Facebook Twitter
Drucken
10. September 2015 | Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Wie ein großer Fön: Der Föhn

Wie ein großer Fön: Der Föhn

Datum 10.09.2015

Die klassische Theorie über den Föhn dürfte vielen noch aus der Schulzeit bekannt sein. Dass diese aber nicht die einzig wahre Theorie ist, sondern es noch einige andere gibt, dürfte nur den wenigsten bekannt sein.

Sicherlich haben Sie schon einmal von dem Wetterphänomen "Föhn" und seiner Entstehung gehört. Es wird in zahllosen Lehrbüchern behandelt und läuft einem oftmals schon in der Schulzeit über den Weg. Aber wie dem auch sei, eins sei schon einmal vorweg verraten: Der Föhn ist wissenschaftlich tatsächlich noch nicht hundertprozentig verstanden worden, sondern es gibt zu seiner Entstehung verschiedene Theorien. Wenn früher im deutschsprachigen Raum von Föhn die Rede war, war ein warmer, trockener Fallwind auf der Alpennordseite gemeint, der dort zum einen für stark böigen Wind bis hin zur Sturmstärke und zum anderen besonders im Winterhalbjahr zu für die Jahreszeit überdurchschnittlichen Temperaturen führt. Gegenwärtig beschränkt man sich beim "Föhn" aber nicht mehr nur auf die nördliche Alpenregion, sondern bezeichnet damit generell einen beim Überströmen von Gebirgen auftretenden trocken-warmen Fallwind.


Zum Vergrößern bitte klicken
Zum Vergrößern bitte klicken


Bei der altbekannten klassischen Föhn-Theorie handelt es sich immer um Wetterlagen, bei denen Luft mehr oder weniger senkrecht auf ein Gebirge zufließt. Um dieses Hindernis zu passieren, muss sie entweder außen vorbei oder - wie in den meisten Fällen -darüber hinweg strömen. Nehmen wir an, die Luft hätte am Fuße des Berges in 500 m Höhe über dem Meeresspiegel (ü.NN) eine Temperatur von 15 Grad. Sie muss nun gezwungenermaßen aufsteigen und kühlt dabei um knapp 1 K pro 100 m Aufstieg ab (Temperaturunterschiede werden per definitionem in Kelvin (K) und nicht in Grad Celsius angegeben). Irgendwann hat sich die Luft soweit abgekühlt, dass sie den in ihr vorhandenen Wasserdampf nicht mehr halten kann und kondensiert, es bilden sich also Wolken. Das soll in unserem Beispiel nach einem Aufstieg von 1000 m (also in 1500 m Höhe ü.NN) der Fall sein. Die Luft hat sich also um 10 K von 15 auf 5 Grad abgekühlt.

Bei der Kondensation - also bei der Wolkenbildung - wird Wärme freigesetzt, die an die Umgebung abgegeben wird. In der Folge kühlt die Luft nun nur noch um etwa 0,65 K pro 100 m ab. Die Luft steigt weiter auf, die Wolken werden mächtiger und es kommt zum Teil zu ergiebigen Regen- oder Schneefällen. Man spricht dabei auch von sogenannten Stauniederschlägen. Nach weiteren 1000 m Aufstieg (also in 2500 m Höhe ü.NN) soll die Luft nun den Berggipfel erreicht und sich ausgeregnet haben. Bis dahin hat sie sich um weitere 6,5 K von 5 auf -1,5 Grad abgekühlt.

Die Luft strömt nun über den Gipfel und fällt unter stetiger Erwärmung wieder bergab. Da wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann als kältere, verdunsten die Wolkentröpfchen und es kommt zur Wolkenauflösung. Beim weiteren Absinken der nun immer trockener werdender Luft steigt die Lufttemperatur nun wieder um knapp 1 K pro 100 m an. Lassen wir die Luft auf 500 m Höhe ü.NN im Tal ankommen, nimmt die Temperatur der Luft um 20 Grad von -1,5 auf 18,5 Grad zu und ist damit um 3,5 Grad wärmer als kurz vor ihrem Aufstieg auf der anderen Bergseite. Durch die nun ungehinderte Sonneneinstrahlung wird es auf der Leeseite des Gebirges entsprechend der Jahreszeit natürlich noch wärmer. Unter http://www.dwd.de/lexikon finden Sie unter "Foehn" eine Grafik, die die klassische Föhntheorie mit anderen Beispielswerten anschaulich darstellt.

Es gibt nun allerdings Statistiken, die zeigen, dass beispielsweise in Innsbruck mindestens 50 % der dort untersuchten Föhnfälle ohne Niederschläge einhergingen, zu einem geringen Teil kam es sogar nicht einmal zur Wolkenbildung. Da das der klassischen Föhntheorie widerspricht, wurden neue Theorien entwickelt. Eine davon ist die sogenannte hydraulische Föhn-Theorie. Dabei geht man davon aus, dass die Luft, die auf ein Gebirge trifft, geblockt wird und im Luv (also auf der windzugewandten Seite des Gebirges) weitgehend liegen bleibt. Die im bzw. oberhalb des Bergkammniveaus heranströmende Luft fällt dagegen nach Überquerung des Gebirgskamms schließlich unter Erwärmung ins Tal ab. Das kann man sich vorstellen wie in einem randvollen Stausee, bei dem nur die oberste Wasserschicht über die Staumauer in die Tiefe schwappt. Wissenschaftlich detaillierte Informationen zu dieser und weiteren Föhn-Theorien finden Sie ebenfalls unter "Foehn" auf http://www.dwd.de/lexikon mit Klick auf "Weitere Informationen".

Wie weitreichend der Föhn sein kann, zeigte sich in den letzten Tagen in eindrucksvoller Weise an den südskandinavischen Gebirgen. Zwischen einem kräftigen Hoch über den Britischen Inseln und einem Tief über Nordwestrussland stellte sich eine nord-nordwestliche Strömung ein, die im Lee (auf der windabgewandten Gebirgsseite) zu großräumigen Föhneffekten führte. Wie Sie in der beigefügten Satellitenaufnahme vom vergangenen Montag sehen können, sorgte der Föhn von Südnorwegen bis in den Norden Thüringens für wenn überhaupt nur wenige Wolken am Himmel.

Zum Abschluss noch ein kleiner Tipp: Falls Sie Schwierigkeiten haben sollten, sich zu merken, welchen Fö(h)n man nun mit "h" schreibt und welchen ohne, könnte Ihnen eventuell folgende Eselsbrücke weiterhelfen: Der (Haar-)Fön braucht das "h(aar)" nicht im Namen, sondern auf dem Kopf.



© Deutscher Wetterdienst