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17. September 2014 | Dipl.-Met. Helge Tuschy

Wenn der Sommer sich verabschiedet - der Altweibersommer

Nach den wechselhaften Tagen, ja teils sogar Wochen besteht bei Groß und Klein die Hoffnung auf einen schönen Sommerausklang mit zahlreichen Sonnenstunden. Das Wort "stabil" konnte in diesem Sommer bisher kaum mit dem Wort "Hochdrucklage" in Verbindung gebracht werden.

Besonders im Süden Deutschlands bildeten sich in der Nacht gebietsweise dichte Nebelfelder. Der Nebel oder Hochnebel wird sich zwar allmählich auflösen, das könnte in einigen Regionen aber noch bis zur Mittagszeit dauern.
Besonders im Süden Deutschlands bildeten sich in der Nacht gebietsweise dichte Nebelfelder. Der Nebel oder Hochnebel wird sich zwar allmählich auflösen, das könnte in einigen Regionen aber noch bis zur Mittagszeit dauern.


Dabei gibt es sie ja, die schönen Sommerabschiede. Einige Spätsommer sind noch gut in Erinnerung geblieben, als man einen Spaziergang in der noch wärmenden Sonne, ohne Jacke und vor einem sich von Tag zu Tag immer bunter verfärbenden Wald machen konnte. Oder wo man ein letztes Mal in Ruhe seine Zeit im Garten verbringen konnte, um notwendige Vorkehrungen vor dem nahenden Winter zu treffen.

Doch was bedeutet der Begriff "Altweibersommer" eigentlich?

"Altweibersommer" beschreibt eine sogenannte meteorologische
Singularität, also eine Wetterlage, die im Verlauf des Jahres mit
einer hohen Wahrscheinlichkeit auftritt. Wiederholt sorgt ab Mitte
September bis in die ersten Oktobertage hinein ein kräftiges
Hochdruckgebiet für einige schöne, warme und trockene Tage.

Aber
woher stammt denn dieser Name?


Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde das Jahr noch schlicht in ein
Winter- und Sommerhalbjahr unterteilt. Während der Beginn des Sommers
(der Frühling) das "Junge und Frische" widerspiegelte, wurde das Ende
(der Herbst) mit dem "Vergänglichen und Alten" in Verbindung
gebracht. Um den Begriff "Weiber" zu verstehen, muss man über
(Zwerg-)Spinnen sprechen. Diese machen sich den Wind zu Nutzen, um
sich mithilfe ihrer Spinnfäden im Luftstrom weitertreiben zu lassen.
Wie bereits die letzten Nächte zeigten, kühlt es im September und
Oktober häufig schon so weit ab, dass es teils dichten Nebel geben
kann. Kleine Nebel- oder Tautröpfchen, die sich an solchen Spinnfäden
absetzen, lassen diese in der Sonne glitzernd erstrahlen. Da der
althochdeutsche Ausdruck von Knüpfen der Spinnweben "Weiben" war,
liegt die Namensgebung auf der Hand. Viel Sonne lässt früh morgens
die Felder mit ihren von Nebelnässe bedeckten Spinnfäden glitzernd
erstrahlen, am Tage wird es (sommerlich) warm und da solch eine
Wetterlage häufig während der Monate September und Oktober auftrat,
wurde der Ausdruck "Altweibersommer" geprägt.


Beispielsweise im September 2011 sorgte ein Hoch über Mitteleuropa in
Deutschland in der letzten Septemberwoche und während der ersten
Oktobertage für eine ruhige Wetterlage mit sommerlichen Temperaturen
von 23 bis teils sogar über 27 Grad Celsius. Das Hochdruckgebiet mit
Zentrum über Deutschland besaß einen sehr warmen Kern (hohe
Temperaturen in 4 bis 6 km über Grund), was ein Zeichen für
beständige und kräftige Hochdruckgebiete ist. Es erstreckte sich
zeitweise von Frankreich bis zur Ukraine. Durch die antizyklonale (im
Uhrzeigersinn) Drehrichtung und einen Trog vor der Westküste
Großbritanniens wurde sehr warme Luft aus dem Mittelmeerraum nach
Deutschland geführt. Zudem bewirkte das Hoch noch etwas anderes: Es
hielt zahlreiche Tiefdruckgebiete in Schach, die statt über
Zentraleuropa nun nördlich von Skandinavien nach Osten vorüberzogen.
Während somit der Norden Europas unter unbeständigem Wetter litt,
genossen wir in Deutschland das Sommerwetter von seiner besten Seite.
Letztendlich wurde die Vormachtstellung des Hochs von einem von
Norden kommenden Trog durchbrochen, das dem bis dahin
sonnenverwöhnten Deutschland wieder wechselhaftes Wetter bescherte.

Oder aber der September 2009. Erneut sorgte ein Hoch am Monatsende
über Deutschland für warmes und trockenes Wetter mit Temperaturen,
die zeitweise die 25-Grad-Sommermarke erreichten. Dieses Mal
erstreckt sich der Kern des Hochdruckgebietes wie ein "langer
Schlauch" vom Ostatlantik bis zu den Britischen Inseln und verlagerte
sich in der Folge nur langsam nach Osten. Beide Fälle zeigen, dass
der Altweibersommer auf unterschiedlichen Wegen zu uns gebracht
werden kann. Sei es durch ein kräftiges Hochdruckgebiet mit seinem
Zentrum direkt über Deutschland oder im Zuge einer lang gezogenen
Hochdruckbrücke, die sich vom Atlantik bis nach Russland erstreckt.

Doch wie stehen nun heuer die Chancen, dass ein lang anhaltender
Spätsommer ins Land zieht?


Unsere momentane Wetterlage ähnelt zwar derjenigen aus dem Jahr 2011
mit tiefem Luftdruck über dem Ostatlantik und höherem Druck über
Mitteleuropa. Doch leider ist der Schwerpunkt des Hochs bereits seit
geraumer Zeit über Skandinavien zu finden und die erwartete
Ostverlagerung des Hochs nach Russland macht die Aussichten für
"ganz" Deutschland hinsichtlich einer stabilen Hochdrucklage auch
nicht besser. Das Wort "ganz" sei hier bewusst hervorgehoben, denn
der Norden wird nahe genug am Skandinavienhoch liegen, um für einige
Tage Wärme und viel Sonnenschein zu erhalten. Im Verlauf des
Donnerstags nimmt zwar von Südwesten die Feuchte und somit die
Schauer- und Gewitterneigung zu, doch diese breitet sich nur sehr
zögernd nach Norden aus. Temperaturen um 22 Grad und viel
Sonnenschein würden dort dem Altweibersommer alle Ehre machen. Anders
sieht es in der Mitte und im Süden aus, wo schwül-warme Luft
wiederholt für Schauer und Gewitter sorgen wird.
Doch die Hoffnung sollte nicht aufgegeben werden. Es folgen noch
einige Wochen, wo sich für ganz Deutschland eine beständige
Hochdrucklage aufbauen könnte ... man darf die Hoffnung nur nicht
aufgeben!


Christoph Sauter
Student am Meteorologischen Institut
Universität Hamburg


© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD

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