12. September 2015 | Dipl.-Met. Christian Herold
Kommt der Altweibersommer?
Nach einem langen, trockenen und sehr warmen Sommer hat sich Anfang September eine kühle und leicht wechselhafte Witterungsphase eingestellt. Doch in den nächsten Tagen stellt sich die Wetterlage um. Nun stellt sich die Frage, ob der Altweibersommer kommt.
Spätsommerwetter am WochenendeDazu für Sie unser Foto zum Wochenende - heute morgen vom DWD-Kollegen Reno Schafranek vom Meteorologischen Observatorium Hohhenpeißenberg des DWD aus aufgenommen.
Posted by Deutscher Wetterdienst on Freitag, 11. September 2015
Als Altweibersommer bezeichnet man eine Wettersingularität, die im
Frühherbst auftritt. Eine Wettersingularität ist ein
Witterungsabschnitt, der zu einer bestimmten Zeit im Jahr mit einer
höheren Wahrscheinlichkeit auftritt. Bekannt als Wettersingularitäten
sind neben dem Altweibersommer unter anderem der Spätsommer, das
Weihnachtstauwetter, die Schafskälte, die Eisheiligen sowie die
Hundstage.
Die Witterung während des Altweibersommers ist geprägt von milden,
sonnigen und trockenen Tagen. In den Nächten kühlt es jedoch durch
die im September schnell kürzer werdenden Tage schon deutlich aus. In
den Morgenstunden bildet sich oft Nebel oder Tau, woher auch der Name
"Altweibersommer" kommt. Er leitet sich von Spinnenweben ab, mit
deren Hilfe die Baldachinspinnen im Herbst durch die Luft segeln. Das
Wort "Weiben" bezeichnete im Althochdeutschen das Weben von
Spinnennetzen. Diese Spinnennetze werden im Morgentau in den
Altweibersommertagen besonders gut sichtbar. Ursache für diese
Schönwetterperiode im Frühherbst ist ein kräftiges Hoch über
Mitteleuropa. Dieses bleibt eingekeilt zwischen einem Atlantiktief
und einem Tief über Osteuropa meist mehrere Tage stationär liegen. Es
blockiert die atlantischen Tiefdruckgebiete, die sonst meist von West
nach Ost vom Atlantik über Großbritannien bis Skandinavien ziehen,
und mit ihren Frontensystemen für wechselhaftes Wetter sorgen würden.
So eine Altweibersommerwetterlage tritt mit über 70 %iger
Wahrscheinlichkeit vom 20. September bis etwa Anfang Oktober auf.
Doch wird es auch dieses Jahr mit dem Altweibersommer klappen?
Zurzeit liegt das Hochdruckgebiet nicht wie bei einer typischen
Altweibersommerlage üblich über Mitteleuropa, sondern mit seinem
Zentrum über Finnland und zieht Richtung Nordosteuropa. Gleichzeitig
greifen zunehmend Tiefdruckgebiete auf Westeuropa über. Deutschland
gelangt zwischen diesen Druckgebilden in eine südliche Strömung.
Dabei wird der Zufluss der polaren Kaltluft, die in der vergangenen
Woche für recht verhaltene Temperaturen gesorgt hat, gekappt. Diese
wird wieder durch subtropische Luftmassen ersetzt, die gegen Mitte
der Woche erneut für einen massiven Warmluftvorstoß sorgt. Dabei muss
besonders im Osten und Süden abgesehen von einer kurzen Unterbrechung
am Dienstag, verbreitet mit sommerlichen Temperaturen gerechnet
werden. Ob dabei nochmals die 30-Grad-Marke geknackt wird, ist noch
unsicher. Typisches Altweibersommerwetter ist dies dennoch nicht,
denn es greifen immer wieder Tiefausläufer auf Deutschland über, die
besonders dem Westen zeitweise Regen bringen. Im Osten bleibt es
meist noch sonnig. Des Weiteren ist diese Wetterlage nicht sonderlich
stabil. Denn gegen Ende der Woche deutet sich schon wieder ein
Abkühlungstrend an. Das sommerliche Wetter ist demnach zu kurz um es
als eigenständige Witterungsphase zu bezeichnen. Ob sich dann ein
stabileres Altweibersommerhoch gegen Ende September bei uns
festsetzt, kann derzeit noch nicht vorhergesagt werden.
© Deutscher Wetterdienst
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