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13. Juni 2017 | Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

CIN - der Deckel der freien Konvektion

CIN - der Deckel der freien Konvektion

Datum 13.06.2017

Gewitter gehören gerade im Sommer fast zum täglichen Alltag. Doch welche Bedingungen müssen vorliegen und wie muss die Atmosphäre beschaffen sein, damit schwere Gewitter entstehen können? Ein kleines Puzzlestück ist dabei die sogenannte CIN!

Sommerzeit ist Gewitterzeit! Wie Gewitterzellen in einer gegebenen Situation entstehen und zu welcher Intensität sich diese entwickeln, ist im Wesentlichen von der atmosphärischen Schichtung abhängig. Die erste Voraussetzung für die Entwicklung einer Gewitterzelle ist aufsteigende Luft, die das Kondensationsniveau, also die Höhe der Wolkenbildung erreicht.

Dies kann entweder thermisch geschehen, indem im Vergleich zur Umgebung bodennahe warme und somit leichte Luft aufsteigt, oder aber durch erzwungene Hebung bei einer Windströmung gegen orographische Hindernisse (z.B. Gebirge) hervorgerufen werden. In beiden Fällen kühlt sich die Luft auf ihren Weg in größere Höhen ab. Da kalte Luft jedoch weniger Feuchte als warme Luft aufnehmen kann, fällt ab dem Niveau der Sättigung überschüssige Feuchte als kleine Wolkentröpfchen aus (Kondensationsniveau; vgl. auch Eintrag "Kondensation" im Wetterlexikon des DWD). Fehlt allerdings ab dem Kondensationsniveau der Antrieb in größere Höhen zu steigen, sind lediglich flachere Schichtwolken die Folge. Um jedoch eine hochreichende Gewitterwolke bilden zu können, muss die Luft irgendwie bis zum sogenannten "Level of Free Convection" (LFC) gelangen.


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Das LFC stellt dabei die geringste Höhe eines vom Erdboden aufsteigenden feuchten Luftpakets dar, ab der seine Temperatur größer als die seiner umgebenden Luft wird (vgl. Abbildung). Als gesättigtes Luftpaket ist es in der Lage, sich ab dem LFC durch eigenen Antrieb selbständig frei aufwärts zu bewegen. Je tiefer das LFC liegt, desto eher tritt bei erzwungenen Hebungsvorgängen Konvektion ein und umgekehrt.

Als Gegenspieler entpuppt sich dabei aber die CIN (Convective Inhibition). Der "CIN-Wert" (CIN = Convective Inhibition, dt. Konvektionshemmung) ist eine meteorologischer Größe, die die Energiemenge beschreibt, die ein aufsteigendes Luftpaket daran hindert, vom Boden bis zum LFC aufzusteigen. Der CIN-Wert spiegelt somit die Stärke des "Deckels" wider, der eine Auslösung von Konvektion (hochreichend auftürmende Wolken) verhindert. Je größer die CIN-Werte sind, desto unwahrscheinlicher ist also die Entstehung von Gewittern.

Geringe CIN-Werte können hingegen für die Entwicklung von schwerer Konvektion sogar förderlich sein. Ein "Deckel" macht eine flächige Entstehung von Gewittern eher unwahrscheinlich. Lokal begrenzt können Luftpakete beispielsweise durch erzwungene Hebung an Gebirgen dennoch das LFC erreichen und weiter aufsteigen. Die Gewitterzellen, die sich dann bilden, haben die komplette in der Atmosphäre vorhandene Energie verfügbar und können damit zu kräftigen Gewitterkomplexen heranwachsen. Wenn kein CIN vorhanden ist, kann sich dagegen jeder kräftige Aufwind zu einem Gewitter entwickeln. Eine flächige Auslösung dieser ist somit wahrscheinlich, sodass sich alle entstehenden Gewitter die vorhandene Energie in der Atmosphäre aufteilen müssen.

Ursachen für hohe CIN-Werte können vielfältig sein. Eine Möglichkeit ist das Vorhandensein einer Inversion in der unteren Troposphäre oder eine sehr trockene Grenzschicht (untere Troposphäre) mit geringen Werten an relativer Feuchtigkeit. Auch Kaltluftadvektion, also der Zustrom kalter Luft in bodennahen Schichten oder die in den Abendstunden einsetzende Abkühlung der unteren Luftschichten durch Ausstrahlung führt zu einer deutlichen Erhöhung der CIN-Werte und verhindert, dass sich neue Gewitter vom Boden her bilden können.



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