Facebook Twitter
Drucken
19. März 2020 | Dipl.-Met. Praktikant Vinzenz Schach / Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Wetter und Weltgeschichte: Der "Götterwind"

Wetter und Weltgeschichte: Der "Götterwind"

Datum 19.03.2020

Das Wetter: des einen Fluch, des anderen Segen. Davon kann bzw. konnte der mongolische Herrscher Kublai Khan seinerzeit ein Liedchen singen.

Vor ca. 850 Jahren herrschte Kublai Khan, ein Enkel des großen Dschingis Khan, über das gigantische Mongolenreich. Zu diesem gehörte gegen Ende des 13. Jahrhunderts der mittlere Osten, große Teile Osteuropas, Korea und ganz China. "Satt" war Kublai Khan damit aber noch nicht. Der Plan war, auch Japan einzunehmen und so das Reich weiter zu vergrößern. Die Japaner waren von diesem Plan allerdings - wer hätte es gedacht - alles andere als begeistert und verweigerten die Forderung, sich zu unterwerfen. So entschloss sich Kublai Khan im Jahr 1274, seiner Forderung, sagen wir mal, etwas Nachdruck zu verleihen. Mit einer rund 30.000 Mann starken Armee (die historischen Quellen schwanken bei dieser Zahl sehr stark) aus Koreanern und Mongolen segelte er auf ca. 1000 Schiffen Richtung Japan und fiel auf der Insel Kyushu im Südwesten Japans ein.


Die bei einem Taifun zerstörte mongolische Flotte, Tinte und Wasser auf Papier, von Kikuchi Y?sai, 1847
Die bei einem Taifun zerstörte mongolische Flotte, Tinte und Wasser auf Papier, von Kikuchi Y?sai, 1847


Die Japaner waren zwar auf den Kampf vorbereitet, zahlenmäßig jedoch weit unterlegen. Ein weiteres großes Problem war u.a., dass die traditionelle japanische Kampfkunst, die den Kampf Mann gegen Mann bevorzugte, nicht auf die wilde Kampfweise der Mongolen ausgelegt war. Nach einer großen Zahl an Verlusten zogen sich die angeschlagenen Japaner zurück ins Landesinnere und beteten zu ihren Göttern, um Hilfe zu erlangen. Offensichtlich war auch der Wettergott unter den Zuhörern, denn Hilfe kam tatsächlich und zwar in Form eines meteorologischen Ereignisses.

Als die ebenfalls geschwächten Mongolen zurück auf ihr Boote gingen, um ihre Kräfte zu sammeln und Versorgungsengpässe zu beseitigen, zog ein schwerer Taifun auf, der ungefähr ein Drittel der Schiffe vernichtete und die Mongolen ungemein schwächte. Somit war ein Fortsetzen der Invasion unmöglich und die Mongolen mussten sich zurückziehen. Die Japaner, erfreut über ihre erhörten Gebete, nannten diesen Sturm "Kamikaze", zu Deutsch: der Götterwind. Viele Hundert Jahre später sollte die japanische Luftwaffe ihre Selbstmordpiloten, die im 2. Weltkrieg feindliche Kriegsschiffe bombardierten, nach eben diesem Wind benennen.

Trotz dieser durch eine Naturkatastrophe hervorgerufenen Niederlage ließ sich Kublai Khan nicht von seinem Plan, Japan zu erobern, abbringen. Dazu stellte er eine neue Armee auf, dieses Mal mit weit über 100.000 Soldaten und tausenden Schiffen (Zahlen erneut nur mit Vorsicht zu genießen), mit denen er 1281 erneut gen Japan bzw. gen Kyushu schipperte. Diesmal hatte das mongolische Heer trotz der neuen Stärke mehr Schwierigkeiten, da die Japaner in den letzten sieben Jahren ebenfalls nicht tatenlos geruht hatten, sondern ihre Verteidigungsanlagen deutlich verstärkten. Dazu hatte offensichtlich wieder der Wettergott seine Finger im Spiel, denn erneut fegte ein Taifun über die Insel Kyushu hinweg, der die Armee Kublai Khans einmal mehr erheblich dezimierte. Abermals musste sich Kublai Khan somit geschlagen geben und die Invasion endgültig abbrechen.

Ob dies wirklich mit den Gebeten der Japaner zu tun hatte oder doch eher ein meteorologischer Zufall war, darf natürlich jeder selbst entscheiden.



© Deutscher Wetterdienst

Bild: Wikicommons

Themenarchiv:

02.12. - Deutschlandwetter im November 2025

01.12. - Nebel im Winterhalbjahr

30.11. - Milder Winterstart

29.11. - Die atlantische Hurrikansaison 2025 - Ein Rückblick

28.11. - Glatteisgefahr im Südosten Deutschlands

27.11. - Wenn natürlich nicht mehr ausreicht: Die Kunstschneeproduktion

26.11. - Vom Kaltlufteinbruch bis zur Westdrift – Wie sich das Wetter zu Beginn der Weihnachtszeit in den letzten zehn Jahren präsentierte.

25.11. - In Gummistiefeln durch das Winterwetter

24.11. - Vor 20 Jahren: Das Münsterländer Schneechaos

23.11. - Erste Glatteislage der Saison

22.11. - Die Kugel der Mitte

21.11. - Lesen bildet

20.11. - Eisige Nächte am Wochenende

19.11. - Wenn es so kräftig regnet, dass es schneit: Die Niederschlagsabkühlung!

18.11. - Wintereinbruch – oder doch nur spätherbstliches „Geflöckel“?

17.11. - Begrifflichkeiten und Geografie im Wetterbericht

16.11. - Ein gestörter Polarwirbel ist nicht alles

15.11. - Nasser Norden

14.11. - Polarluft versus Warmluft

13.11. - Die Deckenkugel

12.11. - Magische Nächte?

11.11. - Die Europäische Unwetterkonferenz und das Europäische Unwetterlabor

10.11. - Es geht schon wieder los!

09.11. - Das Herbstwetter mit Blick durch die Ensemble-Brille

08.11. - Perfektes Wochenende

07.11. - Wetter in der Musik

06.11. - Wenn die Küstengebiete in den Schneemassen versinken

05.11. - Viel Niederschlag im Mittelmeerraum

04.11. - November: Grau oder sonnig? - Mal so, mal so!

03.11. - Goldenes Novemberwetter - oder doch trübe Nebelsuppe?