Facebook Twitter
Drucken
08. Januar 2019 | Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Lawinenunfälle: Meist vermeidbar!

Lawinenunfälle: Meist vermeidbar!

Datum 08.01.2019

Jeden Winter beschäftigt das Thema "Lawinen" alle die abseits der Pisten in die Schneelandschaft eintauchen wollen. Die sogenannte "SnowCard" hilft dabei, die "weiße Gefahr" besser einschätzen zu können.

Die derzeitig angespannte Lawinensituation in den Alpen (siehe auch vorgestriges Thema des Tages) hat bereits erste Opfer gefordert und auch in den nächsten Tagen ist keine Entspannung der Lage in Sicht.


Zum Vergrößern bitte klicken
Zum Vergrößern bitte klicken


Besonders gefährdet sind alle Wintersportler, die sich abseits der Pisten bewegen. Vor einigen Jahren war Skitourengehen noch das Metier einiger weniger Bergfreaks - aber immer mehr Menschen zieht es, auf der Suche nach Natur, Abenteuer und Einsamkeit, weg von präparierten Skipisten hin zu weißer unberührter Schneelandschaft. Doch die Berge statt in einer beheizten Gondel mit Tourenskiern oder Schneeschuhen zu erklimmen braucht nicht nur Kraft und Ausdauer, sondern auch Wissen über lokale Geografie und Lawinengefahr.

Unerlässlich bei einer Tourenplanung ist der jeweilige Lawinenlagebericht (für die deutschen Alpen ausgegeben vom Lawinenwarndienst Bayern), in dem es Informationen zur Lawinenwarnstufe und zu Gefahrenstellen gibt. Ein zusätzliches hilfreiches Instrument ist in diesem Zusammenhang die "SnowCard" des Deutschen Alpenvereins DAV (siehe beigefügtes Bild). Sie ist ein sogenanntes probablisitisches Entscheidungswerkzeug, da sie auf statistischen Auswertungen von Unfällen basiert und Wahrscheinlichkeiten für eine Lawinenauslösung angibt. Die "SnowCard" ermöglicht anhand der Kombination dreier Hauptkriterien (Gefahrenstufe, Steilheit, Exposition) eine Risikobewertung des Geländes. Die drei Fragen zum Risikocheck lauten dabei:

1) Wie hoch ist die Gefahrenstufe? (Diese ist im lokalen Lawinenlagebericht zu finden) 2) Wie steil ist die steilste Stelle im Hang, bzw. im Einzugsbereich? (Der Einzugsbereich ist umso größer, je höher die Gefahrenstufe) 3) Ist die Hangexposition/-form günstig oder ungünstig? (Der Lawinenlagebericht nennt besonders lawinengefährdete Bereiche wie zum Beispiel "Triebschnee an allen Schattenhängen oberhalb 2200 Meter". Für diese Zonen wird die Diagramm-Seite mit der Überschrift "ungünstig" verwendet.

Die Kombination der drei Antworten ergibt nun einen Punkt auf der "SnowCard", der durch eine Farbe gekennzeichnet ist. "Grün" bedeutet dabei geringes Risiko (keine Verhaltensmaßnahmen empfohlen), "gelb" bedeutet mittleres Risiko (Sicherheitsmaßnahmen empfohlen), "orange" und "rot" stehen für hohes Risiko (Verzicht empfohlen).


Zum Vergrößern bitte klicken
Zum Vergrößern bitte klicken


In einer kürzlich veröffentlichten Studie untersuchte der DAV die Frage, ob vergangene Lawinenunfälle mit Todesfolge (untersucht wurden 185 Fälle) vermeidbar gewesen wären. D.h. Wurde am Tag des Unfalls der entsprechende Geländeabschnitt von der "SnowCard" als "orange" oder "rot" gekennzeichnet, also zum Verzicht empfohlen? Die Ergebnisse sind eindeutig: 84% aller Todesfälle wären durch Anwendung der "SnowCard" vermeidbar gewesen. Außerdem lagen 95% aller Todesfälle in Geländebereichen, die der Lawinenlagebericht als potentiell gefährlich genannt hatte.

Auch wenn diese Ergebnisse die Wichtigkeit der "SnowCard" unterstreichen, ist es laut DAV doch kein "Allheilmittel". Viel zu komplex ist das Zusammenspiel mehrerer Faktoren, was eine exakte Vorhersage von Lawinen und Schneebrettern (ähnlich wie beim Wetter) unmöglich macht...

Anmerkung: Zwischen dem Lawinenwarndienst Bayern und dem Deutschen Wetterdienst besteht eine enge Zusammenarbeit. Der Wetterbericht für den Deutschen Alpenraum auf der Homepage des Lawinenwarndienst Bayern wird von den Meteorologen der Regionalen Wetterberatung München verfasst, ebenso sind Lawinen-Lagebericht und Gefahrenstufe auf der Website und in der WarnWetter-App des Deutschen Wetterdienstes einsehbar.



© Deutscher Wetterdienst

Themenarchiv:

15.12. - Was tun an grauen Tagen?

14.12. - Von Meteoren, Hochnebel, Inversionen und optimaler Himmelssicht

13.12. - Novembergrau oder Dezembergrau?

12.12. - Extreme Dezember: 2010 und 2015 im Vergleich

11.12. - Hoch ELLINOR bringt graue Tristesse

10.12. - Ein erster Griff in die Spekulatiuskiste

09.12. - Die heiße Kugel

08.12. - Vom Winter keine Spur!

07.12. - Ein Sonntag mit Film und Fernsehen

06.12. - Jahresrückblick 2025 | Teil 2

05.12. - Jahresrückblick 2025 | Teil 1

04.12. - Tiefdruckeinfluss über dem östlichen Mittelmeer

03.12. - Deutschlandwetter im Herbst 2025

02.12. - Deutschlandwetter im November 2025

01.12. - Nebel im Winterhalbjahr

30.11. - Milder Winterstart

29.11. - Die atlantische Hurrikansaison 2025 - Ein Rückblick

28.11. - Glatteisgefahr im Südosten Deutschlands

27.11. - Wenn natürlich nicht mehr ausreicht: Die Kunstschneeproduktion

26.11. - Vom Kaltlufteinbruch bis zur Westdrift – Wie sich das Wetter zu Beginn der Weihnachtszeit in den letzten zehn Jahren präsentierte.

25.11. - In Gummistiefeln durch das Winterwetter

24.11. - Vor 20 Jahren: Das Münsterländer Schneechaos

23.11. - Erste Glatteislage der Saison

22.11. - Die Kugel der Mitte

21.11. - Lesen bildet

20.11. - Eisige Nächte am Wochenende

19.11. - Wenn es so kräftig regnet, dass es schneit: Die Niederschlagsabkühlung!

18.11. - Wintereinbruch – oder doch nur spätherbstliches „Geflöckel“?

17.11. - Begrifflichkeiten und Geografie im Wetterbericht

16.11. - Ein gestörter Polarwirbel ist nicht alles