17. Juli 2015 | Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Rendezvous mit Pluto
"Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten" - diesen Merkspruch zur Abfolge der Planeten in unserem Sonnensystem haben viele von uns in der Schule gelernt, wobei die Anfangsbuchstaben der Wörter für die ersten Buchstaben der Planeten standen: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto.
2006 wurde Pluto allerdings der Planetenstatus aberkannt und von
Wissenschaftlern zum sogenannten Zwergplaneten degradiert. Während
die nunmehr noch acht Planeten allesamt schon von Raumsonden besucht
wurden und dadurch interessante Erkenntnisse über deren Aufbau und
Eigenschaften bekannt sind, war Pluto bisher relativ unerforscht und
bekam am vergangenen Dienstag zum ersten Mal Besuch von der Erde.
Nur zur Erinnerung, wie weit #Pluto von uns entfernt liegt: #PlutoFlyby #NewHorizons #NASA pic.twitter.com/KAHLRn6tGx
— BILD (@BILD) 15. Juli 2015
"New Horizons" heißt die US-Sonde, die sich im Januar 2006 (als Pluto
noch offiziell ein Planet war) auf ihren langen Weg ins Weltall
begab. Mit einer Pünktlichkeit von 99,9 % erreichte die kleine
Raumsonde nach fast fünf Milliarden Kilometern und einer gut
neunjährigen Reise zur berechneten Stunde ihr Ziel - und raste mit
über 16 Kilometern pro Sekunde am Dienstag an Pluto vorbei. Die
Entfernung betrug dabei nur 12.000 Kilometer, was für unsereins
vielleicht wahnsinnig weit klingt, in den Maßstäben des Weltalls aber
eher ein Katzensprung darstellt: Neue und wichtige Informationen über
Pluto und seine fünf Monde können nun durch hochaufgelöste Bilder
gewonnen werden (siehe dazu die Fotogalerie auf
http://www.nasa.gov/mission_pages/newhorizons/images/index.html).
Astrophysiker und Astronomen waren diese Woche wegen der wahrhaftig
"galaktischen" Mission in großer Aufregung, auch weil das Eindringen
der Raumsonde in das unbekannte Pluto-System als nicht ganz
ungefährlich galt. Ein möglicher Zusammenstoß mit kleinen
Materieteilchen hätte große Schäden an "New Horizons" anrichten
können. Umso größer war dann die Erleichterung, als das Raumschiff
Mittwochfrüh per Signal einen erfolgreichen Vorbeiflug an Pluto
bestätigt hat.
"New Horizons" ist mit sieben wissenschaftlichen Bordinstrumenten
bestückt, die Details von der Oberfläche und der Atmosphäre von Pluto
enthüllen sollen. Diese Geräte werden nicht über Solarenergie
angetrieben, wie die meisten anderen Raumsonden, da die
Sonnenstrahlung in diesen entlegenen Ecken unserer Galaxie nicht
mehr ausreicht - stattdessen ist die eine halbe Tonne schwere und wie
ein Konzertflügel große Sonde mit einer Atombatterie ausgestattet.
Die beim radioaktiven Zerfall von 11 kg Plutonium freiwerdende Wärme
wird genutzt, um Strom zu gewinnen. Gewichtseinsparung hin oder her
haben es sich die Forscher nicht nehmen lassen, auch etwas Asche des
Pluto-Entdeckers Clyde Tombaugh mit ins All zu schicken.
#NewHorizons telefoniert nach Hause. @NASA-Sonde bestätigt #PlutoFlyby video http://t.co/fCt88q1eln #video pic.twitter.com/nU7RQqI0jU
— MDR aktuell (@MDRaktuell) 15. Juli 2015
Schon jetzt konnte eine Reihe neuer Erkenntnisse gewonnen werden: So
ist Pluto mit einem Durchmesser von 2370 Kilometern etwas größer als
bisher angenommen. Seine Atmosphäre, die aus Stickstoff, Methan und
Kohlenmonoxid besteht, ist wahrscheinlich noch dünner als gedacht.
Trotz dieser stickstoffhaltigen Atmosphäre, so ähnlich wie sie auch
die Erde besitzt, gibt es große Unterschiede zu unserem Lebensraum:
Beispielsweise fällt dort sehr wahrscheinlich zwar auch Schnee,
allerdings sind das dann keine Schneekristalle, sondern
Kohlenwasserstoffkristalle.
Die Zusammensetzung des Zwergplaneten wird auf 70 % Felsen und 30 %
Wassereis geschätzt, wobei vielleicht noch mehr Eis existiert, als
zunächst gedacht. Die hochaufgelösten Fotos zeigen unter anderem bis
zu 3500 Meter hohe, eisige Berge. Eine Frage interessiert die
Wissenschaftler ganz besonders: Gibt es unterhalb der -230 °C kalten
Oberfläche flüssiges Wasser, wenn nicht sogar einen Ozean?
Bevor diese und viele weitere Fragen beantwortet werden können, heißt
es jetzt für die Wissenschaftler aber erstmal abwarten, denn die
Daten der Raumsonde werden nur mit 600 Bit pro Sekunden übertragen,
ein Bruchteil einer langsamen Handyverbindung. Dadurch laufen die
Informationen in den kommenden 16 Monaten erst nach und nach ein.
Allein die Tatsache, dass die Signale fast fünf Stunden brauchen, um
mit Lichtgeschwindigkeit zu uns zu gelangen, macht deutlich, welch
unfassbare Weiten unser Sonnensystem hat. Was dort noch alles
verborgen ist, steht wohl sprichwörtlich in den Sternen...
© Deutscher Wetterdienst
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