23. Januar 2014 | M.Sc.-Met. Anna Wieczorek / Dipl.-Met. Martin Jonas
Ist das aber eine steife Brise?
So hört man die Bewohner an der Küste oder alte Seebären sprechen. Viele haben das auch schon einmal selbst erlebt...
Man fährt von zu Hause los, Richtung Ost- oder Nordsee, und nur ein angenehmes laues Lüftchen wehte. Doch dann, an der schönen Küste angekommen, da ist es spürbar windiger, speziell, wenn der Wind von der See her weht. Aber wieso ist der Wind an der Küste oder über See stärker als im Binnenland?
Zunächst muss man wissen, was Wind überhaupt ist. Wind stellt eine
Ausgleichsbewegung zwischen Gebieten mit unterschiedlichem Luftdruck
dar. Er ist also bestrebt, den Berg an hohem Druck und das Loch
an tiefem Druck auszugleichen, in dem er vom hohen zum niedrigen
Druck zu wehen versucht. Aber so einfach ist das leider nicht, denn
die Erde dreht sich. Somit kommt nicht nur der Druckunterschied zum
Tragen, sondern die sich bewegenden Luftmassen werden durch die
sogenannte Corioliskraft abgelenkt (auf der Nordhalbkugel nach
rechts).
In der höheren Atmosphäre stellt sich am Ende eine Situation ein, in
der kein Druckausgleich stattfindet. Man sagt, der Wind weht
isobarenparallel. Am Boden gilt dies allerdings nicht, wie die
Abbildung zeigt.
Zu sehen sind dort die Linien gleichen Bodendrucks (Isobaren) und der
vom Modell berechnete Wind (Fieder). Man erkennt, dass die
Windfiedern, entgegen der oben angesprochenen Theorie, nicht parallel
zu den Isobaren liegen. Warum?
Nun, ein wichtiger Faktor fehlt uns noch in der Betrachtung. Dieser
Faktor ist die Beschaffenheit der Oberfläche, genauer gesagt, die von
ihr erzeugte Reibung. Je nach Oberflächenbeschaffenheit wird der Wind
mehr oder weniger abgebremst. So spürt der Wind beispielsweise mehr
Widerstand, wenn er durch ein Waldgebiet weht als über einen Acker.
Man kann sich das auch so vorstellen: Fährt man mit Inlinern erst
über eine asphaltierte Strecke und dann über Schotter, so übt der
Schotter aufgrund seiner anderen Oberflächenbeschaffenheit mehr
Widerstand aus und wir werden abgebremst.
So ähnlich ist es auch beim Unterschied zwischen Meeres- und
Landoberfläche. Auf der Landoberfläche wird der Wind stärker
abgebremst als über dem Meer. Deswegen herrscht an der See häufig
auch dann eine frische Brise, wenn im Landesinneren nur ein laues
Lüftchen weht. Eine weitere Folge dieser beschriebenen Prozesse ist
Ihnen in der Karte vielleicht auch schon aufgefallen. Die Änderung
der Windrichtung gegenüber den Isobaren ist über dem Meer geringer
als über Land. Der Wind weht zwar in beiden Fällen etwas quer zu
den Isobaren in Richtung des Tiefs. Während man aber über Land häufig
einen Ablenkungswinkel von ca. 30° annehmen kann, beträgt die
Ablenkung über dem Meer nur 10-20°.
Bei aller Bedeutung der Reibung auf die Windgeschwindigkeit sollte
man nicht vergessen: Der wichtigste Faktor für die
Windgeschwindigkeit ist der Druckunterschied bzw. der
Isobarenabstand, wie man in der Abbildung unschwer südlich von
Norwegen erkennt.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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