01. Januar 2015 |
Weinbau in Norwegen, Skilifte in Griechenland?*
Werfen wir mal einen Blick auf die Höchsttemperaturen Europas im zu Ende gegangenen Jahr 2014. In Norwegen stiegen auch im Landesinneren verbreitet die Höchstwerte auf 5 bis 10 Grad; in Südosteuropa gab es an der Mittelmeerküste Eistage.
Das ist auf dem ersten Blick schon verwunderlich, lässt sich aber
leicht erklären.
Die Wärme auf der Erde entsteht fast vollständig durch die
Energieeinstrahlung von der Sonne. Die Atmosphäre verringert die am
Boden ankommende Energiemenge. Daher gelangt bei steil stehender
Sonne mehr Energie bis zum Boden als bei flach stehender Sonne.
Damit wird die mittlere Energie, die den Boden erreicht auf der
Nordhalbkugel, über die wir auch im Folgenden sprechen werden, nach
Norden zu immer geringer.
Die Erde gibt aber auch Wärme an den Weltraum ab. Das merken Sie
besonders in klaren Nächten, wenn keine Wolken die Energieabgabe des
Erdbodens unterbinden.
In der polaren Winternacht erhält die Region nördlich des
Polarkreises zeitweise keine Sonnenwärme und gibt nur Wärme an das
Weltall ab.
Es müsste also am Äquator immer wärmer und am Pol immer kälter
werden.
Allerdings zeigen die Extreme zwischen +56,7 Grad in Kalifornien und
-89,2 Grad in der Antarktis, dass die Temperaturen nicht beliebig
steigen oder gar bis zum Nullpunkt bei -273 Grad Celsius fallen.
Wie fast alles in der Natur versucht auch die Atmosphäre Unterschiede
auszugleichen. Diesen Vorgang kennen wir als Wind, der entsteht, wenn
Luftmassen aufgrund der Temperaturunterschiede in Bewegung gesetzt
werden.
Dabei wird warme Luft aus dem Süden nach Norden transportiert und zum
Ausgleich kalte Luft von Nord nach Süd.
Das für die Jahreszeit sehr milde Wetter in Norwegen entsteht also
durch die Ausgleichsströmung von Süd nach Nord, das deutlich kühlere
Wetter in Südosteuropa wird durch die Ausgleichsströmung von Nord
nach Süd verursacht.
Normalerweise ändert sich die geografische Lage der
Ausgleichsströmungen ständig, sodass alle Gegenden mal in den Genuss
der Strömung aus südlichen, mal in die Strömung aus nördlichen
Richtungen kommen. Das spiegelt sich in den Vorhersagetexten in den
Formulierungen
"Für die Jahreszeit zu warm/zu kalt." wieder.
Verändert sich die Ausgleichsströmung der Ende 2014 aktuellen
Wetterlage in 2015 nur wenig, so würde man in Skandinavien über die
Klimaerwärmung und gleichzeitig(!) in Griechenland über die kommende
Eiszeit spekulieren und sich über den Anbau von Riesling in
Skandinavien bzw. von Skiliften in Griechenland Gedanken machen. Wir
sehen also, von lokalen Extremen kann man nicht auf die gesamte
Erdkugel schließen.
Und genau so ist es mit dem wärmsten Jahr in Deutschland seit Beginn
der Wetteraufzeichnung. Wir lagen 2014 ungewöhnlich häufig im Bereich
der Ausgleichsströmung von Süd nach Nord und haben dadurch den Rekord
erreicht. In anderen Gegenden muss die Luft zum Ausgleich
ungewöhnlich oft von Nord nach Süd geströmt sein und dort war es dann
zu kalt.
Wir sehen also:
Nur wenn 2014 nicht nur in Deutschland, sondern weltweit ein weiteres
Jahr mit zu hohen Temperaturen aufgetreten wäre, liegt ein weiteres
Teil des Klimapuzzles zum Thema "Globale Erwärmung" vor.
Wir wünschen Ihnen aus Offenbach ein gesundes 2015 und viele richtige
Wetterprognosen.
Dipl.-Met. Christoph Hartmann
© Deutscher Wetterdienst
Bild: Wikicommons
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