morgen lagen die gefühlten Temperaturen zwischen -1 Grad in
Koblenz (Rheinland-Pfalz, tatsächliche Lufttemperatur +3 Grad) und -9
Grad in Görlitz (Sachsen, tatsächliche Lufttemperatur -1 Grad). In
höheren Berglagen wurden noch tiefere, gefühlte Temperaturen
"registriert" und zwar z. B. -13 Grad auf dem Brocken (tatsächliche
Lufttemperatur -4 Grad) und -19 Grad auf der Zugspitze (tatsächliche
Lufttemperatur -9 Grad).
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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