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07. Dezember 2021 | Dipl.-Met. Adrian Leyser

BARRA die Bombenzyklone

BARRA die Bombenzyklone

Datum 07.12.2021

Von "Null" auf Orkanstärke: Über die außergewöhnliche Entwicklung des Orkantiefs BARRA.

Über dem Nordatlantik ereignete sich in den letzten 36 Stunden eine bemerkenswerte Tiefdruckentwicklung. Schon der Blick auf die Bodenanalyse von heute, Dienstagmorgen (07.12.2021) sowie das Satellitenbild zeigt ein ausgewachsenes Orkantief als Wolkenspirale bei den Britischen Inseln. Doch weniger das Tief selbst als dessen Werdegang ist als wahrlich außergewöhnlich zu bezeichnen. Denn dem System, das vom irischen Wetterdienst auf den international gültigen Namen BARRA und von der Freien Universität Berlin auf HARRY getauft wurde, genügten kaum 24 Stunden, um von einem eher unscheinbaren Tief zu einem veritablen Orkan heranzureifen.


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HARRY nahm seinen Ursprung als kleine Welle an der Polarfront über Nordamerika und zog über den Nordatlantik etwa entlang des 50. Breitengrades gen Osten. Sie machte sich in der Folge die enormen Temperaturgegensätze zunutze, die sich zwischen der von Nordkanada auf den Nordatlantik strömenden sehr kalten Polarluft und der südlich lagernden Subtropikluft aufbauten. Je größer die Temperaturgegensätze, desto mehr "Aufwand" muss die auf Ausgleich bedachte Atmosphäre betreiben, diese Gegensätze abzubauen. Anders ausgedrückt stellen diese Bereiche besonders großer Temperaturgegensätze ein gewaltiges Energiereservoir dar, das Tiefdruckgebiete in Bewegungsenergie, also Wind umsetzen.

Die Grafik vergleicht den Luftdruck auf Meeresniveau zwischen Montagmorgen (06 UTC) und Dienstagmorgen (06 UTC). In diesem Zeitraum fiel der minimale Luftdruck im Kern von HARRY von rund 1015 hPa auf rund 965 hPa. Man erkennt diese Intensivierung daran, dass sich immer mehr Isobaren, also Linien um gleichen Luftdrucks um den Tiefkern scharen. Wir konnten also eine Luftdruckabnahme von sage und schreibe 50 hPa innerhalb von gerade einmal 24 Stunden beobachten. Ab einer "Vertiefungsrate" von 24 hPa in 24 Stunden (entlang des 60. Breitengrades, weiter südlich sind geringere, weiter nördlich etwas höhere Werte notwendig) spricht man von einer "rapiden Zyklogenese". Im Hinblick auf die Explosivität solcher Phänomene werden gerne auch mal die Begriffe "Bombogenese" oder "Bombenzyklone" genannt. Sie treten regelmäßig im Winterhalbjahr auf, wenn die Temperaturgegensätze zwischen den Polen und den Subtropen deutlich zunehmen. Bombogenesen dieser Ausprägung sind allerdings äußerst selten.

HARRY bringt Irland und Teilen Großbritanniens heute schweren Sturm, teilweise sehr schadensträchtige Orkanböen (140-150 km/h im Südwesten von Irland). Doch auch unser Wetter wird ab der Nacht zum Mittwoch von HARRY beeinflusst, allerdings nur von einem Ausläufer in Form einer Mischfront (Okklusion). Die Wettererscheinungen an ihr sind bei weitem nicht so heftig wie bei den Britischen Inseln. Dennoch sorgen die mit der Front von Westen aufkommenden Regen- und Schneefälle morgen früh gebietsweise für gefährliche Glätte. Auch der Wind dreht spürbar auf und weht insbesondere an der Küste sowie in Hoch- und Leelagen in Böen stark bis stürmisch.



© Deutscher Wetterdienst

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