20. Mai 2014 | M.Sc.-Met. Anna Wieczorek
Temperaturempfinden und Schwüle
In weiten Teilen Deutschlands zeigt sich das heutige Wetter von seiner besten Seite. Auf der Vorderseite eines Tiefdruckkomplexes über Westeuropa strömt zunehmend warme und feuchte Luft aus dem Mittelmeerraum nach Deutschland.
Des Weiteren verstärkt sich der Hochdruckeinfluss von Osteuropa noch ein wenig, sodass es heute vielfach sonnig wird und die Temperaturen auf bis zu 29 Grad steigen.


Viele Menschen werden sich über diese sommerliche Wendung sehr
freuen. Aber bei Weitem nicht alle. Denn hohe Lufttemperaturen können
eine Belastung für den menschlichen Körper darstellen. Insbesondere
bei älteren oder kranken Personen kann das Herz-Kreislauf-System
belastet werden, was durchaus gefährlich sein kann.
Die gemessenen Temperaturen entsprechen aber nicht immer unserer
Empfindung. Deswegen ist häufig von der "gefühlten Temperatur" die
Rede. Diese beschreibt die Temperatur, die mit angemessener Kleidung,
bei mittlerer Luftfeuchtigkeit und Windstille beispielsweise bei
einem Spaziergang im Schatten empfunden wird. Daher ist die gefühlte
Temperatur unter warmen, sonnigen und windschwachen sommerlichen
Bedingungen höher als die gemessene Temperatur. Im Winter fällt die
gefühlte Temperatur vor allem bei windigem Wetter geringer aus. Im
Extremfall können in Mitteleuropa bis zu 15 Grad Unterschied zwischen
gefühlter und gemessener Temperatur liegen.
Doch wie kann die gefühlte Temperatur bestimmt werden?
Der DWD nutzt dafür ein Modell, das den Wärmehaushalt des sogenannten
"Klima-Michels" bewertet. Der Klima-Michel ist ein Modellmensch, der
das Wärmeempfinden des Menschen wiedergeben soll. Dabei sind
Parameter wie Größe, Gewicht oder Alter festgelegt. Die Bekleidung
wird zwischen leichter Sommer- und dicker Winterbekleidung den
meteorologischen Bedingungen angepasst. Die gefühlten Temperaturen
zwischen 0 und 20 Grad würden Behaglichkeit bedeuten, gefühlte
Temperaturen unter 0 Grad ein Kälte- und über 20 Grad ein Wärmegefühl
(siehe nebenstehende Tabelle).
Neben der hohen Temperatur belastet den Körper in den folgenden Tagen
auch die zunehmende Schwüle. Zwar ist dieser Begriff in unserem
Sprachraum weit verbreitet, aber noch nicht eindeutig
wissenschaftlich definiert. Er beschreibt einen Spezialfall des
belastenden thermischen Empfindens unter feucht-warmen Bedingungen,
bei der der menschliche Körper mehr oder weniger daran gehindert
wird, über Verdunstung (Schwitzen) Wärme an die Umgebung abzugeben.
Bei hoher Luftfeuchtigkeit kann ein Wärmestau sogar zu Hyperthermie
und im Extremfall zu lebensbedrohendem Hitzschlag führen. Die
Beziehung zwischen dem Verdunstungspotenzial an der Körperoberfläche
und dem Schwüleempfinden kann der Tabelle entnommen werden.
In den Gebieten, in denen es heute nicht ganz so warm wird (Werte von
bis zu 25 Grad) - wie in den Küsten- und Bergregionen sowie dem
wolkigeren Westen fällt die gefühlte Temperatur etwas niedriger aus.
In vielen wolkenlosen Bereichen des Landes können aufgrund der hohen
Einstrahlung der Sonne und des schwachen Windes deutlich höhere Werte
der gefühlten Temperatur von bis zu 34 Grad auftreten. Vor allem im
Norden und äußersten Osten kann heute durch eine relative
Luftfeuchtigkeit von deutlich über 50% ein Schwüleempfinden
aufkommen, während in den übrigen Bereichen die Luftfeuchtigkeit
überwiegend zwischen 30 und 45% liegt.
Am Donnerstag erreicht das sommerliche Wetter seinen Höhepunkt, wenn
auch von Westen her Wolken aufziehen. Das Thermometer zeigt dann an
vielen Orten von knapp über 30 Grad, vor allem im Osten, wo die Sonne
noch bis zum Abend ungetrübt scheint, steigt die Temperatur bis auf
32 Grad. Die gefühlte Temperatur erreicht dort bis zu 36 Grad und
auch das Empfinden von Schwüle wird weiter zunehmen.
Für weitere Informationen und Vorhersagen zur gefühlten Temperatur
und Schwüle sei unsere Seite http://www.dwd.de/biowetter und für
Begrifflichkeiten unser Wetterlexikon unter http://www.dwd.de/lexikon
empfohlen.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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