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14. November 2016 | Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Ohne Moos nix los...

Ohne Moos nix los...

Datum 14.11.2016

Ideen zur Reduzierung der Feinstaubkonzentration in Städten gibt es viele. Eine der neuesten: Bemooste Bänke, die die unliebsamen Partikel aus der Luft filtern sollen. Doch wie effektiv ist diese neue Form der Sitzgelegenheit?

Winterliche Hochdruckwetterlagen, wie sie auch derzeit über Mitteleuropa mit Hoch SIEGFRIED vorherrscht, führen nicht nur oft zu zähem und manchmal tagelangem Nebel, sondern auch zu erhöhten Feinstaubkonzentrationen in der Luft (der interessierte Leser sei an dieser Stelle auf den DWD-Lexikonbeitrag "Inversion" verwiesen).



Insbesondere in Städten, dessen topografische Lage einem Kessel gleicht (wie z.B. Stuttgart), zählt das Ausrufen des Feinstaub-Alarms im Winterhalbjahr beinahe zur Tagesordnung. Der Begriff "Feinstaub" bezeichnet dabei nicht solch wollknäuelähnlichen Staub, der beim jährlichen Frühjahrsputz hinterm Küchenschrank zum Vorschein kommt, sondern vielmehr feste und flüssige winzige Partikel (Aerosole), die nicht einmal ein Zehntel des Durchmessers eines Haares erreichen. Je nachdem, wie winzig sie sind, unterscheidet man sie in grobe Partikel (wobei das Wörtchen "grob" für Durchmesser von größer als 2,5 µm steht), feine Partikel (Durchmesser kleiner als 2,5 µm) und ultrafeine Partikel (kleiner als 0,1 µm). Meist werden unter "Feinstaub" alle Teilchen mit einem Durchmesser bis 10 µm verstanden.

Es gibt natürliche Quellen von Feinstaub, z.B. Meeresgischt, Waldbrände oder Vulkanausbrüche. Vor allem wird Feinstaub allerdings durch menschliches Handeln erzeugt: Beispielsweise durch Emissionen von Autos, Kraftwerken, Öfen und Heizungen. In Großstädten ist der Straßenverkehr eine wichtige Feinstaubquelle (Anteil in Stuttgart bspw. 45%). Der Feinstaub aus dem Verkehr entsteht überwiegend durch Brems- und Reifenabrieb sowie durch die Aufwirbelung des Staubes von der Straßenoberfläche und nachrangig durch den Auspuff aus konventionell betriebenen Verbrennungsmotoren.

So winzig klein diese Partikel sind, so groß und weitreichend ist doch ihre Wirkung: Über die Lunge dringen sie in den menschlichen Organismus ein und können neben Atemwegsproblemen auch Schädigungen des Herz-Kreislaufsystems verursachen. Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass die ultrafeinen Staubpartikel in die Blutzirkulation, das Herz, die Leber und andere Organe transportiert werden und sogar bis ins Gehirn vordringen können.



Im Wissen um diese schwerwiegenden Folgen des "feinen Staubs" sind Politiker, Stadtplaner und Co. bereits seit Jahren auf der Suche nach Lösungen zur Reduzierung der Feinstaubkonzentration. Die Ideen reichten dabei von der Umweltplakette über Carsharing und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs (an Feinstaubalarm-Tagen kann man in Stuttgart z.B. zum halben Preis Bus und Bahn fahren) bis hin zur Pflanzung von Bäumen und Sträuchern.

"Dagegen muss doch ein Kraut gewachsen sein" dachten sich bestimmt auch die vier Köpfe eines jungen Start-up-Unternehmens aus Dresden, die mit ihrer Idee einer Mooswand kürzlich sogar einen europäischen Gründerpreis gewannen. Nicht nur in einigen deutschen Städten, auch in Oslo, Paris und Hong Kong steht bereits ein sogenannter "City Tree", der eigentlich kein Baum ist, sondern eine Sitzbank mit einer grünen Wand, die drei mal vier Meter groß und mit Moos bepflanzt ist. Die feinen Verästelungen der Moose absorbieren Feinstaub wesentlich effektiver als Blattpflanzen. Ein City Tree absorbiert jährlich rund 100 Kilogramm CO2 und leistet dabei so viel wie 275 Bäume - mit messbarem Effekt: In einem Umkreis von bis zu 50 Metern kann die lokale Luftverschmutzung um bis zu 30 % reduziert werden!

Auch wenn die Idee dieser Mooswand zweifelsohne innovativ und wirkungsvoll ist - Moos nun als ultimatives Kraut gegen verschmutzte Luft anzusehen ist vielleicht etwas voreilig. Da bedarf es neben der grünen Pflanze wohl noch zusätzlicher Mittel, beispielsweise die andere, monetäre Form des "Mooses"...



© Deutscher Wetterdienst

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